Die neue Produktsicherheitsverordnung (GPSR), die am 13.12.2024 in Kraft tritt, sorgt für viele Fragezeichen. Hier schauen wir uns die häufigsten Fragen aus der Handmade-Branche zu diesem Thema an.

Noch mal in Kürze: Darum geht es

Mit der GPSR kommen auf den E-Commerce eine Reihe neue Informationspflichten zu. So muss jedes Angebot folgende Angaben enthalten:

  • Name des Herstellers, Anschrift, elektronische Adresse (E-Mail oder Link zum Kontaktformular),
  • bei Importware von außerhalb der EU zusätzlich die Angaben zur verantwortlichen Person (meistens der Importeur) mit Sitz in der EU,
  • Produktabbildung,
  • Warn- und Sicherheitshinweise,
  • Informationen zur Identifikation des Produktes,

Für die Handmade-Branche sind außerdem die Herstellerpflichten interessant. Hierzu gehören:

  • Risikobewertung und
  • Kennzeichnung des Produktes selbst.

Mehr Informationen gibt es in unseren anderen beiden FAQs:

Informationspflichten im Online-Angebot

Wie erfülle ich auf Etsy die neuen Informationspflichten?

Etsy hat anders als beispielsweise Amazon bisher keinen eigenen Abschnitt für die neuen Informationspflichten geschaffen. Entsprechend müssen die Informationen in der Produktbeschreibung platziert werden. Achte darauf, dass du im Rahmen der Möglichkeiten, die Etsy bietet, die Informationen übersichtlich darstellst.

Wie gebe ich mich selbst als Hersteller:in an?

Wer selbst ein Produkt anfertigt, ist natürlich Hersteller:in und muss sich selbst angeben. Viele in der Handmade-Branche treten selbst als Einzelunternehmen auf. Dennoch haben sie sich selbst einen Namen gegeben, unter dem beispielsweise der Shop zu finden ist. Dabei handelt es sich nicht zwangsläufig um eine eingetragene Marke. Bei der Herstellerangabe sollte man den Namen angeben, unter dem man sein Unternehmen führt und das ist bei Einzelunternehmen oft der bürgerliche Vor- und Zuname beziehungsweise die Firma (z. B. eine Fantasiebezeichnung). 

Achtung: Selbst, wenn im Shop ausschließlich Waren aus eigener Herstellung angeboten werden, muss diese Information in wirklich jedes Angebot. 

Muss ich die Hersteller:innen aller Bestandteile angeben?

Nein. Wird beispielsweise eine Tasche genäht, müssen die einzelnen Unternehmen, die Gurtband, Stoff und Karabinerhaken hergestellt haben, nicht genannt werden. Es geht einzig darum, wer das fertige Produkt gefertigt hat.

Wen gebe ich als Hersteller:in an, wenn ich das nicht mehr weiß? 

Gerade kleinere Händler:innen kaufen Material ein, um es dann weiterzuverkaufen. Zum Beispiel: Eine Händlerin erwirbt bei Kleinanzeigen mehrere Restbestände aus Hobbyauflösungen und will nun Webbänder, Knöpfe und Co. gewerblich weiterverkaufen.

Wenn diese Produkte vor dem 13. Dezember 2024 erworben werden, fallen diese nicht unter die GPSR. Allerdings ist das nicht wirklich hilfreich, denn bereits vor der GPSR schreibt das Produktsicherheitsgesetz fest, dass an jedem Produkt gekennzeichnet werden muss, wer es hergestellt hat. Das macht es ungemein schwierig, solche Bestände gewerblich weiterzuveräußern. Eine mögliche Lösung kann sein, sich selbst als Hersteller:in anzugeben. Dann muss man allerdings auch die Pflichten wahrnehmen. Das heißt: Man muss eine Risikobewertung durchführen und ist für Produktrückrufe verantwortlich. Entsprechend sollte man sich sehr genau überlegen, ob sich der Weiterverkauf von solchen Produkten lohnt. 

Welche Warn- und Sicherheitshinweise muss ich an mein Produkt anbringen?

Welche Warn- und Sicherheitshinweise angebracht werden, ist vom Produkt abhängig. Produkte, die potenzielle Risiken bergen, wie beispielsweise scharfe Kanten, verschluckbare Kleinteile oder allergieauslösende Materialien, erfordern spezifische Hinweise. Bestimmte Hinweise, wie beispielsweise für Spielzeug, sind gesetzlich vorgeschrieben.

Hier sind einige Beispiele, bei denen Warn- und Sicherheitshinweise erforderlich sein können.

  • Handgemachtes Spielzeug: Für Spielzeug, insbesondere wenn es für Kinder unter drei Jahren bestimmt ist, müssen Warnhinweise bezüglich verschluckbarer Kleinteile angebracht werden. Spielzeug muss außerdem den Sicherheitsnormen gemäß der Spielzeugrichtlinie der EU entsprechen, die Stabilität, Entflammbarkeit und chemische Eigenschaften umfassen.

  • Textilien und Kleidung: Bei Textilprodukten, insbesondere Baby- und Kinderkleidung, sollten Warnhinweise zu Befestigungselementen wie Knöpfen oder Kordeln, die Strangulationsgefahren darstellen könnten, vorhanden sein. Ebenfalls ist es wichtig, Materialien zu kennzeichnen, die allergische Reaktionen hervorrufen können.

  • Kosmetikprodukte: Handgemachte Seifen, Cremes oder ähnliche Kosmetikprodukte müssen Inhaltsstoffe auflisten, die allergische Reaktionen auslösen könnten. Auch die korrekte und sichere Verwendung sollte angegeben werden, besonders wenn es um Produkte geht, die ätherische Öle oder andere starke Wirkstoffe enthalten.

Muss ich bei Stoffen und Bändern überhaupt Sicherheitshinweise angeben? 

Von Stoffen und Bändern geht in der Regel keine Gefahr aus, auf die speziell hingewiesen werden muss. 

Können die Produktinformationen mittels QR-Code hinterlegt werden?

Nein, die Informationen müssen unmittelbar einsehbar sein. 

Muss die Chargennummer in den Online-Shop?

Nein, die Chargennummer, bzw. das Element, welches du zur Identifizierung am Produkt nutzt, muss nicht im Online-Angebot genannt werden.

Abbildungen der Produkte: Was ist bei individueller Auftragsfertigung zu beachten?

Die Verordnung verlangt grundsätzlich Abbildungen zur Identifizierung eines Produkts, wobei meist ein Produktfoto diesen Zweck erfüllt. Bei individuell nach Kundenwunsch gefertigten Produkten ist dies jedoch oft nicht möglich. Hier kann auf Beispielbilder oder schematische Darstellungen zurückgegriffen werden. Wichtig ist, dass auch transparent erklärt wird, dass es sich eben um eine beispielhafte Abbildung handelt.

Wird jedoch klassische „Print-on-Demand“-Ware angeboten, bei der Kund:innen aus einem festen Pool an Designs wählen, ist eine Abbildung notwendig. Hier erfüllen die in der Branche etablierten Darstellungsmethoden weiterhin die Vorgaben.

Pflichten als Hersteller:in

Wer ist Hersteller:in?

Hersteller:in eines Produktes ist, wer dieses selbst produziert oder produzieren lässt und unter der eigenen Marke oder dem eigenen Namen vermarktet.

Was bedeutet „unter der eigenen Marke vermarktet”?

Das bedeutet, dass jemand anderes ein Produkt für dich produziert und du dieses anschließend mit deiner eigenen Marke versiehst und verkaufst.

Ich habe eine Amazon-Marke: Bin ich jetzt Hersteller:in der Produkte?

Nein, wenn du von anderen Hersteller:innen Produkte verkaufst, musst du auch diese bei Amazon als Hersteller:in hinterlegen.

Werde ich zur Hersteller:in, wenn ich Produkte veredle?

Ja, wer Produkte veredelt, kann zum Hersteller/zur Herstellerin werden.

Laut Artikel 13 der Produktsicherheitsverordnung gilt auch als Hersteller:in, wer ein Produkt so verändert, dass die ursprüngliche Risikobewertung nicht mehr zutrifft, etwa wenn:

  • die Änderung eine neue Gefahr erzeugt oder das Risikoniveau erhöht,
  • und die Veränderung nicht durch die Endverbraucher:innen selbst oder in deren Auftrag für den Eigenbedarf vorgenommen wird.

Wer Produkte nur auf Kundenauftrag verändert, ist in der Regel nicht als Hersteller:in anzusehen. Wird jedoch ohne Auftrag veredelt, kann man als Hersteller:in gelten, da kein individueller Kundenauftrag vorliegt.

Was bedeutet die Risikobewertung für mich als Hersteller:in?

Für Hersteller:innen bedeutet die Risikobewertung die systematische Analyse und Dokumentation potenzieller Gefahren, die von einem Produkt ausgehen könnten, um sicherzustellen, dass es sicher für Verbraucher:innen ist. Diese Bewertung ist ein zentraler Bestandteil der GPSR und hilft, alle möglichen Risiken zu identifizieren und zu minimieren. Dabei geht es um die Wahrscheinlichkeit und Schwere möglicher Schäden und die Festlegung geeigneter Maßnahmen zur Risikoreduzierung.

Die Risikobewertung beinhaltet in der Regel folgende Schritte:

  1. Gefahrenermittlung: Identifikation aller potenziellen Risiken, die mit dem Produkt verbunden sind, wie physikalische, chemische oder mechanische Gefahren.
  2. Risikoeinschätzung: Bestimmung der Wahrscheinlichkeit und Schwere möglicher Schäden.
  3. Risikominderung: Implementierung von Maßnahmen, um das Risiko zu verringern, beispielsweise durch Designanpassungen, Warnhinweise oder Gebrauchsanweisungen.
  4. Dokumentation und Überprüfung: Dokumentation aller Ergebnisse und regelmäßige Überprüfung, um sicherzustellen, dass das Produkt auch langfristig sicher bleibt.
  5. Durch die Risikobewertung wird gewährleistet, dass das Produkt den Sicherheitsanforderungen entspricht und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nachweisbar ist.

Ich biete Produkt-Bundles an: Bin ich Hersteller:in des Bundles?

Bundles können aus Produkten verschiedener Hersteller:innen zusammengestellt sein. Entscheidend ist, unter welcher Marke oder welchem Namen das Bundle angeboten wird. Wenn das Bundle nicht unter einer eigenen Marke oder einem eigenen Namen vermarktet wird, müssen die Hersteller:innen aller enthaltenen Produkte angegeben werden.

Ich biete DIY-Self-Sets (Bastelsets) an. Wen gebe ich als Hersteller:in an?

Das kommt darauf an, wie das Set gestaltet ist. Wenn verschiedene Produkte, die eigentlich von anderen Unternehmen oder Personen hergestellt wurden, nach eigener Idee zu Sets zusammenstellt und diese dann unter eigenem Namen verkauft werden, gilt dieser Händler laut EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) als Hersteller.

Brauch jetzt jedes meiner Produkte eine Chargennummer?

Ja und nein: Die GPSR schreibt vor, dass Hersteller:innen dafür sorgen müssen, dass jedes Produkt „eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes für Verbraucher leicht erkennbares und lesbares Element zu ihrer Identifizierung“ tragen muss.

Benötigen Produkte eine Herstellerkennzeichnung?

Ja. Die Information über die Hersteller:in gehört nicht nur in das Online-Angebot, sondern auch auf das Produkt selbst.

Wie bringe ich die Informationen am Produkt unter?

Die GPSR sieht vor, dass die Informationen eigentlich direkt am Produkt angebracht werden. Wer sich zu Hause genauer Produkte anschaut, stellt fest, dass manche Informationen nicht nur aufgedruckt, sondern teilweise sogar eingestanzt sind. Schaut man sich Kleidung an, finden sich die Informationen meistens auf den Textiletiketten. Teilweise sind die Hersteller auch auf die Innenseite von Kleidungsstücken aufgedruckt.

Natürlich eignet sich nicht jedes Produkt für diese Art von Kennzeichnung. Ist eine Kennzeichnung am Produkt selbst nicht möglich, darf ausnahmsweise auch auf der Verpackung oder in den Begleitunterlagen informiert werden.

Ich kann die Information nicht auf das Produkt bringen. Was kann ich jetzt tun?

Nicht jedes Produkt ist dafür geeignet, die Herstellerinformationen und die Identifikationsnummer, direkt am Produkt anzubringen. Manche Produkte sind zu klein oder schlicht von der Machart nicht dafür geeignet. In diesem Fall dürfen die erforderlichen Informationen ausnahmsweise auf der Verpackung oder in einer dem Produkt beigefügten Unterlage angegeben werden. So eine Unterlage kann nach aktuellem Wissensstand auch die Rechnung oder der Lieferschein sein. Alternativ kann natürlich auch einfach ein „Beipackzettel“ zum Produkt dazu gelegt werden.

Muss auch Meterware gekennzeichnet werden?

Ja, auch Meterware muss die Herstellerinformation und Chargennummer tragen. Allerdings handelt es sich hier ganz klassisch um Ware, wo die Kennzeichnung auf dem Produkt selbst gar nicht möglich ist. Hersteller:innen wissen schließlich nicht, wie viel Meter immer bestellt werden. Von den Hersteller:innen selbst wird die Kennzeichnung daher oft am Bund vorgenommen. Nun sind die Händler:innen, die die Ware für die Kundschaft nach Maß zuschneiden, natürlich in der Situation, dass sie dafür sorgen müssen, dass an den abgeschnittenen Stücken auch die Kennzeichnungspflichten erfüllt sind. Manche Online-Stoff-Shops hängen Etiketten an die abgeschnittenen Stoffe. Möglich ist es aber auch hier, die Informationen in den Begleitunterlagen, sprich der Rechnung oder dem Lieferschein zu packen. Auch ein Einleger mit den Informationen ist eine mögliche Lösung.