Die große Liebe kann man nicht erzwingen. Allerdings nimmt es die Partnerbörse Parship damit laut den viel verbreiteten Vorwürfen nicht so genau, denn schon lange werden die Geschäftspraktiken öffentlich kritisiert. Einmal ist es die unlautere Zahlungsmoral nach einem Widerruf der Kunden. Dann ist es die Werbung mit der größten Partnervermittlung Deutschlands.

Kündigungsmodalitäten von Parship in der Kritik

Parship bietet seinen Kunden während der Vertragslaufzeit den Zugriff auf eine Online-Datenbank, über die ein gemeinsames Kennenlernen ermöglicht wird. Dieses Angebot ist eine Dienstleistung, die im Falle von Parship über ein Abomodell läuft, wobei die Basis-Mitgliedschaft kostenfrei ist. Der Kunde hat jederzeit das Recht, den Vertrag über die kostenlose Basis-Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung zu kündigen. 

Bei der kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaft mit erweiterten Features handelt es sich jedoch um einen laufzeitabhängigen Vertrag, der eine Erstlaufzeit und eine automatisch verlängerte Folgezeit aufweist. Bei der Premium-Version ist eine fristlose Kündigung laut den AGB nicht möglich, sondern es muss regulär zum Ende der Mindestvertragslaufzeit gekündigt werden. Bei der Frist wird es aus unserer Sicht schon etwas schwieriger für den Verbraucher, denn diese ergibt sich laut den AGB aus den „produktbezogenen Vertragsinhalten, die im Rahmen des Bestellvorganges” bestätigt werden. 

Hat der Kunde diese Mail gelöscht, wird es für ihn schwer, die Frist nachzuvollziehen und zu berechnen sowie die Kündigungsbestätigung durch Parship zu kontrollieren. Sowohl die Erstlaufzeit als auch die automatische Verlängerung entsprechen den derzeit geltenden Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, teilte uns Jana Bogatz, Senior PR Manager bei Parship, auf unsere gestrige Anfrage jedoch mit.

„Wir bewegen uns mit unseren Verträgen innerhalb des geltenden Rechts”

Die Verbraucherzentrale bemängelt jedoch aktuell, dass es eine große Anzahl von Meldungen über überhaupt nicht akzeptierte Kündigungen gab. Unter anderem deshalb sei bereits eine Musterfeststellungsklage gegen das Partnervermittlungsportal in Planung. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) will hierin feststellen lassen, dass die AGB-Klauseln zur Vertragsverlängerung von Parship unwirksam sind und dass Verbraucher jederzeit kündigen können. 

Parship kontert jedoch und teilte uns mit, dass laufzeitabhängige Verträge gängige Praxis seien, die auch bei Fitnessstudios, Stromanbietern oder Zeitungen mit vergleichbaren Vertragsmodalitäten angewendet werden. „Weshalb die Verbraucherzentrale fordert, dass sich Kunden jederzeit aus dem Vertragsverhältnis mit Parship lösen können müssen, ist deshalb für uns nicht nachvollziehbar. Nach eigenen Angaben bezieht sich die Verbraucherzentrale mit ihrer Forderung auf eine alte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1987”, so Jana Bogatz zu den Vorwürfen der Verbraucherzentrale weiter. Das Urteil, das sich noch auf die klassische Heiratsvermittlung bezieht, sei im Rahmen von digitalen Dienstleistungen nicht mehr anwendbar.

Die Verbraucherschützer hingegen argumentieren, dass eine „fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung“ gewährleistet sein muss. Wie die Verbraucherzentrale berichtet, soll Parship nun auch fristlose Kündigungen des Premium-Abos akzeptieren. Laut den Mutmaßungen reagiert Parship damit aber möglicherweise nur auf die drohende Musterfeststellungsklage des vzbv. Ob dies den Tatsachen entspricht, wurde von Parship nicht kommentiert.

Was ist eigentlich eine Musterfeststellungsklage? 

Sammelklagen gibt es in Deutschland anders als in anderen Ländern nicht in dieser Form. Hierzulande steht jedoch seit ein paar Jahren die Musterfeststellungsklage zur Verfügung, die insbesondere rechtzeitig zum Diesel-Skandal eingeführt wurde. Im Gegensatz zur Sammelklage klagt nur ein Verband oder Verein wie die Verbraucherzentrale und lässt vor Gericht eine bestimmte Frage klären. Die Feststellung (z. B. ob ein Schadensersatzanspruch besteht oder welches Kündigungsrecht besteht) kann somit einfacher für alle betroffenen Fälle herangezogen werden. Die betroffenen Parship-Kunden müssen jedoch trotzdem jeder für sich gegen Parship klagen.