Textilkennzeichnung: „Mikrofaser“ reicht nicht aus

Veröffentlicht: 02.01.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 13.07.2022

Sportbekleidung, Bettwäsche und Putztücher... Mikrofaser kommt wegen seiner vielen positiven Eigenschaften immer häufiger zum Einsatz. Händler, die online Textilien aus Mikrofaser vertreiben, halten sich jedoch – meist unbewusst – nicht an die Vorschriften zur Textilkennzeichnung, der sog. Textilkennzeichnungsverordnung.

Für europäische Harmonisierung: Einheitliche Textilkennzeichnung

Zwar ist die Textilkennzeichnung primär eine Herstellerpflicht. Händler, die Textilartikel verkaufen, deren Kennzeichnung nicht den gesetzlichen Vorgaben aus der Textilkennzeichnungspflicht entsprechen, können aber ebenso eine Abmahnung erhalten. So ist auch für den Online-Handel eine entsprechende Kennzeichnungspflicht für Textilien erforderlich.

Sie entspringt der europäischen Verordnung Nr. 1007/2011 (sog. Textilkennzeichnungsverordnung). Dabei geht es nicht nur um das „Ob“ der Kennzeichnung von Textilartikeln. Die Vorschriften schreiben auch ganz genau vor, wie die Produkte gekennzeichnet werden müssen. Dass das Thema Textilkennzeichnung in der Praxis nie an Bedeutung verliert, zeigt das Hinweisblatt „FAQ Textilkennzeichnung“, das fast 30.000 mal heruntergeladen wurde.

Klare Vorschriften für Faserbezeichnungen

Hierbei ist nach den Vorschriften der Textilkennzeichnungsverordnung die Rohstoffgehaltsangabe, d.h. die Faserzusammensetzung, auch im Online-Angebot erforderlich. Gemäß der Verordnung dürfen dabei für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf den Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen ausschließlich die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der EU- Verordnung verwendet werden. Sehen Sie dazu den folgenden Auszug:

Faserbezeichnungen
Faserbezeichnungen (Liste nicht abschließend)

Was man aber in dieser Liste vergeblich sucht, ist das Wort „Mikrofaser“. Ergo ist die Bezeichnung "Mikrofaser" für kennzeichnungspflichtige Textilien nicht statthaft – zumindest nicht als alleiniges Merkmal. Man muss sich also fragen, was hinter „Mikrofaser“ steckt. Handelt es sich um Polyester, eine zulässige Bezeichnung, so wird diese angeben. Die korrekte Faserbezeichnung im Online-Handel lautet dann: „100% Polyester“. Sie darf mit dem Zusatz „Mikrofaser“ versehen werden: „100% Polyester (Mikrofaser)“.

Achtung: Weitere Phantasie- und/oder Markennamen (z.B. „Lycra“, „Spandex“) sind ebenfalls keine zulässigen Angaben zur Textilfaserzusammensetzung und dürfen wie Mikrofaser nur als zusätzliche Angaben zur Pflichtkennzeichnung ergänzt werden.

Haftung für übernommene Werbeaussagen

Dass die Angaben zur Faserzusammensetzung zudem zutreffend sein müssen, versteht sich von selbst. Händler übernehmen nach außen die volle Verantwortung für falsche Angaben. Dem Händlerbund liegen Abmahnungen vor, bei denen eine Laboruntersuchung ergab, dass Tücher aus Kunstfasern (z.B. Polyester) hergestellt waren, obwohl sie als Kaschmir gekennzeichnet waren.

Kommentare  

#2 Zahn-Sandmann 2022-12-05 07:35
Ist die Bezeichnung Mikrofaser aus Kaschmir zulässig?

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Antwort der Redaktion:

Hallo Zahn-Sandmann,

die korrekte Bezeichnung würde lauten "100% Kaschmir (Mikrofaser)", natürlich nur dann, wenn es sich auch tatsächlich um Kaschmir handelt.
Hier finden sie weiterreichende Informationen, zur Textilkennzeich nung: haendlerbund.de/.../...

Alles Gute und viele Grüße

die Redaktion
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#1 Isabelle Ayere 2017-01-09 19:17
Danke, Frau Bachmann für den spannenden Artikel!
Ich habe noch eine Anmerkung zu „Vorschriften zur Textilkennzeich nung, der sog. Textilkennzeich nungsverordnung “. Die europäische-Ver ordnung 1007/2011 gibt an, aus welchen Rohstoffen Textilerzeugnis se zusammengesetzt sind, definiert Textilerzeugnis se und differenziert, welche Textilerzeugnis se in welcher Form gekennzeichnet oder etikettiert werden müssen und welche Ausnahmen es gibt. Sie ist eine europaweit harmonisierte Gesetzesvorgabe , die – anders als eine Richtlinie – umgehend in Kraft tritt und Gültigkeit in den EU-Mitgliedslän dern hat. Sie ersetzt seit Mai 2012 in Deutschland das nationale Textilkennzeich nungsgesetz.
Zur Textilkennzeich nung gehört weit mehr als das Einhalten der EU VO 1007/2011: weitere gesetzliche oder normative Vorgaben zur Kennzeichnung von Textilien und Textilerzeugnis sen sind unter anderem die Größen-, Pflege- sowie Herstellerkennz eichnung. Spezielle Produktgruppen erfordern darüber hinaus eine CE Kennzeichnung.
Zur Verwendung des Begriffs „Mikrofaser“ möchte ich ergänzen: Mikrofaser ist keine Bezeichnung für einen Faserrohstoff und taucht deshalb nicht im Anhang I der VO1007/2011 „Liste der Bezeichnungen von Textilfasern“ auf. Mikrofasern sind Fasern, die aufgrund ihrer sehr hohen Faserfeinheit (
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