In unserer neuen Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

In dieser Woche geht es um ein Detail aus dem Gewährleistungsrecht: Ein Kunde hat bei einem stationären Händler ein Fahrrad erworben. Schon kurz nach dem Kauf offenbarte sich ein Defekt, der auf einem Mangel beruhte. Daraufhin erklärte er direkt den Rücktritt, was der Verkäufer auch akzeptierte und das Geld zurückerstattete. Das Rad aber holte er nie ab. Als er nun, etwa zwei Jahre später erneut auf den Kunden zuging, um das Rad endlich abzuholen, sagte dieser, dass er das Rad bereits verkauft habe. Der Verkäufer findet das ganz schön dreist. Hat er damit Recht?

Grundsatz: Nach der Rückzahlung folgt die Rückgabe

Eigentlich ist das Recht zum Rücktritt ein nachrangiges Recht bei Gewährleistungsfällen, aber darum soll es nicht gehen, denn immerhin hat der Verkäufer den Rücktritt akzeptiert. Zur Abwicklung des Rücktritts sagt das Gesetz in § 346 BGB, dass die „empfangene Leistung“ zurückzugewähren ist. Verkaufende Unternehmen haben damit nicht nur das Recht, die Ware zurückzunehmen, sie haben sogar die Pflicht, sie abzuholen (abweichendes gilt für den Versandhandel). Allerdings gibt es für diese Rücknahme keine feste Frist. Dass bedeutet aber nicht, dass die Ware von der Kundschaft ewig gelagert werden muss, nein, die Kundschaft darf der Verkäuferschaft eine angemessene Frist setzen. Verstreicht diese, ohne das etwas passiert, kommt die Vertragspartei in den sogenannten Annahmeverzug.

Aber auch dieser Verzug bedeutet nicht, dass die Ware einfach veräußert werden darf, denn: Die Verkäuferschaft ist Eigentümer. Zwar gibt es den sogenannten Selbsthilfeverkauf, bei dem es sich um eine öffentliche Versteigerung handelt, dieser setzt aber voraus, dass die Versteigerung angedroht wurde. Allerdings steht der Kundschaft im Falle eines Annahmeverzugs ein Aufwendungsersatz zu. Damit ist ein Ersatz der Mehraufwendungen gemeint, die durch die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstandes gemacht werden mussten.

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Fazit: Kommunikation ist sehr wichtig

Was sagt das über den Fall aus? Nun: Der Käufer hätte dem Verkäufer in jedem Fall eine feste Frist zur Abholung der Ware setzen müssen. Einfach verkaufen – das geht natürlich nicht. Zwar wäre der Kunde nicht in der Pflicht gewesen, aber er hätte – sofern er die Möglichkeit dazu hat – das Fahrrad gegen die Kostenübernahme an den Händler liefern lassen können. Rein rechtlich gesehen könnte der Verkäufer den Klageweg beschreiten; strafrechtlich kommt hier sogar eine Unterschlagung in Betracht. 

Allerdings kann man hier auch sagen, dass es neben der rechtlichen Einschätzung auch eine ganz schöne Panne vom Händler war, die Abholung einfach zu vergessen. Ja, der Kunde hat sich dreist verhalten, aber vielleicht lässt sich das ganze einfach durch die Rückrück-Zahlung des Kaufpreises gütlich beenden.