Das Interesse an Temu ist ungebrochen. Die einen kritisieren den Marktplatz heftig, die anderen freuen sich über günstige Schnäppchen. Die Palette des Feedbacks ist breit, allerdings schwebt über allem die Frage, ob das Einkaufen dort zu einhundert Prozent legal ist. Schauen wir uns das doch mal an.

Produktfälschungen kaufen – ist das strafbar?

Die erste Frage, die sich aufdrängt, ist die, ob man sich strafbar macht, wenn man gefälschte Markenprodukte kauft. Hier kann man als Privatperson aufatmen: Will man die Ware nicht weiterverkaufen, sondern einfach nur für sich verwenden, ist der Erwerb legal. Allerdings müssen Privatpersonen mit zusätzlichen Kosten rechnen: Es kann durchaus passieren, dass der Zoll die Ware einbehält und bei dem Verdacht, dass die Fälschung zu gewerblichen Zwecken bestellt wurde, sogar vernichtet. Dabei entstehen Kosten, wie etwa für die Einlagerung. Diese müssen dann die Käufer:innen tragen.

Zollgebühren nicht vergessen

Unabhängig ob gefälschte Ware oder nicht: Ab einem Warenwert von 150 Euro fallen Zollgebühren an. Laut Temu werden allerdings keine Bestellungen unterstützt, deren Wert 175 Euro überschreitet. Diese Kosten müssen ebenfalls von der Kundschaft getragen werden. Oftmals tricksen Unternehmen wie Temu und verschicken größere Bestellungen in mehreren Teilsendungen, die für sich genommen unter der Grenze liegen. Landen alle gleichzeitig beim Zoll, können dennoch Zollgebühren fällig werden. Temu teilte uns diesbezüglich allerdings mit, dass keine Pakete aufgeteilt werden würden, um „Zollkontrollen zu umgehen“. Weiter heißt es vom Unternehmen: „Die Aufteilung von Paketen ist in erster Linie auf logistische Überlegungen und die Beteiligung mehrerer Verkäufer zurückzuführen. Zum Beispiel können Artikel von verschiedenen Verkäufern getrennt werden, bestimmte Produkte, die nicht kombiniert werden sollten, werden getrennt gehalten, und um die Effizienz des Versands zu maximieren, können Produkte mit unterschiedlichen Lieferfristen über verschiedene Anbieter versendet werden.“

Damit die Kundschaft einfacher Gebühren einschätzen kann, kündigt das Unternehmen außerdem einen neuen Service an, der „an der Kasse eine Schätzung der Steuern, Zölle und Gebühren liefert“.

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Der Endverbraucher als Importeur

Der wichtigste Punkt ist der, dass beim Einkaufen auf Temu die Endverbraucher:innen zu Importeur:innen werden. Aber warum eigentlich? Was ist so anders, als beim Kauf über einen Dropshipper? 

Kurz erklärt: So funktioniert Dropshipping
Ein Kunde bestellt die von ihm gewünschte Ware im Online-Shop und bezahlt den Rechnungsbetrag an den Händler. Dieser versendet aber nicht selbst, sondern bestellt die benötigte Ware bei seinem Großhändler, der dann im Anschluss die Bestellung an den Kunden verschickt.

 

Beim Dropshipping ist das Unternehmen, bei dem ich bestelle, der Importeur. Das Unternehmen sorgt dafür, dass die Ware in die EU kommt und haftet auch entsprechend. Bestelle ich nun direkt in beispielsweise China, bin ich verantwortlich.

In der Regel ist das ziemlich unproblematisch, wenn ich die bestellte Ware nur für mich selbst verwende. Schwierig wird es, wenn ich beispielsweise den E-Scooter an meine Nachbarin verleihe und der Akku explodiert. Im Produkthaftungsgesetz steht dazu nämlich: „Als Hersteller gilt ferner, wer ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.“

Dabei muss man wissen: Es ist nicht notwendig, dass ich eine Gewinnerzielungsabsicht habe. Es genügt im Grunde genommen, wenn ich schon bei der Bestellung dabei denke, dass ich Gerät XY auch innerhalb der Familie oder Nachbarschaft verleihen kann. Entsprechend kann es tatsächlich sein, dass ich als Privatperson ziemlich schnell wie ein Hersteller hafte, wenn ich die erworbenen Produkte verleihe und dabei etwas passiert.

Vorsicht beim gewerblichen Import

Besondere Vorsicht muss dann gelten, wenn Produkte in größeren Mengen gekauft werden. Kauft man größere Mengen des gleichen Produktes, kann einem schnell ein gewerblicher Zweck unterstellt werden. Fehlende CE-Zeichen, Gebrauchsanweisungen in fremder Sprache, Überschreitung von Grenzwerten, verbotene Stoffe – für all das haftet man dann. Das Ganze wird natürlich dann erst recht kritisch, wenn die Ware zum Verkauf angeboten wird.

Bezüglich der Produktischerheit teilt uns Temu mit: „Temu hat strenge Überwachungs- und Qualitätskontrollsysteme eingerichtet, um die Einhaltung der Plattformregeln durch die Händler zu gewährleisten. Wir untersuchen auch proaktiv die Produkte von Verkäufern, die gegen die Regeln verstoßen, und entfernen sie, wenn sie uns angezeigt oder gemeldet werden.“

Fazit: Immer an die Haftung denken

Nun, mit einer einfachen Bestellung bei Temu landet man nicht vor einem Strafgericht. Dennoch sollte man gut abwägen, welche Produkte man zu welchem Zweck bestellt. Man darf auch nicht vergessen, dass die Abwicklung des Widerrufsrechts mit Temu nicht so einfach ist, wie mit Standard-Online-Shops in Deutschland. So können die Retourenkosten den eigentlichen Warenwert überschreiten.  Auch im Falle eines Mangels dürfte die Abwicklung mit Temu schwierig werden. 

Transparenzhinweis vom 4. Januar 2024: Ursprünglich enthielt dieser Artikel keine Statements von Temu. Diese wurden nachträglich ergänzt.