Datenschutz, Arbeitsrecht, oder auch finanzielle Erwägungen haben Arbeitgeber bisher sehr skeptisch gegenüber dem Arbeiten im Homeoffice gemacht. Deshalb sah sich die Bundesregierung letztendlich mit der von Frühjahr bis Ende Juni 2021 gültigen Notbremse gezwungen, mehr Druck aufzubauen und hat erstmalig in der deutschen Rechtsgeschichte eine Art Homeoffice-Pflicht initiiert. Diese ist nun ausgelaufen. Fragt sich nur, ob sich diese Pflicht auch künftig weiter auswirken wird…
Temporäre Homeoffice-Pflicht
Der Arbeitgeber sollte seinen Beschäftigten aufgrund der Notbremse von Mitte April bis Ende Juni 2021 inzidenz-unabhängig im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anbieten, dass diese in der Wohnung des Arbeitnehmers ausgeführt werden sollen. Ob die in der Notbremse verankerte Homeoffice-Pflicht nun eine echte Pflicht war oder nicht, darüber kann wie immer diskutiert werden, denn die Regelungen boten genügend Anlass für Widersprüche und Unklarheiten. Ohnehin ist damit aber Schluss, denn die Notbremse wurde nicht verlängert.
Anders als die Arbeitsschutzverordnung, die beispielsweise weiterhin eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz vorsieht, gibt es für die Homeoffice-Pflicht keine Folgeregelung. Viele Arbeitnehmer haben sich jedoch zu Hause gut eingerichtet und sind immer noch wegen einer Ansteckungsgefahr verunsichert. Auch Arbeitgeber haben sich vielleicht schon umgestellt und Räumlichkeiten für ein flexibles Büro-Konzept geplant. Dürfen sie nun zurück, müssen sie zurück, und wer hat Recht?
Alter Arbeitsvertrag wird wieder wirksam
Die meisten Arbeitgeber haben wohl nichts unternommen und ihre Mitarbeiter nur formlos, und mehr oder weniger chaotisch, ins Homeoffice beordert. Eine Anpassung des Arbeitsvertrages gab es vielmals nicht, und dies war auch keine Pflicht. Für solche Konstellationen bedeutet das Ende der Notbremse und das Ende der Homeoffice-Pflicht daher zunächst: Alles auf Anfang. Ab sofort gilt wieder der reguläre Arbeitsvertrag mit den dort gültigen Vereinbarungen, insbesondere dem festgelegten Tätigkeitsort.
Hier könnte man, streng genommen, den Arbeitnehmer wieder ins Büro zitieren, egal, ob diesem wegen dem immer noch drohenden Ansteckungsrisiko mulmig dabei ist. Dies wurde auch schon durch ein Gericht bestätigt: Die Weisung des Arbeitgebers gegenüber einem sich selbst als Risikopatienten bezeichnenden Arbeitnehmer, die Einarbeitung von zwei neuen Mitarbeitern vor Ort unter Einhaltung der Hygieneregeln im Betrieb vorzunehmen, sei auch in Zeiten der Corona-Pandemie zumutbar. Letztendlich steckte jedoch nur dahinter, dass der Angestellte eine Urlaubsreise nicht durch eine Ansteckung gefährden wollte. Die fristlose Kündigung war deshalb rechtmäßig (Arbeitsgericht Kiel, Entscheidung vom 11.3.2021, Aktenzeichen: 6 Ca 1912 c/20).
Haben Arbeitgeber vorgesorgt, und eine Anpassung des Arbeitsvertrages oder eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, richtet sich das weitere Prozedere nach den dortigen Regeln.
Angestellte haben Recht auf Rückkehr zum Arbeitsplatz
Auch umgekehrt könnte der Mitarbeiter nun auf seinen alten Arbeitsplatz bestehen. (Anmerkung: Das konnte er aber im Übrigen auch schon zu Zeiten der Notbremse, denn es dürfen und durften dem Homeoffice keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die häuslichen Verhältnisse der Beschäftigten, z.B. kein geeigneter Bildschirmarbeitsplatz, räumliche Enge, können und konnten beispielsweise einer Arbeit im Homeoffice entgegenstehen.)
Praktisch werden und sollten viele Betriebe jedoch ohnehin nicht sofort zum Urzustand zurückkehren, sondern das bisherige Arbeitskonzept auch im Hinblick auf eine ungewisse Zukunft ausarbeiten und zunächst in den Dialog mit den Mitarbeitern treten. Die Zahlen sprechen für sich, denn laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens EY, über die das Ärzteblatt berichtet, wollen die meisten Beschäftigten auch nach der Coronakrise im Homeoffice bleiben, zumindest teilweise. Je rund ein Drittel wollen weiterhin nur drei- bis viermal, beziehungsweise ein- bis zweimal pro Woche zur Arbeit ins Büro kommen. Ob man den Mitarbeiter angesichts dieser Zahlen mit einer Abmahnung wieder komplett an den Arbeitsplatz zurück zwingen möchte, ist daher Geschmackssache.
Was gibt es sonst noch zu beachten?
Bisher waren die Mitarbeiter im Homeoffice schlechter gestellt. Der Gang zur Toilette war nicht von der Unfallversicherung abgedeckt. Auch das Bringen der Kinder zu Schule oder Kindergarten war nicht als Wege-Unfall versichert, wenn es danach zurück an den heimischen Arbeitsplatz ging. Eine gerade beschlossene und nun gültige Gesetzesänderung passt das jedoch an. Unter anderem heißt es: „Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.“
Ungeachtet dessen müssen Arbeitgeber weiterhin die Corona-Arbeitsschutzverordnung beachten.
Auch das Thema gesetzliches Homeoffice-Recht ist noch nicht vom Tisch. Arbeitgeber müssen also weiterhin Augen und Ohren offen halten. Bereits 2020 gab es erste Rufe, nach einem Corona-unabhängigen Recht, im mobilen oder Homeoffice zu arbeiten. Vergangene Woche brachte das die SPD erneut auf die Tagesordnung. Beschäftigte sollen bei einer Fünf-Tage-Woche mindestens 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten können, wenn es die Tätigkeit erlaubt, fordert die Partei-Vorsitzende Saskia Esken.
Kommentar schreiben