Im Versandhandel passiert es hin und wieder, dass eine Bestellung nicht vollständig oder gar nicht ankommt. Ob ein Fehler im Lager oder Probleme beim Versanddienstleister – die Gründe sind oft ganz unterschiedlich. Am Ende stellt sich allerdings die Frage: Wer muss beweisen, dass die Sendung nicht ankam? Und: Wie kann man bitte schön beweisen, dass etwas nicht eingetreten ist?

Das verlorene Paket: Eine Frage der Vertragserfüllung

Gehen wir zunächst vom folgenden Fall aus: Das Paket verlässt korrekt bepackt das Lager, wird an das Versandunternehmen übergeben, kommt aber laut Aussage der Kundschaft nie an. 

Bemängelt die Kundschaft, dass das Paket nicht angekommen ist, geht es rechtlich gesehen um die Frage, ob Händler:innen ihren Teil des Vertrags erfüllt haben. Ob der Vertrag erfüllt ist, hängt dabei entscheidend davon ab, ob es sich um ein B2B- oder B2C-Geschäft handelt.

Wenn es sich bei der Kundschaft um ein Unternehmen handelt …

Beim B2B-Vertrag trägt die Kundschaft das sogenannte Transportrisiko. Das heißt, dass mit der Abgabe beim Versanddienstleister die Vertragserfüllung eingetreten ist. Alles, was danach passiert und nicht auf ein Verschulden des Verkaufenden zurückzuführen ist, gehört in den Risikobereich der Kundschaft. Das heißt, dass Verkäufer:innen im B2B-Verhältnis nur nachweisen müssen, dass sie das Paket inklusive der Ware abgesendet haben. Belege über den Warenausgang sowie der Versandbeleg reichen in der Regel für den Nachweis aus. Der vereinbarte Kaufpreis muss in diesen Fällen nicht erstattet werden. 

Wenn sich die Kundschaft auf das Verbraucherrecht berufen kann …

Etwas anders sieht es aus, wenn es sich um ein B2C-Verhältnis handelt. Laut Verbraucherrecht tragen Verkäufer:innen in diesen Fällen das Transportrisiko. Der Vertrag ist damit erst dann erfüllt, wenn die Ware tatsächlich zugestellt wurde. Aber: Wer muss den Zugang beweisen? Nach den allgemeinen Beweisregeln muss die Person den Beleg für die Tatsache erbringen, die für ihn günstig ist. Behauptet die Kundschaft, dass das Paket nicht angekommen sei, stellt sie die Vertragserfüllung infrage. Für den betreffenden Shop ist es natürlich günstig, wenn der Vertrag erfüllt ist. Entsprechend muss sie den Zugang beweisen. Das kann im Einzelfall recht kniffelig sein, denn: Als Händler:in haftet man auch dann, wenn das Paket irgendwo in der Nachbarschaft abhandenkommt. Im Zweifel werden viele Händler:innen hier das Nachsehen haben.

Ein Wermutstropfen kann allerdings sein, dass keine Pflicht zur erneuten Lieferung besteht. Kann nachgewiesen werden, dass das Paket abgesendet wurde, kann ein erneuter Versand verweigert werden. Stattdessen muss einfach nur das Geld erstattet werden. Leitet die Kundschaft die Ware auf eigenen Wunsch um, so endet die Haftung außerdem dann, wenn das Versandunternehmen das Paket am Wunschort abgegeben oder abgelegt hat.

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Die unvollständige Sendung: Ein Fall für das Gewährleistungsrecht

Bei der unvollständigen Lieferung sieht es etwas anders aus. Hier geben Händler:innen durch die Lieferung nämlich zu verstehen, dass sie den Vertrag grundsätzlich erfüllen wollen. Daher handelt es sich bei der unvollständigen Lieferung schon per Gesetz um einen Mangel, der wiederum zum Gewährleistungsrecht führt. In der Praxis sieht das dann oft so aus: Die Kundschaft bestellt verschiedene oder aber auch gleichartige Produkte in einem Online-Shop und behauptet dann, dass ein Teil der Sendung fehle. 

Wenn es sich bei der Kundschaft um ein Unternehmen handelt …

Bewegen wir uns im B2B-Bereich, muss hier das kaufende Unternehmen belegen, dass die Sendung unvollständig war. Aber: Wie? Wird nach dem Öffnen direkt ein Foto gemacht, könnte man dem entgegenhalten, dass das vermeintlich fehlende Produkt einfach schon herausgenommen wurde. Man könnte generell das Öffnen des Paketes filmen oder aber grundsätzlich einen Zeugen mit dabei haben. Aber: Ist das wirklich die alltagstaugliche Lösung? In vielen Fällen werden Unternehmen hier eher das Nachsehen haben, wenn der Shop die Behauptung, die Lieferung sei unvollständig, nicht glauben möchte.

Wenn sich die Kundschaft auf das Verbraucherrecht berufen kann …

Etwas anderes gilt aber, wenn sich die Kundschaft auf Verbraucherrechte berufen kann und den Mangel innerhalb des ersten Jahres nach der Lieferung feststellt: Dann gilt die Beweislastumkehr. Es wird also zu Gunsten der Kundschaft angenommen, dass das Paket bei Lieferung tatsächlich unvollständig bepackt war. Innerhalb dieses Zeitraumes müssen stattdessen Händler:innen beweisen, dass sie alle bestellten Produkte in das Paket gepackt haben und dieses auch vollständig angekommen ist. Alles, was im Lager passiert, lässt sich durch verschiedene Dokumentationsrichtlinien vielleicht noch gut belegen: So wird teilweise das Packen der Sendungen mit Bildmaterial dokumentiert. Was aber auf dem Versandweg passiert oder eben nicht passiert, befindet sich außerhalb der Sphäre des Shops und lässt sich nicht belegen. Für das Abhandenkommen von Teilen der Sendung auf dem Versandweg muss aber dennoch das verkaufende Unternehmen haften. Innerhalb des ersten Jahres sind es im B2C-Verhältnis also eher die Händler:innen, die in den sauren Apfel beißen.

Stellt die Kundschaft aber erst ein Jahr nach dem Kauf aus Gründen fest, dass die Sendung unvollständig war, muss sie auch beweisen, dass der Mangel bereits bei der Lieferung vorlag.

Praxistipp: Freundliche Hinweise an die Kundschaft

Insbesondere im B2C-Verhältnis ist es für Verkäufer:innen natürlich ärgerlich, wenn die unvollständige Sendung erst Monate nach der Zustellung gemeldet wird. Die Beweislast ist auf der Seite der Kundschaft; für einen selbst ist aber vielleicht gar nicht mehr nachvollziehbar, ob und was im Lager schiefgegangen ist. Um die Kundschaft zu sensibilisieren, kann hier die einfache Bitte, die Sendung nach dem Auspacken auf Vollständigkeit zu prüfen, sinnvoll sein. Doch Vorsicht: Es darf dabei nicht der Eindruck entstehen, dass Verbraucher:innen zur sofortigen Überprüfung und Meldung verpflichtet sind. Eine sogenannte Rügefrist gibt es im B2C-Verhältnis nämlich nicht. 

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