Verbrauchern steht bei online abgeschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht zu – und das schöpfen sie auch gerne aus. Deshalb müssen sich Online-Händler mit dem Thema gesetzlicher Widerruf und Widerrufsrecht auskennen. Wir zeigen an unserem fiktiven Online-Händler Torsten Köhler, dass Online-Händler immer noch Nachholbedarf haben, wenn es um die komplizierten rechtlichen Fragestellungen beim Widerrufsrecht geht.

FAQ
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Frage 1: Wie muss der Kunde den Widerruf erklären?

„Hallo Herr Köhler, ich möchte die Software nicht behalten. Bitte senden Sie mir ein Retourenlabel und erstatten mir den Kaufpreis. Danke! Mit freundlichen Grüßen, A. Müller“. Solche oder ähnliche Anfragen erhalten Online-Händler immer wieder und über alle möglichen Wege. Zunächst muss unser Händler Torsten Köhler herausfinden, ob der Widerruf auf dem richtigen Wege eingegangen ist.

Frau Müller hat die Nachricht schnell über das Kontaktformular im Online-Shop getippt und versendet. Torsten Köhler ist bisher davon ausgegangen, dass nur eine Rücksendung der Waren als solches als Widerruf akzeptiert wird.

Hier die Aufklärung: Der Widerruf muss durch irgendeine Erklärung gegenüber dem Unternehmer erfolgen. Aus der Kontaktaufnahme muss der Wille zum Widerruf eindeutig hervorgehen. Der Widerruf ist also möglich durch Brief, Fax, E-Mail, Benutzung und Zusendung des ausgefüllten Muster-Widerrufsformulars (z. B. per Brief, Fax, E-Mail), Ausfüllen und Übersenden eines elektronischen Widerrufsformulars auf der Webseite oder durch Anruf.

Möglich ist auch eine entsprechende andere eindeutige Erklärung, aus der der Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgeht. Das kann beispielsweise eine Nachricht über WhatsApp oder eine SMS sein. Widerruf und Rücksendung als solches können auch kombiniert werden (z. B. Widerrufsformular im Paket), müssen es aber nicht. 

Frage 2: Hat der Kunde die Frist eingehalten?

Steht die Art und Weise des Widerrufs fest, muss der Händler klären, ob dieser auch fristgemäß eingereicht wurde. Fristproblematiken treffen Händler in allen Lebenslagen, sei es die Berechnung von Zahlungsfristen, Gewährleistungsfristen oder Verjährungsfristen. Mit den Grundregeln kann sich auch Torsten Köhler ganz leicht errechnen, wie lange der Kunde Zeit zum Widerruf hat. 

Die Widerrufsfrist beginnt beim Verkauf von Waren, sobald der Verbraucher die Ware erhalten hat. Ein Blick in die Sendungsverfolgung hilft daher zu berechnen, wann die Frist beginnt. Torsten Köhler findet dies mit wenigen Klicks heraus, es war der 20. Juli 2017. Die Frist beginnt am darauffolgenden Tag, also am 21. Juli 2017.

Torsten Köhler gewährt Kunden eine 14-tägige Bedenkzeit für Retouren. Die Frist endet also nach 14 Tagen, somit am 3. August 2017 um 23.59 Uhr. Das Beispiel zeigt daher, Frau Müller war noch rechtzeitig mit ihrem heutigen Widerruf.

Frage 3: Widerruf bei Software? Geht das? 

Die Kundin Frau Müller hat in unserm fiktiven Fall Software bestellt, d. h. eine CD mit Umverpackung, die sie zugesendet bekommen hat. Torsten Köhler hat schon den richtigen Riecher, wenn es um die Verweigerung des Widerrufsrechts geht. Hier die Aufklärung: Das Gesetz räumt zwar für bestellte Software generell ein Widerrufsrecht ein. Dieses eingeräumte Widerrufsrecht kann jedoch wieder entfallen, wenn sich die Software in einer versiegelten Packung befindet und diese Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Torsten Köhler schöpft schon Hoffnung, weil er die Software vielleicht nicht zurücknehmen muss. Der Gedanken muss jedoch zu Ende gedacht werden: Um die Software herum war zwar eine Schutzverpackung angebracht. Eine solche Cellophanhülle stellt jedoch kein Siegel dar. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit der Versiegelung ein Hinweis auf den Ausschluss des Widerrufsrechts angebracht wäre (OLG Hamm, Urteil vom 30.3.2010, Az.: 4 U 212/09). Auf diesen Grund kann sich Torsten Köhler daher nicht berufen, weil er nur die handelsübliche Folie verwendet. Er muss die Software daher zurücknehmen.

Frage 4: Muss ein Retourenlabel geschickt werden?

Torsten Köhler findet sich also wohl oder übel damit ab, dass der Kunde seine Software wieder bekommt. Er ist sich jedoch nicht sicher, ob er dafür auch noch zahlen muss. Das Gesetz will jedoch seit nunmehr über drei Jahren, dass der Käufer die Rücksendkosten zahlt, wenn er sich gegen die Ware entscheidet.

Gute Nachrichten. Torsten Köhler ist hiervon in seiner Widerrufsbelehrung auch nicht abgewichen, weil er als kleiner Händler die zahlreichen Retouren nicht stemmen könnte. Er muss Frau Müller daher kein Retourenlabel schicken. Sie muss sich also selber um die Rücksendung kümmern und die Kosten bei einem Paketdienstleister ihrer Wahl zahlen.

Frage 5: Wie lange hat Frau Müller Zeit für die Rücksendung?

Torsten Köhler hat Frau Müller die Auskunft zur Rücksendung mitgeteilt, aber bisher ist bei ihm nichts eingegangen. Einen Kaufinteressenten für Software muss er daher vertrösten, bis die Ware wieder eingetroffen ist.

Frau Müller ist gesetzlich verpflichtet, die Software ohne unnötige Verzögerung und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab ihrem Widerruf zurückzusenden. Da der Widerruf gerade erst mitgeteilt wurde, muss sich Torsten Köhler noch etwas gedulden, bis er die Ware an einen neuen Kunden verkaufen kann.

Frage 6: Ganz schön teuer: Unfreie Rücksendungen müssen nicht akzeptiert werden?

Endlich trifft die Rücksendung wieder im Lager des Online-Shops ein. Frau Müller wollte sich offensichtlich nicht mit den Rücksendekosten abfinden und hat die Software unfrei zurückgesendet. Der Postbote will daher von unserem Online-Händler Torsten Köhler 15 Euro an der Tür, bevor er ihm das Paket aushändigt. Er will sich nicht so recht damit abfinden, muss aber letztendlich nachgeben.

Torsten Köhler ist rechtlich zunächst verpflichtet, auch die unfreie Rücksendung von Frau Müller anzunehmen. Die 15 Euro, die ihm für die unfreie Rücksendung entstanden sind, kann er jedoch später vom Kaufpreis abziehen.

Update vom 27.07.2017: Das Entgelt für eine unfreie Rücksendung bei DHL beträgt nunmehr 18 Euro.

 

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