Werbeblocker: Rechtsgutachten hält auch Whitelisting für zulässig

Veröffentlicht: 18.07.2016 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 18.07.2016

Können Sie sich daran erinnern, dass Ihnen eine Webseite untergekommen ist, die völlig ohne Werbung auskommt? Wahrscheinlich wäre Ihnen dies aufgrund der Seltenheit aufgefallen. Viele Internetportale, Webseiten und Blogs finanzieren sich über Werbeeinnahmen. Nutzen Internet-User Werbeblocker, ist dieses Geschäftsmodell infrage gestellt. Nicht verwunderlich, dass sich Webseitenbetreiber vehement gegen die Nutzung wehren, doch gegen Werbeblocker ist rechtlich nichts einzuwenden.

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(Bildquelle werbefrei: gui jun peng via Shutterstock)

Milliardenverluste durch Adblocker

Anbieter wie Adblock Plus bieten ein kostenloses Zusatzprogramm für mobile und Desktop-Browser, das dem Blockieren von Werbung beim Betrachten von Internetseiten dient. Die Software verhindert in Verbindung mit Filterlisten (sog. "Blacklists") das Laden von Werbung von Werbeservern (sog. "Ad-Server"). Unternehmen können sich bei Adblock Plus außerdem kostenpflichtig auf eine von dieser geführten „Whitelist“ setzen lassen und anschließend von Adblock Plus akzeptierte Werbung im Internet schalten, ohne von der Software blockiert zu werden.

Den Betreibern entgehen durch die Werbeblocker Unsummen. Schon mehrere Webseitenbetreiber wollen das nicht hinnehmen und wehren sich daher gegen die Adblocker-Nutzung. Dabei waren die Urteile zu dem Thema eine kleine Berg- und Talfahrt. Wohl prominentestes Beispiel ist die Online-Präsenz der Bildzeitung, die eine eigene „Anti-Adblocker-Initiative“ gestartet hat. Auch die Spiegel-Gruppe hat Anfang des Jahres eine Klage gegen den Adblocker-Hersteller Eyeo eingereicht – und unterlag. Adblocker sind also an sich nicht zu beanstanden. Webseiten, die Adblock-Nutzern den Zutritt verwehren, kann man nichts entgegensetzen. Eine solche technische Sperre darf jedoch nicht umgangen werden (Landgericht Hamburg, Az. 308 O 375/15).

Das Oberlandesgericht Köln hat aber erstmals Zweifel an dem sogenannten Whitelisting geäußert. Das OLG Köln hat zwar an dem grundlegenden Geschäftsmodell des Werbeblockens nichts zu beanstanden. Doch wenn Werbung gegen Bezahlung und unter vorgegebenen Kriterien doch nicht geblockt wird, dann sei Adblock Plus laut dem Oberlandesgericht Köln unzulässig. Ob das Urteil rechtskräftig wird, ist uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.

Interessen von Medienunternehmen, Adblock-Anbietern und Internetnutzern abwägen

Ein aktuelles Rechtsgutachten könnte das Urteil des Oberlandesgerichts noch einmal in einem neuen Licht erscheinen lassen – und in die nächste Runde vor dem Bundesgerichtshof führen. Prof. Dr. Dr. Udo di Fabio, ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts, hat sich in dem Gutachten – das uns vorliegt – mit der Frage befasst, ob Werbeblocker rechtmäßig vertrieben und eingesetzt werden dürfen.

Er gelangt dabei zu dem Ergebnis, dass Werbeblocker wie Adblock Plus verfassungsrechtlich zulässig seien. Nach seiner Auffassung gilt dies insbesondere angesichts des Grundrechts der Nutzer auf informationelle Selbstbestimmung. Das soll auch für Werbeblocker mit einer Whitelist gelten. Adblocker mit einer Whitelist können, weil sie bemüht sind, beiden Seiten angemessen Rechnung zu tragen, sogar als Mediator zwischen den Nutzern und den gewerblichen Medienunternehmen auftreten.

Da der Einsatz von Adblockern eine grundsätzliche Bedeutung für die Internetbranche hat, ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes wünschenswert. Dann wird wohl auch das Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters eine Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen und endlich Rechtssicherheit einkehren.

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