Online-Plattformen wie Asos und Zalando machten immer wieder Schlagzeilen mit Ankündigungen, „dreiste“ Kundschaft aussperren zu wollen. Dabei ging und geht es oftmals um Personen, die häufig Retouren anmelden oder aber das Widerrufsrecht missbrauchen. In diesem Beitrag beleuchten wir aus Kundensicht, ob so ein Rauswurf überhaupt legal ist.
Vertragsfreiheit gegen Verbraucherschutz
Bei der Frage, ob Verbraucher:innen gesperrt werden dürfen, wenn sie zu viele Produkte retournieren, kollidiert die Vertragsfreiheit mit dem Verbraucherschutz.
Das Widerrufsrecht ist nämlich elementarer Bestandteil des Verbraucherschutzes. Es ist das gute Recht der Kundschaft, innerhalb der bestehenden Fristen den Widerruf zu erklären. Dabei darf die Ausübung dieses Rechts durch den Online-Shop nicht erschwert werden. Droht ein Shop nun damit, bei „zu vielen Retouren“ Konten zu sperren, könnte das die Kundschaft von der Ausübung des guten Rechts abhalten.
Auf der anderen Seite steht aber auch die Vertragsfreiheit der Unternehmen. Für diese sind Retouren ein Kostenfaktor, der berücksichtigt werden muss. Ist die Retourenquote bei manchen Personen ungewöhnlich hoch und kommt unterm Strich nicht viel Gewinn herum, haben die Unternehmen also ein wirtschaftliches Interesse, sich von dieser Person zu lösen. Allerdings müssen diese Shops bei der Androhung einer Sperre wegen zu vieler Retouren damit rechnen, dass sie möglicherweise abgemahnt werden, denn wie gesagt: So eine Ankündigung kann als verbraucherunfreundlich betrachtet werden und ist zwecks fehlender Rechtsprechung wohl im Graubereich angesiedelt.
Was aber weniger problematisch sein dürfte, ist eine Sperre wegen des Ausnutzens des Widerrufsrechts. Kommt es beispielsweise mehrfach vor, dass die Ware offensichtlich über die zulässige Beschaffenheitsprüfung hinaus benutzt wurde und erleidet der Online-Shop dadurch wirtschaftliche Nachteile, dürfte eine Sperre eher legal sein.
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Wie komme ich im Falle einer Sperre an mein Geld?
Ob legal oder nicht: In der Praxis kommt es nun einmal zu Sperren. Was ist jetzt aber, wenn ich gesperrt wurde, obwohl ich noch Produkte zurückgeben möchte oder der Retourenprozess nicht abgeschlossen ist? Hier gibt es gute Nachrichten: Auf die Rückzahlung des Kaufpreises brauchen von einer Sperre betroffene Personen nicht zu verzichten. Wird vor einer Sperre noch Ware gekauft, so gilt für diesen Kaufvertrag natürlich noch das Widerrufsrecht. Der Online-Shop darf den Widerruf oder die Rückzahlung nicht mit Verweis auf die Sperre ablehnen.
Darf ein Händler meine Retouren ablehnen?
Übrigens dürfen Retouren in eher wenigen, gesetzlich geregelten Fällen abgelehnt werden. So eine Ablehnung kommt beispielsweise dann in Frage, wenn ein Produkt nach Kundenwunsch gefertigt wurde und nicht an andere Interessenten verkauft werden kann (zum Beispiel: Kissenbezug mit Familienfoto, maßgeschneiderte Kleidung). Der Widerruf darf ebenfalls abgelehnt werden, wenn schnell verderbliche Ware, wie etwa Schnittblumen, verkauft wird.
Trifft keine der gesetzlichen Ausnahmen zu, müssen Retouren in aller Regel angenommen werden. Das gilt selbst dann, wenn die Kundschaft die Ware über die Beschaffenheitsprüfung hinaus verwendet hat. Hat die Kundschaft den Wanderschuh beispielsweise nicht nur anprobiert, sondern während eines 42-km-Marsches auch im Flussbett getragen, wird der Online-Shop die Schuhe nicht mehr als neuwertiges Produkt verkaufen können. Es kann sogar sein, dass das Produkt komplett unverkäuflich geworden ist. Selbst hier muss die Retoure akzeptiert werden. Allerdings kann der Online-Shop einen Wertersatz geltend machen. Ist das Produkt für die Tonne, dann kann dieser Wertersatz auch 100 Prozent vom Kaufpreis betragen.
Fazit: Sperren sind nicht eindeutig legal, aber üblich
Ob Sperren wegen zu vieler Retouren tatsächlich rechtens sind, ist fraglich. Die Rechtmäßigkeit ist insbesondere dann problematisch, wenn die Sperre nur mit der Ausübung des Widerrufsrechts begründet wird. Eine übermäßige Nutzung des Widerrufsrechts gibt es per Gesetz nicht. Viel mehr sind Unternehmen dazu angehalten, die Verwendung von Verbraucherrechten nicht zu erschweren. Allerdings kommen Sperren in der Praxis nun einmal vor. Kommt es zu einer Sperre, muss die betroffene Kundschaft aber nicht auf ihr Geld verzichten. Stehen noch berechtigte Retouren aus, dürfen diese noch abgewickelt werden. Weigern darf sich der Online-Shop jedenfalls nur in den wenigsten Fällen.
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