Dieses Mal machen wir einen Ausflug in die Veranstaltungsbranche: Eine Veranstaltung bestellt für ein Hoffest Bänke und Tische in einem Online-Shop. Die Lieferfrist ist mit fünf bis zehn Werktagen angegeben. Das passt ganz gut, denn bis zum Veranstaltungstermin sind noch vier Wochen Luft. Als nach 14 Tagen noch immer kein Versand erfolgt ist, hakt die Veranstalterin nach. Der Shopbetreiber entschuldigt sich und bittet um etwas Geduld. Als eine Woche vor Termin immer noch nichts da ist, storniert die Kundin die Bestellung und greift stattdessen auf einen anderen, teureren Anbieter zurück. Nun wendet sie sich an den Shop und verlangt Schadensersatz. Immerhin wurde die vereinbarte Frist nicht eingehalten und sie musste auf ein teureres Angebot zurückgreifen. Dreist oder berechtigt?
Grundsatz: Verzugsschaden gibt es nur bei Verzug
Was die Kundin hier versucht geltend zu machen, nennt man rechtlich Verzugsschaden: Eine Vertragspartei hält die vereinbarte Frist nicht ein und soll für diesen Vertragsbruch haften. Der Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens ist allerdings an Voraussetzungen geknüpft: Die wichtigste Voraussetzung ist wohl, dass sich die Schuldnerpartei überhaupt im Verzug befindet. Dies ist entweder der Fall, wenn die Partei durch eine Fristsetzung in Verzug gesetzt wurde oder wenn bereits bei Vertragsschluss eine nach dem Kalender bestimmte Zeit für die Leistung vereinbart wurde.
Mit dieser Lieferzeitvereinbarung ist allerdings gerade nicht die einfache Angabe einer Lieferfrist im Online-Shop gemeint. Oftmals handelt es sich dabei auch gar nicht um eine nach dem Kalender bestimmte Frist. Eine nach dem Kalender bestimmte Zeit liegt beispielsweise dann vor, wenn ein konkreter Termin (z. B.: 15.05.2023), ein bestimmter Monat (z. B. August 2023) oder eine feste Kalenderwoche (z. B.: 15. KW) angegeben wurde.
Fazit: Kein Anspruch auf Schadensersatz
Im Ergebnis kann sich der Händler hier also zurücklehnen: Es ist zwar nicht schön, dass er die angegebene Lieferzeit nicht einhalten konnte, da er sich aber nicht in Verzug befand, hat die Kundin keinen Anspruch auf Schadensersatz. Anders wäre es gewesen, wenn die Kundin den Händler vorab kontaktiert hätte und in einem individuellen Angebot einen festen Lieferzeitpunkt vereinbart hätte. Dazu ist aber nicht gekommen.
Nimmt man es ganz streng, so ist der Händler der Veranstalterin durch die Annahme der Stornierung sogar noch entgegengekommen. Für einen Rücktritt gab es nämlich auch keinen rechtlichen Grund, denn auch hier wäre eine vorherige Fristsetzung zur Leistungserbringung notwendig gewesen. Auf ein Widerrufsrecht hätte sie sich als Unternehmerin auch nicht berufen können.
Auch, wenn der Ärger der Kundin nachvollziehbar ist, ist ihre Forderung im Sinne dieses Formates dreist.
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Wenn man zudem betrachtet, wie gerade in der rechtlichen Bewertung von Formulierungen in Onlineangeboten oftmals z.B. von Abmahnern Wortklauberei betrieben wird, ist es schon verwunderlich, dass die Versandzeitanga be zwar verpflichtend ist, aber rechtlich mehr oder weniger folgenlos. Hauptsache, da steht irgendwas.
Ich kann also ruhig schreiben: "Lieferung in 2 Werktagen" - wann ich dann ausliefere, ist anscheinend egal - der Kunde ist zwar sicher verägrert, kann aber noch nicht mal stornieren, wenn er nicht den korrekten Rechtsweg aus Verzugsetzung mit Frist etc. beschreitet. Das mag in der Rechts-Theorie Sinn machen - im realen Leben ist es dennoch eher fragwürdig...
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