AGB dienen im Online-Handel vorrangig dazu, die vielen gesetzlichen Informationen hübsch, übersichtlich und transparent zum zukünftigen Kunden zu transportieren. Nach dem Motto „Viel hilft viel“ werden die Texte jedoch immer länger und unverständlicher. Auch Amazon macht davon keine Ausnahme – im Gegenteil. In Sätzen mit 130 Wörtern kann nicht mehr von transparenter Aufklärung gesprochen werden. 

Fragezeichen
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Regelungswut von Gesetzgeber und Händlern

Für den deutschen Durchschnittsinternetnutzer sind rechtliche Texte wie die Datenschutzerklärung kaum verständlich und damit nur ein lästiges Übel, das es zu überspringen gilt. Ein Drittel der deutschen Internetnutzer verzichtet laut einer Bitkom-Studie beispielsweise komplett darauf, die Datenschutzerklärungen im Internet zu lesen. Die Befragung fand heraus, dass sich davon sogar 21 Prozent bewusst dafür entscheiden, ihre kostbare Lebenszeit nicht dem Studieren von langen und unverständlichen Texten zu verschwenden. 

Epische Ausnahme nehmen die AGB vieler großer Unternehmen an, so auch die von Instagram. Eine englische Rechtsanwältin hat sich den Text vor einer Weile genauer angesehen und für Kinder und Jugendliche verständlich zusammengefasst. Wir haben dies zum Anlass genommen und es ihr gleichgetan: für die Amazon-AGB, mit denen viele unserer Leser wohl schon einmal mittel- oder unmittelbar zu tun gehabt haben. 

Tausende von Kunden bestellen täglich bei Amazon. Die AGB lesen wird jedoch auch kaum einer von ihnen. Verständlich, denn wer das überstehen will, braucht viel Geduld, einen langen Atem und eine gute Brille. Die Amazon AGB bestehen aktuell aus über 6000 Wörtern und knapp 48.000 Zeichen. Zusätzlich müssen Teilnahmebedingungen mit 7.000 Wörtern und Datenschutzrichtlinien mit mehr als 3.000 Wörtern beachtet werden. In den Datenschutzhinweisen verwendet Amazon einen Satz, der aus 130 Wörtern und 12 Zeilen besteht. Wirklich übermäßig erklärt und belehrt wird jedoch, anders als die Textlänge vermuten lässt, gar nicht.

Leser brauchen einen langen Atem

„Bitte beachten Sie, dass wir sämtliche Produkte nur in haushaltsüblichen Mengen verkaufen. Dies bezieht sich sowohl auf die Anzahl der bestellten Produkte im Rahmen einer Bestellung als auch auf die Aufgabe mehrerer Bestellungen desselben Produkts, bei denen die einzelnen Bestellungen eine haushaltsübliche Menge umfassen.“ Ein Satz, der weder schwer, noch unverständlich ist. Dennoch sagt er nicht mehr aus, als „Du darfst nicht hamstern. Wir verkaufen dir nur so viel wie du und deine Familie wirklich brauchen.“

Endgültig im digitalen Zeitalter angekommen, scheint Amazon mit dieser Klausel:

Wenn Sie einen Amazon Service nutzen oder E-Mails, Textnachrichten oder andere Mitteilungen von Ihrem Computer oder Ihrem mobilen Gerät an uns senden, kommunizieren Sie mit uns elektronisch. Wir werden mit Ihnen auf verschiedene Art und Weise elektronisch kommunizieren, z.B. über E-Mail, Textnachrichten, In-App Push Nachrichten oder auch durch die Veröffentlichung elektronischer Nachrichten oder sonstiger Kommunikation auf unserer Webseite oder im Rahmen anderer Amazon Services, wie etwa dem Message Center. Für vertragliche Zwecke stimmen Sie zu, elektronische Kommunikation von uns zu erhalten und Sie stimmen zu, dass alle Zustimmungen, Benachrichtigungen, Veröffentlichungen und andere Kommunikation, die wir Ihnen elektronisch mitteilen insofern keine Schriftform erfordern, es sei denn zwingend anzuwendende gesetzliche Vorschriften erfordern eine andere Form der Kommunikation.“ Auf der Webseite konnten wir an keiner Stelle eine Telefonnummer finden. Nutzen können daher nur davon ausgehen, dass die Kommunikation mit Amazon ausschließlich elektronisch stattfindet.

Wenn es aber wirklich ans Eingemachte geht, beispielsweise um den Umgang mit den Kundendaten, werden die rechtlichen Ausführungen zwar ausführlicher, aber nicht automatisch klärender. „Wir behalten uns das Recht vor, bei Dritten (z. B. Versandhändlern, Kreditauskunfteien) Auskünfte über Ihr Zahlungsverhalten einzuholen, um Ihnen bestimmte Zahlungsmöglichkeiten (z. B. Rechnungskauf) oder andere Finanzdienstleistungen anzubieten.“ Kunden sind sicher interessiert, welche anderen Quellen das genau sind und wovon die Entscheidung abhängt.

Übersetzung der Amazon-Bedingungen für Normalsterbliche

Beim Online-Shopping soll es vor allem schnell und einfach zugehen. Durch die seitenlangen Ausführungen sieht selbst der strebsamste Jurist irgendwann nicht mehr durch. Was steht also wirklich drin, in den Amazon-Bedingungen? Nachfolgend eine Zusammenfassung auf die zehn wichtigsten Punkte:

  1. Wenn du ein Konto bei Amazon hast, musst du darauf achten, dass es sicher ist: Es ist verboten, dein Passwort deinen Freunden zu verraten.
  2. Amazon kann deine Registrierung „nach freiem Ermessen“ zurückzuweisen.
  3. Mitgliedskonten können auch geschlossen werden, wenn du gegen das Gesetz oder unsere Hausordnung verstößt.
  4. Kein Verkauf an Kinder oder Teenies. Sie müssen vorher die Erlaubnis ihrer Eltern haben, um auf Amazon zu shoppen.
  5. Zwei Wochen kannst du dir überlegen, ob du deine Bestellung behalten willst. Danach musst du sie selbst zurückschicken. Wenn du für weniger als 40 Euro eingekauft hast, musst du die Briefmarken bezahlen. Ab und zu bietet Amazon dir eine 30-Tage Rückgabegarantie an.
  6. Alle Infos zur Verfügbarkeit, Versand oder Zustellung eines Produktes sind nur ungefähre Angaben und ungefähre Richtwerte. Achte darauf, dass der Briefträger durch dein Treppenhaus passt.
  7. Alles was du bei Amazon einstellst, gehört uns. Wir dürfen es nutzen, vervielfältigen, ändern, bearbeiten und veröffentlichen. Auf der ganzen Welt. In allen Medien. Wir bezahlen dir dafür nichts.
  8. Mit Amazon Services darfst du nicht betrügen oder krumme Dinger drehen. Wenn wir den Verdacht haben, dass du kriminelle Sachen machst, leiten wir deine Daten an unsere Brüder weiter. Oder an die Ermittlungsbehörden.
  9. Wenn wir irgendwie sonst etwas Interessantes über dich herausfinden, dann notieren wir uns das „gelegentlich“ in deinem Kundenkonto.
  10. Es gilt luxemburgisches Recht.

Amazon hat sich noch nicht durchringen können, wichtige Informationen auf ein Mindestmaß zu kürzen und Überflüssiges gänzlich wegzulassen. Wie die Welt-Zeitung berichtet, hat Amazon auf Anfrage aber mitgeteilt, bereits auf Verständlichkeit geachtet zu haben. Den Satz von 130 Wörtern wolle man sich aber nochmal genauer ansehen.

Generell ist es wünschenswert, dass Rechtstexte (im Internet) nicht mit immer neuen Informationspflichten aufgebläht werden, sondern mehr Transparenz und Übersichtlichkeit Einzug erhält. Hier ist auch der europäische Gesetzgeber gefragt, Informationspflichten wieder abzuschaffen. Warum auch, wenn sie keiner liest – außer den Abmahnern?!