Irren ist menschlich. Doch manche Tippfehler können Händler teuer zu stehen kommen. Rutscht das Komma aus Versehen an die falsche Stelle, kann das Markenhandy unbemerkt für 69,99 Euro oder schlimmstenfalls für 6,99 Euro statt 699 Euro über die Ladentheke wandern. Auffallen wird das den meisten Händlern erst, wenn es zu spät ist. Wie kommen Händler aus dieser Lage wieder heraus?

Ooops

(Bildquelle Oops!: mtkang via Shutterstock)

Schnäppchenjäger im Internet sind natürlich stets auf der Suche nach einem Knallerangebot. Dabei suchen einige Internetnutzer sogar gezielt nach fehlerhaften Preisauszeichnungen im Online-Handel, um die Ware sehr günstig anzukaufen und sie dann mit möglichst hohem Gewinn weiterzukaufen. Händlern fällt diese Misere meist erst auf, wenn es zu spät ist und der komplette Warenbestand – zum falschen Preis – verkauft wurde. Damit es sich auch richtig lohnt, wird die falsch ausgezeichnete Ware meist gleich in hohen Mengen bestellt.

Vertrag ist Vertrag?

Bestellt ein Kunde die Ware zu einem schlimmstenfalls weit unter dem am Markt verlangten Preis, ist zunächst die Frage nach der Lieferpflicht entscheidend. Für diese Frage sollte grundsätzlich folgender rechtlicher Grundsatz vor Augen geführt werden: „Pacta sunt servanda“, d.h. die geschlossenen Verträge müssen erfüllt werden. Zunächst muss also geklärt werden, ob ein Vertragsschluss vorliegt, also ob ein rechtsgültiger Kaufvertrag geschlossen wurde oder nicht.

Anbieter bei Ebay stellen verbindliche Angebote ein, die der Kunde mit der Bestellung  - also z.B. Abgabe des Höchstgebotes oder mit Betätigen der Schaltfläche „Sofort-Kaufen“ - annimmt. Hier kommt der bindende Vertrag bereits mit Abgabe der Bestellung des Kunden zustande. Online-Shops ticken individueller. Hier hängt der Vertragsschluss von den jeweiligen Regelungen in den AGB und Kundeninformationen ab.

Vergewissern Sie sich, ob ein Vertragsschluss stattgefunden hat. Ist das Kind also in den Brunnen gefallen und tatsächlich ein verbindlicher Kaufvertrag geschlossen, muss dem Kunden die versprochene Ware grundsätzlich auch zum vereinbarten Preis – egal wie niedrig er sein mag - geliefert werden.

Schikaneverbot?

Die Durchsetzung eines solchen Vertrages ist auch nicht durch ein „Schikaneverbot“ verwehrt, auch wenn der Käufer den Fehler in der Preisauszeichnung erkannt hat und ausnutzen wollte. Für eine unzulässige Schikane muss es dem Käufer ausschließlich darum gehen, den Händler zu schädigen. In den meisten Fällen geht es den Käufern jedoch darum, selbst einen Vorteil zu erlangen und die Schnäppchenware gewinnbringend zu verkaufen.

Anfechtungsrechte?

Es gibt jedoch die Möglichkeit, den Vertrag nachträglich wieder „zunichte“ zu machen. Online-Händlern, die versehentlich einen falschen Preis angegeben haben, steht grundsätzlich ein Anfechtungsrecht zu, wenn der Händler im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Preis falsch eingegeben wurde oder ob der falsche Preis durch einen Softwarefehler entstanden ist.

Ein Vertrag wird jedoch nicht automatisch unwirksam. Der Verkäufer muss in diesem Fall zunächst die Anfechtung erklären. Eine E-Mail mit dem Inhalt „aufgrund einer Systemstörung können wir Ihre Online Bestellung vom 01.02.2014 leider nicht ausführen und stornieren diesen Auftrag“ soll schon eine solche Anfechtungserklärung sein (Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19.05.2016, Az.: I-16 U 72/15).

Der Anfechtungsberechtigte muss die Anfechtung des Vertrages außerdem „unverzüglich“ und ohne Bedingung erklären. Eine bestimmte Form ist für die Anfechtungserklärung nicht vorgeschrieben, sie sollte aber aus Beweisgründen schriftlich erfolgen.

Verstoß gegen Treu und Glauben?

Auch wenn alles nichts hilft und beispielsweise kein Anfechtungsgrund nachweisbar ist, gibt es noch ein Fünkchen Hoffnung. Dem Käufer kann die Lieferung der Waren zu den fehlerhaften Preisen nach dem gesetzlichen Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt sein.

Es ist missbräuchlich, wenn der Käufer die fehlerhafte Preisangabe erkennt, die Vertragsdurchführung für den Händler aufgrund des viel zu niedrigen Preises jedoch schlechthin unzumutbar ist. Das bewusste Ausnutzen einer offensichtlich irrtümlichen Preisangabe in einem Online-Buchungssystem kann rechtsmissbräuchlich sein (vgl. OLG München, Beschluss vom 15.11.2002, 19 W 2631/02, NJW 2003, 367).

Fazit

Da fehlerhafte Preisauszeichnungen meist kein Einzelfall sind, sondern die sehr günstig angebotenen Waren in aller Regel auch bis zur Erschöpfung des Lagerbestandes aufgekauft werden, kommen hohe Schadenssummen zustande. Die Rechtslage bei fehlerhaften Preisauszeichnungen ist jedoch für den Laien sehr komplex. Ohne anwaltliche Hilfe sollten die Fälle also besser nicht abgewickelt werden. Riechen Kunden einmal die große Beute, geben sie ohnehin nicht so schnell von allein auf.

Zu beachten ist, dass Händler sich gegenüber ihren Kunden ggf. schadensersatzpflichtig machen. Dabei haften sie für den Schaden, der dem Kunden durch das Vertrauen in die Wirksamkeit entstanden ist.

Auf Hinweise wie „Irrtümer, Druckfehler und Preisänderungen vorbehalten“ oder ähnliche Formulierungen sollten im Online-Handel aber verzichten.