Ob es ein Online-Shop ohne Impressum ist, rufschädigende Bewertungen oder der Bilderklau in einem anonymen Social-Media-Account ist – die digitale Welt bietet vielen schwarzen Schafen Schutz und Abmahnungen lassen sich nicht immer vermeiden. Doch was tun, wenn man eine nötige und berechtigte Abmahnung aussprechen möchte, aber man sein Gegenüber gar nicht kennt, weil weder Klarname noch Adresse bekannt sind? Ohne eine ladungsfähige Anschrift wird es kompliziert. In diesem Beitrag erfährst du, welche Wege es gibt, um die Identität von anonymen oder falsch auftretenden Akteuren aufzudecken – und wo die rechtlichen Grenzen liegen.
Eine Abmahnung ohne Empfänger
Im Wettbewerbsrecht sind Abmahnungen ein wichtiges Instrument, um unlauteres Verhalten zu unterbinden und deinen Umsatz zu retten. Aber auch strafbare Taten erfordern schnelles Handeln. Die Durchsetzung von Ansprüchen und die Beseitigung von Rechtsverletzungen ist ohne eine ladungsfähige Anschrift oft schwierig. Nun zeigen wir verschiedene Wege auf, wie man an die notwendige Adresse gelangen kann.
- Überprüfung der Domain-Inhaberschaft (DENIC & Co.)
Eine erste Anlaufstelle kann die Recherche nach dem Domain-Inhaber sein. Bei .de-Domains kann über die DENIC-Abfrage geprüft werden, auf wen eine Domain registriert ist. Allerdings sind persönliche Daten nicht immer öffentlich einsehbar. Bei ausländischen Domains können alternative WHOIS-Dienste hilfreich sein, wobei Datenschutzbestimmungen den Zugriff auf solche Daten oft einschränken. - Gewerbeamt oder Handelsregister prüfen
Falls ein Unternehmen involviert ist, kann eine Recherche beim Handelsregister, Gewerbeamt oder Deutschen Patent- und Markenamt die Anschrift liefern, soweit beispielsweise der Firmenname oder eine Marke bekannt ist. Bei Einzelfirmen und Kleinunternehmern ist dies jedoch schwieriger, da sie nicht immer registriert sind. - Anfrage bei Plattformbetreibern und sozialen Netzwerken
Online-Marktplätze, soziale Netzwerke und Bewertungsportale speichern oft Informationen zu ihren Nutzern. Aber: Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verpflichtet Plattformen wie YouTube, Facebook oder Twitter lediglich, strafbare Inhalte schneller zu löschen. Allerdings regelt es nicht direkt die Herausgabe von Nutzerdaten an Privatpersonen oder Unternehmen. YouTube oder andere Plattformen dürfen personenbezogene Daten gar nicht einfach so herausgeben – auch nicht bei Urheberrechtsverstößen oder anderen Verstößen. Hier greifen Datenschutzvorschriften wie die DSGVO, die eine Weitergabe ohne gesetzliche Grundlage verbieten. Plattformen sind in der Regel erst verpflichtet, Daten herauszugeben, wenn eine gerichtliche Anordnung vorliegt, was wiederum viel Zeit kostet und hohe Kosten verursacht.
Im Bereich einer Wettbewerbsverletzung kann es im Einzelfall schon helfen, wenn man den Rechtsverstoß meldet und damit eine eigene Abmahnung überflüssig macht. Viele Plattformen wie Ebay, Amazon oder Google haben eigene Richtlinien gegen unlauteren Wettbewerb. Es kann also zielführend sein, eine Verstoßmeldung über das interne Beschwerdesystem einzureichen. Allerdings geben Plattformen auch hier keine personenbezogenen Daten heraus, sondern beenden bestenfalls den Verstoß. - Testbestellung als Mittel zur Adressermittlung
Wenn es sich um einen Online-Shop handelt, kann eine Testbestellung eine Möglichkeit sein, um an eine Adresse zu gelangen. Spätestens bei der Rechnungsstellung oder Lieferung wird die Anschrift des Verkäufers ersichtlich werden. Dies ist ein weit verbreitetes Vorgehen bei scheinprivaten Verkäufern, die beispielsweise bei Ebay oder Vinted verkaufen. Eine Testbestellung sollte sorgfältig dokumentiert werden, um später als Beweismittel dienen zu können. Die Kosten hierfür können bei der späteren Abmahnung mit in Rechnung gestellt werden. Manchmal reicht auch eine einfache Anfrage als potenzieller Kunde, um eine Adresse herauszubekommen. - Gerichtliche Hilfe und Strafverfolgungsbehörden
Manchmal muss man jedoch gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wie bereits erwähnt, geben Plattformen wie Google oder Facebook Daten nur heraus, wenn ein gerichtlicher Beschluss vorliegt. Ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung oder eine Auskunftsklage nach § 101 UrhG (Urheberrechtsgesetz) gegen die Plattform ist das letzte, manchmal aber auch das einzige Mittel, um an die Daten des künftigen Abgemahnten zu kommen. Nach § 242 BGB kann alternativ ein Auskunftsanspruch gegen die Plattform bestehen, wenn ein legitimes rechtliches Interesse nachgewiesen wird.
Bei strafrechtlich relevanten Äußerungen wie Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede wird hingegen eine Anzeige bei der Polizei dazu führen, dass die Ermittlungsbehörden eine Identifizierung vornehmen. Dies gilt jedoch nur für strafbare Inhalte, nicht für allgemeine wettbewerbsrechtliche Verstöße.
Vorgehen gegen Anonyme ist schwierig, aber nicht unmöglich
Die Identifizierung von anonym agierenden Personen ist oft eine Herausforderung. Während Testbestellungen und Domain-Recherchen erste Anhaltspunkte liefern können, führt manchmal kein Weg an einer gerichtlichen oder behördlichen Unterstützung vorbei. Wer eine Abmahnung aussprechen möchte, sollte sich bewusst sein, dass nicht immer ein schneller Erfolg möglich ist und rechtliche Schritte wohlüberlegt sein sollten.
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