Kommentar: Was taugen One-Pager beim Datenschutz?

Veröffentlicht: 13.09.2016 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 05.07.2022

Die deutschen Gesetze werden immer komplexer, die Rechtstexte somit immer länger. Der eigentliche Zweck, den Nutzer über seine Rechte und Pflichten im Online-Handel zu informieren, geht dabei verloren. Sind One-Pager, die rechtliche Erläuterungen auf eine Seite begrenzen wollen, die Lösung des Rätsels und damit ein Lichtblick unter den endlosen Rechtstexten? 

Regenschrim
© madgooch – Fotolia.com

Status quo: Datenschutzhinweise komplex und zu lang

Ohne Datenerhebung läuft nichts im Online-Handel. Seien es die verwendeten Tracking-Tools bzw. Cookies oder die ganz normale Eingabe und Speicherung von Kundendaten während eines Bestellprozesses. Doch der Schutz der persönlichen Daten eines Menschen ist dem deutschen Recht (fast) heilig. Nahezu jede Webseite verwendet daher Datenschutzhinweise, in denen Webseitenbesucher aufwändig und langatmig die verschiedenen Datenprozesse erläutert werden.

Während Rechtstexte wie AGB oder die Widerrufsbelehrung für den Laien noch halbwegs nützlich und allgemeinverständlich sind, sieht dies bei der Datenschutzerklärung womöglich ganz anders aus. Geht es um die Erläuterung komplizierter Datenvorgänge, dürfte auch der engagierteste Laie aussteigen. Webseiten, die mehrere Analysetools und andere Datenvorgänge für die Auswertung ihrer Nutzerdaten verwenden, dürften eine Datenschutzerklärung von epischem Ausmaß erreichen. Die Erläuterung und Aufklärung der Webseitenbesucher verfehlt damit aber meist seinen Zweck.

One-Pager als kurze transparente Datenschutzhinweise

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat zusammen mit IBM die Idee eines sog. „One-Pager“ (umgangssprachlich: Text, der nur eine Seite umfasst) ins Leben gerufen. Mit diesen One-Pagern sollen Webseiten Verbraucherinnen und Verbrauchern eine einfache, konzentrierte Information über die wesentlichen Datenverarbeitungen geben können.

Neben einer herkömmlichen Datenschutzerklärung sollen Nutzer auf diese Seite komprimierte und transparente Informationen finden, anstatt sich lange in einer „echten“ Datenschutzerklärung zu verfransen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei vor allem darin, dass die Informationen schnell, einfach und umfassend mitgeteilt werden.

Das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz hat dazu eigens ein Muster bereitgestellt, welches mit gesonderten Ausfüllhinweisen von Webseitenbetreibern als erster Anhaltspunkt verwendet werden kann. Die Deutsche Telekom, als eines der ersten führenden Unternehmen, hat nun ebenfalls einen One-Pager veröffentlicht.

Lob und Kritik am One-Pager

Dass Verbraucher mit einer kurzen und übersichtlichen Erklärung ermutigt werden sollen, die für sie bestimmten Hinweise (in der Datenschutzerklärung) tatsächlich auch zu lesen und für sich zu bewerten, ist eine begrüßenswerte Idee. Nicht zuletzt hat auch die Datenschutzgrundverordnung die Idee nach mehr Transparenz und Verständlichkeit aufgegriffen und die Darstellung der Pflichtinformationen als Piktogramme zugelassen. Die Sicherheit und das Vertrauen in den Umgang mit Kundendaten bei Bestellungen und Zahlungen im Internet werden damit sicherlich nicht geschmälert. Die Frage ist jedoch, ob sie sogar steigt – und letztendlich der E-Commerce davon profitiert. 

Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen sind jedoch allgegenwärtig und werden es auch in Zukunft (leider) bleiben. Der Drang zu mehr Transparenz, z. B. durch One-Pager, ist daher zwar ein guter erster Schritt in die richtige Richtung. Missbrauchen Unternehmen dieses Vertrauen aber wieder, nützt auch der netteste One-Pager nichts. In Frage steht, ob sich Webseitenbesucher aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit Rechtstexten überhaupt umstimmen lassen und den One-Pagern eine Chance geben. Auch beim Inhalt dürfte es zu Unklarheiten kommen. Schon bei der Frage, was ist so wichtig, dass es in den One-Pager gehört und was nicht, dürften sich die Geister scheiden.

Werden One-Pager und vollständige Datenschutzerklärung weiterhin parallel verwendet, birgt dies sogar Risiken. Beide Dokumente dürfen sich nicht widersprechen und müssen stets simultan vervollständigt und aktualisiert werden. Zudem kann das Muster nicht für alle Webseiten verwendet werden, da aufgrund der Vielzahl von Datenvorgängen stets das Potenzial besteht, dass wesentliche Informationen unter den Tisch fallen.

Fazit: One-Pager für Verbraucher – Datenschutzerklärung für Abmahner?

Die Idee der One-Pager ist eine gute Sache und ein lobenswerter Schritt der Politik in die richtige Richtung. Die Idee wäre auch gut auf andere Bereiche im E-Commerce übertragbar, etwa eine Widerrufsbelehrung als Infografik oder AGB in Piktogrammform.

Dennoch wird weiterhin ein Spagat zwischen der Umsetzung der zahlreichen gesetzlichen Informationspflichten und der hohen Kunst, den Webseitenbesucher hinsichtlich seiner Bedenken „abzuholen“, erforderlich sein. Solange das deutsche Recht massenhaft an Informationspflichten vorsieht, ist der One-Pager nur eine nette kleine Spielerei, die die Last der vollständigen Rechtstexte von Online-Händlern nicht nehmen kann. Solange man in Deutschland einen Rechtstext braucht, der einen anderen Rechtstext erläutern soll, läuft doch etwas schief...

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.