Besonders bei der Warenannahme haben die Händler im Verhältnis zum Verbraucher oft das Nachsehen, weil Recht und Gesetz Verbraucher weitestgehend vor Ausfällen schützen. Doch auch Händler selbst sind Empfänger von großen Warenlieferungen vom Hersteller oder Großlieferanten. Kennen Sie eigentlich Ihre eigenen Rechte und Pflichten bei der Warenannahme?
Untersuchungspflicht bei Anlieferung
Verbraucher müssen die Ware bei Annahme nicht überprüfen, um ihre Ansprüche, etwa bei Transportschäden oder sonst mangelhafter Ware, nicht zu verlieren. Bei gewerblichen Einkäufen eines Online-Händlers sieht die Lage jedoch ganz anders aus.
Bei Anlieferung von Ware durch den Hersteller, Großhändler oder sonstigen Vertragspartner hat der Online-Händler die Ware unverzüglich zu untersuchen. Dies gilt insbesondere nicht nur für Schäden oder Fehler am Produkt. Der Empfänger muss auch der Frage nachgehen, ob alle bestellten Artikel in der Richtigen Stückzahl/Auführung etc. geliefert wurden. Bei großen Warenlieferungen können hierfür Stichproben genügen.
(Unverzügliche) Schadensanzeige beim Absender
Wenn sich ein Mangel zeigt, ist er dem Verkäufer unverzüglich zu melden. Abgesehen vom Grundsatz „Je eher, desto besser“ gibt es keine Faustformel, da sowohl das Auftragsvolumen, die Art der Produkte sowie die Betriebsgröße eine Rolle spielen. Offenkundige Mängel sind also schnellstmöglich zu melden, da hier keine nähere Prüfung notwendig ist. Schnell untersuchbare Ware oder schnell verderbliche Güter (Frischfisch, Schnittblumen) sollten am selben Tag oder innerhalb von wenigen Tagen untersucht und ggf. Anzeige erstattet werden.
Komplizierte technische Geräte oder Waren, die im Labor untersucht werden müssen, dürfen für die Prüfung mehr Zeit in Anspruch nehmen. Beispiel: Es gibt immer wieder Fälle, in denen sich Kaschmir-Produkte später als Textilien ohne Kaschmir oder mit Mischgewebe herausstellen. Bei Zweifeln sollte eine Stichprobe ins Labor gesendet werden. Hier dürfen natürliche längere Untersuchungszeiten in Anspruch genommen werden.
Für die Schadensanzeige ist zwar keine besondere Form vorgeschrieben, allein zu Beweiszwecken sollte auf schriftliche Meldungen zurückgegriffen werden.
Rechtsfolgen
Unterlässt der Online-Händler die Prüfung der Ware auf ihren Zustand oder vergisst die rechtzeitige Meldung beim Versender, gilt die Ware als „genehmigt“, d.h, als einwandfrei angenommen. Er kann später keine Mängel an der Ware mehr beanstanden.
Ausnahmen sind natürlich Mängel, die bei der Untersuchung nicht erkennbar waren. Herstellungsfehler bei elektronischen Produkten oder Materialfehler bei Kleidung beispielsweise zeigen sich erst viel später und der Händler hätte sie weder bei einer stichprobenartigen, noch bei einer ausführlichen Prüfung entdeckt. Zeigt sich später solch ein Mangel, so muss die Schadensanzeige ebenfalls unverzüglich nach der Entdeckung nachgeholt werden; anderenfalls gilt die Ware wiederum als genehmigt und der Händler kann sich nicht mehr auf den Mangel berufen.
Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt es natürlich ebenfalls, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat (und beispielsweise absichtlich Plagiate verkauft wurden, was der Händler nicht erkennen konnte).
Hintergrund
Diese Untersuchungs- und Meldepflicht soll den Verkäufer im schnelllebigen Handelsgeschäft vor einer späten Inanspruchnahme wegen Mängeln schützen, die mit Ablauf der Zeit immer schwerer feststellbar sind. Dadurch soll die Unkompliziertheit und Geschwindigkeit des Handelsverkehrs gewährleistet werden. Die Uhren ticken im B2B-Geschäft also noch etwas anders, sprich schneller. Während Verbraucher ihre Rechte bei Mängeln bis zu zwei Jahre behalten, müssen Händler schneller reagieren.
Einschränkung durch AGB-Regelungen
Auch eine gegebenenfalls in den AGB angegebene Frist zur Kontrolle und unverzüglichen Rüge ist anders als gegenüber einem Verbraucher möglich und üblich. Ein Blick in die eigenen AGB und die des Vertragspartners bringt möglicherweise abweichende Vorschriften zum Vorschein. Klauseln, die strenger sind als die gesetzlichen Vorschriften, können aber unwirksam sein (z. B. wenn sie zum Ausschluss jeder Haftung für verborgene Mängel führt).
Besonderheit: Transportschäden
Abgesehen von Schäden, die bereits bei der Konstruktion, Herstellung oder Verpackung auftreten, kann es auch zu Transportschäden kommen. Während bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern das Risiko von Schäden und Verlusten (sog. Transportrisiko) grundsätzlich beim Händler liegt, greift bei der Versendung im B2B-Bereich eine andere Vorschrift, laut der das Transportrisiko auf den Käufer übergeht, „sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat.“
Demnach kann der gewerbliche Käufer keinen Ersatz vom Verkäufer verlangen, wenn die Ware auf dem Transportweg Schaden nimmt. Ist nicht klar, ob der Schaden auf dem Transport oder vorher entstanden ist, sollte die Schadensmeldung allein zur Absicherung der Rechte trotzdem stattfinden. Im Nachgang muss dann geklärt werden, wer den Schaden verursacht hat und dafür aufkommen muss.
Fazit
Anders als bei der späteren Auslieferung an den Kunden, treffen die Großlieferungen vom Hersteller oder Zulieferer in geballter Masse ein. Je größer die Menge, desto höher auch der Wert der Waren. Wer seine Lieferungen nicht rechtzeitig kontrolliert und Schäden meldet, kann also erhebliche finanzielle Schäden erleiden.
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