Das Urheberrecht in Deutschland besteht zeitlich nicht unbegrenzt. Wann genau das Urheberrecht erlischt, kann im Einzelfall recht kompliziert zu ermitteln sein, so beispielsweise bei audiovisuellen Werken, an denen eine Vielzahl von Personen mitgewirkt haben, oder bei Werken von anonymen Urhebern. Im Grundsatz gilt jedoch, dass das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt. Harmonisierte Regelungen gibt es auch in anderen EU-Ländern.
Nackte Venus auf 600-Euro-Kleid
Offenbar vertrat man im Hause Jean Paul Gaultier eine andere Rechtsauffassung. Die Uffizien in Florenz, eine der berühmtesten Kunstsammlungen der Welt, gab laut Fashionunited bekannt, dass es das französische Modehaus Jean Paul Gaultier wegen unerlaubter Verwendung von Sandro Botticellis „Die Geburt der Venus“ verklagt.
Der französische Modedesigner hatte Teile des Gemäldes auf einigen Kleidungsstücken verwendet und Fotos davon auf seiner Website und in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Gaultier habe das Gemälde jedoch „ohne Erlaubnis“ verwendet und die Rechte nicht bezahlt. Das Museum soll Gaultier aufgefordert haben, die Artikel vom Markt zu nehmen oder eine finanzielle Vereinbarung zu treffen, dem er jedoch nicht nachgekommen sein soll.
Urheberrecht an Reproduktionsfotografien gemeinfreier Werke
Wie passt nun der Verlust des Urheberrechts nach dem Tod (Sandro Botticelli starb vor über 500 Jahren) mit der Klage zusammen? Solche alten Werke sind doch gemeinfrei, oder? Ohne die genaue rechtliche Argumentation der Galerie zu kennen, könnte jedoch zum einen das Hausrecht des Museums eine Rolle spielen. Einige Museen verbieten das Fotografieren in ihren Räumen gänzlich oder schränken es zumindest ein.
Zum anderen geht es gar nicht um die Verwendung des Gemäldes als solches, sondern um die Nutzung professioneller Aufnahmen davon, die die Abbildung des Kunstwerks in möglichst identischer, unveränderter Form bezwecken. Sie werden durch das Museum selbst angefertigt oder in Auftrag gegeben und sind nun ihrerseits geschützt. Diese Reproduktionen werden meist im Ausstellungskatalog oder für Kunstdrucke im Museumsshop verwendet und dürfen nicht ohne Zustimmung verwendet werden (vgl. das Grundsatzurteil des BGH, Urteil vom 20.12.2018, Az.: I ZR 104/17 – Museumsfotos).
Gemälde im Hintergrund kann Urheberrechte verletzen
Auch für die Produktfotografie hat das Urheberrecht von Kunstwerken Relevanz. Wird beispielsweise für die Fotografie von Möbelstücken neben den präsentierten Möbeln auch ein noch urheberrechtlich geschütztes Gemälde eines Künstlers zu Dekozwecken im Hintergrund platziert, könnte das zu Problemen führen.
In einem Grundsatzurteil machte der Bundesgerichtshof aber deutlich, wann ein Gemälde nur „unwesentliches Beiwerk“ sei und eine Urheberrechtsverletzung ausscheide (Urteil vom 17.11.2014, Az.: I ZR 177/13 - Möbelkatalog). Ein abgebildetes Gemälde sei im Verhältnis zum Hauptgegenstand (also hier dem Möbelstück) unwesentlich, wenn das Werk beliebig weggelassen oder ausgetauscht werden kann. Darüber hinaus ist ein Werk als unwesentliches Beiwerk anzusehen, wenn es keine inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand besitzt.
Eine Urheberrechtsverletzung wäre es jedoch, sobald das gezeigte Gemälde erkennbar stil- oder stimmungsbildend ist. Wo hier die klare Grenze sein soll, ist jedoch fraglich. Die Praxis hat jedoch aus unserer Erfahrung bislang (glücklicherweise) keine Probleme mit solchen Abmahnungen.
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