Amazon informiert Marktplatzhändler derzeit per E-Mail und im Amazon Seller Forum über die Aktualisierung seiner Lieferkettenstandards. Diese sind am 19. Januar 2023 in Kraft getreten und sollen auch für Verkaufspartner und Lieferanten gelten. Einige Händler haben sich daraufhin mit Verunsicherung in der Redaktion gemeldet: Müssen sie das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beachten, das zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist? Und wie ist es mit den Lieferkettenstandards selbst?
Wer muss sich ans Lieferkettensorgfaltsgesetz halten?
„Wir haben uns verpflichtet, unsere Geschäfte auf rechtmäßige und verantwortungsvolle Weise zu führen“ schreibt Amazon auf seiner Website zum Thema Nachhaltigkeit. Wie einer Info-E-Mail und einem Eintrag im Amazon Seller Forum zu entnehmen ist, hat der Marktplatzbetreiber seine Lieferkettenstandards aktualisiert, die Änderungen seien zum 19. Januar 2023 in Kraft getreten und sollen regelmäßig alle drei Jahre aktualisiert werden.
„Unsere Lieferkettenstandards gelten für alle Verkaufspartner und Lieferanten. Produkte, die in Amazon Stores verkauft werden, müssen diese Standards einhalten und so hergestellt werden, dass die Menschenrechte und die Umwelt respektiert werden und die grundlegende Würde der Arbeitnehmer geschützt wird“, heißt es in der Nachricht weiter, bevor eine kleine Zusammenfassung der Änderungen gegeben wird.
Bedeutet das nun, dass alle Online-Händler, die auf Amazon handeln, das neue Lieferkettengesetz einhalten müssen? Dieses wurde zum Jahresbeginn 2023 eingeführt und sieht verschiedene Sorgfaltspflichten, insbesondere in Hinblick auf die Einhaltung von Menschenrechten vor – die Umsetzung scheint so manch einem betroffenen Unternehmen allerdings noch schwer zu fallen. Fest steht hier aus gesetzlicher Perspektive, wer sich an das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz halten muss: Dieses spricht die größeren Unternehmen an, ab 3.000 Mitarbeitern. Kleine Händler laufen also zunächst nicht Gefahr, unter die teils anspruchsvollen Vorgaben der neuen gesetzlichen Regularien zu fallen.
Lieferkettenstandards von Amazon: Verkaufspartner sind mitgemeint
Und wie steht es mit den hauseigenen Lieferkettenstandards von Amazon? Die Nachricht, die Amazon sendet, ist eigentlich erstmal klar: Hier werden auch Verkaufspartner angesprochen. Was teilweise zu Verwirrungen führt, sind dann aber die Standards selbst. Die sprechen nämlich unter anderem von „Lieferanten“ und „von Amazon verkauften Produkten“ – was erstmal nach anderen Betroffenen riecht als nach Marktplatzhändlern. Die Aussagen des Marktplatzes scheinen also widersprüchlich, Verwirrung ist vorprogrammiert.
Wer sich allerdings schon einmal ausführlicher mit dem Wust an hauseigenen Vorschriften von Amazon auseinandergesetzt hat, der ist womöglich über ein wichtiges Detail gestolpert: Im Zweifel genießt nämlich in der Regel die englische Sprachfassung Vorrang vor den Fassungen in anderen Sprachen, so auch im Falle der Lieferkettenstandards. Und hier klingt die Sache etwas anders:
„We engage with Suppliers that are committed to these same principles. Amazon Supply Chain Standards (the “Standards”) apply to all suppliers of goods and services for Amazon and Amazon’s subsidiaries, including providers, vendors, selling partners, contractors, and subcontractors (“Suppliers”)“ – es tauchen hier „selling partners“ auf, frei übersetzt Verkaufspartner – also der Begriff, unter den Amazon auch Marktplatzhändler fasst. Weiter heißt es „All products sold in the Amazon Stores or products or services provided to Amazon must be manufactured, produced, or provided in accordance with these Standards and all applicable laws“ – hier ist demnach auch die Rede von Produkten, die in den Amazon Stores verkauft werden, nicht lediglich von Produkten, die durch Amazon verkauft werden.
Diese Aussagen scheinen besser zu dem zu passen, was Amazon in seiner Ankündigung schreibt, nämlich dass sich eben auch Verkaufspartner an die Lieferkettenstandards halten sollen. Auch Online-Händler, die auf Amazon handeln, müssen demnach beispielsweise, soweit gesetzlich verpflichtet, etwaige Dokumentationen anfertigen oder dürfen keine Produkte aus Sklaverei anbieten.
Im Fall der Fälle kann Amazon Nachweise verlangen
Und wie sieht das nun praktisch aus? Amazon gibt an, alle glaubhaften Behauptungen, dass Verkaufspartner gegen die Lieferkettenstandards verstoßen, zu prüfen. Hierzu würden etwa Behauptungen „von Regierungen, aus der Zivilgesellschaft, von anerkannten Ermittler:innen, Journalist:innen oder Menschenrechtsverteidiger:innen zählen“. Bestünde Grund zur Annahme, dass bestimmte Produkte den Anforderungen nicht gerecht werden würden, könne man Verkaufspartner zur Vorlage von Nachweisen auffordern, dass die hauseigenen Lieferkettenstandards erfüllt werden.
Dieses Prinzip kennt man bereits von anderen Anforderungen, die der Marktplatz an Marktplatzhändler und deren Produkte richtet, etwa im Bereich des Urheberrechts. Im Fall der Fälle könnte sich ein entsprechender Nachweis insbesondere für kleine und mittelständische Händler praktisch schwierig gestalten, etwa wenn es um ein Audit-Protokoll von Prüfungen der Arbeitsbedingungen in Fabriken geht.
Das 14-seitige Dokument zu den Standards in der Amazon-Lieferkette gibt es hier in deutscher Sprache sowie hier in englischer.
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Wenn ich so einen Schwachsinn lese, frage ich mich ob ich hier noch richtig aufgehoben bin.
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Hallo Last Eick,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Es handelt sich um Originalzitate von Amazon, die wir an dieser Stelle direkt wiedergeben. Grundsätzlich begrüßen wir eine möglichst diskriminierung sfreie Sprache. Wir freuen uns, wenn sich von unseren Inhalten möglichst alle gern angesprochen fühlen, deshalb arbeiten wir stets an der Optimierung unserer Sprachrichtlini en und begrüßen Feedback zum Thema. Es kann uns dabei unterstützen, einen sprachlichen Spagat zu finden.
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