Themenwoche Re-Commerce: Welche Besonderheiten gibt’s beim Verkauf gebrauchter Produkte?

Veröffentlicht: 08.07.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 10.07.2015

Re-Commerce lohnt sich. Das haben auf diesen Trend spezialisierte Unternehmen und Re-Commerce-Portale wie Momox bewiesen. Viele Online-Händler nutzen die hohe Nachfrage nach gebrauchten Artikeln ebenfalls für sich und bieten Bücher, CDs, Filme, Elektronik und Mode im gebrauchten Zustand an. Auch aus rechtlicher Sicht ist dies lukrativ, denn der Verkauf gebrauchter Waren bietet einige Erleichterungen im Vergleich zum Handel mit Neuware.

second hand

© Marco2811 - Fotolia.com

Warum es einen Unterschied macht, ob Ware neu oder gebraucht ist

Wann ist eine Ware als Gebrauchtware einzustufen und wann gilt sie als „neu“? Die Antwort auf diese Frage hat auf viele rechtliche Bereiche Einfluss, so zum einen auf die Länge der Gewährleistung und zum anderen auch auf spezielle Kennzeichnungspflichten. Auf Äußerlichkeiten wie eine beschädigte Verpackung kommt es dabei nicht so sehr an, wie viele Kunden vielleicht meinen.

Aber wann ist eine Ware neu und wann gebraucht? Eine pauschale Definition lässt sich weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung entnehmen. In der Rechtsprechung hat man jedoch den Grundsatz aufgestellt, dass Sachen dann gebraucht sind, wenn sie vom Hersteller, Verkäufer oder einem Dritten bereits ihrer „gewöhnlichen Verwendung zugeführt“ wurden und deshalb mit einem höheren Sachmängelrisiko behaftet sind (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16.01.2014, Az.: 4 U 102/13).

Wenn ein Artikel als „neu“ deklariert wird, darf der Kunde davon ausgehen, dass der Artikel fabrikneu und nahezu unbenutzt ist. Bei als „B-Ware“ definierten Waren handelt es sich nicht automatisch um in Gebrauch genommene Artikel. B-Ware ist in aller Regel nicht gebraucht, sondern lediglich leicht beschädigt bzw. es fehlt ihr die Originalverpackung.

Gebrauchte Ware und das Widerrufsrecht

Viele Online-Händler sind immer noch in dem Irrglauben, dass sie bei einem Kauf von gebrauchten Produkten kein gesetzliches Widerrufsrecht gewähren müssen. Dem ist jedoch (leider) nicht so, weil der Gesetzgeber diesen Ausschlussgrund bewusst nicht vorgesehen hat. Auf das Bestehen eines Widerrufsrechtes hat die Frage nach dem Alter oder Zustand daher keinen Einfluss. Das reguläre Widerrufsrecht muss auch bei gebrauchten Artikeln gewährt werden. Auch eine abweichende Regelung in der Widerrufsbelehrung ist nicht statthaft und kann sogar abgemahnt werden.

Kürzere Gewährleistungsfrist möglich

Ganz so streng ist es beim Gewährleistungsrecht aber nicht. Der Verkäufer haftet bei einem Verkauf von Neuware zwar nach dem Gesetz zwei Jahre (ab Lieferung) für Mängel an der Kaufsache. Handelt es sich bei den verkauften Objekten um gebrauchte Ware, kann die Gewährleistungsfrist nach überwiegender Meinung der Gerichte auf minimal ein Jahr eingeschränkt werden. Nicht einstehen muss der Händler für altersbedingte Mängel, die typisch für ein Produkt dieses Alters sind.

Automatisch passiert diese Verkürzung aber nicht. Händler müssen diese Einschränkung erst mit dem Kunden vereinbaren. Für die Verkürzung der Gewährleistung muss aber lediglich eine eigene Klausel in die AGB eingefügt werden. Auch hier gilt: Eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf ein Jahr für als neu verkaufte B-Ware ist unzulässig (vgl. Landgericht Essen, Urteil vom 12.06.2013, Az.: 42 O 88/12).

Zustand hat Einfluss auf Kennzeichnungspflichten

Auch bei besonderen Kennzeichnungspflichten spielt es eine Rolle, ob der Artikel neu oder gebraucht ist. So können Online-Händler in vielen Bereichen von gesetzlichen Ausnahmen profitieren.

Händler von „Secondhand“-Textilien haben es beispielsweise leichter als ihre Kollegen, die mit Neuware handeln. Für gebrauchte Textilien sieht die Textilkennzeichnungsverordnung eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht vor, wenn sie ausdrücklich als "gebraucht" bezeichnet sind. Eine Rohstoffangabe ist damit nicht notwendig.

Auch beim Verkauf von Elektrogeräten haben Online-Händler von bestimmten Produkten (z.B. Haushaltsgroßgeräte) seit dem 1. Januar 2015 mit einer noch umfassendenderen Kennzeichnungspflicht zu kämpfen. Nicht erfasst von den speziellen Kennzeichnungsregelungen sind jedoch gebrauchte Produkte, § 1 Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (kurz: EnVKV).

Übrigens: Bücher gelten als gebraucht, wenn sie bereits zu einem gebundenen Ladenpreis verkauft wurden.

Spielzeug-Händler haben leider Pech: Seit einigen Jahren gibt es spezielle Kennzeichnungspflichten beim Verkauf von Spielzeug. Sie resultieren aus der Zweiten Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug) - kurz „2. GPSGV“. Nach diesem Regelwerk müssen Spielzeug-Händler ihre Internetangebote so gestalten, dass die bekannten Warnhinweise noch vor dem Kauf klar erkennbar sind. Die 2. GPSGV regelt die Bereitstellung von Spielzeug im Allgemeinen. Gebrauchtes Spielzeug wird nicht ausdrücklich ausgenommen.

 

In unserer Themenwoche sind bisher folgende Artikel erschienen:

Viel Potenzial in einem aufsteigenden Bereich

Interview: Momox "entstammt einer Alltagssituation"

Testen Sie Ihr Wisschen in unserem Quiz!

Kolumne: Werden Flohmärkte irgendwann aussterben?

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.