Sind die Abmahnungen zur E-Mail-Werbung rechtsmissbräuchlich?

Veröffentlicht: 22.10.2025
imgAktualisierung: 22.10.2025
Geschrieben von: Hanna Hillnhütter
Lesezeit: ca. 3 Min.
22.10.2025
img 22.10.2025
ca. 3 Min.
Laptop mit Werbe-E-Mail
Erstellt mit ChatGPT
Die Abmahnungen wegen E-Mail-Werbung häufen sich in letzter Zeit. Viele kommen vom selben Absender. Wann liegt Rechtsmissbrauch vor?


Immer häufiger werden Händler:innen wegen versandter Werbe-E-Mails abgemahnt. E-Mails, die Werbung enthalten, dürfen nur dann versendet werden, wenn vorher eine Einwilligung vorliegt. Eine Ausnahme dazu stellt lediglich die Bestandskundenwerbung dar. Abmahnungen wegen versandter Werbe-E-Mails sind schnell versendet und risikoarm durchzusetzen.

Bei den Abmahnungen, die uns vorliegen, häufen sich einige Absenderkanzleien immer wieder. Zum Teil vertreten sie Unternehmen und Verbraucher:innen, manche Anwälte vertreten sich allerdings auch selbst, wenn sie eine Werbe-E-Mail ohne Einwilligung zugesendet bekommen. Es scheint fast so, als hätten manche Kanzleien ein Geschäftsmodell auf diesen Abmahnungen aufgebaut. Einige erinnert das an die Abmahnwelle zu Google Fonts, die vor rund zwei Jahren vielen Webseiten-Betreiber:innen zum Verhängnis wurde. In diesem Fall muss inzwischen der Europäische Gerichtshof entscheiden, ob die Abmahnungen berechtigt waren. 

Werbung ohne Einwilligung stellt Abmahngrund dar

Die Rechtslage ist zunächst relativ eindeutig: Werbung, die ungefragt per E-Mail versendet wird, stellt eine unzumutbare Belästigung dar. Händler:innen können daraufhin abgemahnt werden und zur Unterlassung aufgefordert werden. Wird diese E-Mail an ein Unternehmen versendet, kann zusätzlich ein Eingriff in den ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegen. Abmahnungen, die wegen einer E-Mail ohne Einwilligung versendet werden, sind also in der Regel begründet. 

Ein Rechtsmissbrauch liegt auch nicht allein darin, dass eine Kanzlei sich auf diese Fälle spezialisiert hat und gezielt nach Mandantschaft sucht, denen eine solche E-Mail zugesendet wurde. Auch die Tatsache, dass einige Anwälte sich selbst vertreten, nachdem sie eine unerwünschte E-Mail erhalten haben, stellt noch kein Problem dar. 

Abmahnungen selbst provozieren

Die zahlreichen Abmahnungen wegen der Nutzung von Google Fonts stehen deswegen im Verdacht rechtsmissbräuchlich zu sein, weil die Abmahner hier gezielt Webseiten aufgesucht haben, die Google Fonts nutzen, um diese dann abzumahnen. Hier stand ein Rechtsmissbrauch deshalb im Raum, weil die Abmahner den Verstoß selbst provoziert hätten, um dann Geld von den Webseiten-Betreiber:innen zu fordern.

Bei unerwünschten Werbe-E-Mails läge ein ähnliches Verhalten dann vor, wenn gezielt Bestellungen in Online-Shops vorgenommen werden würden, mit dem Wissen und der Absicht, dass diese eine Werbe-E-Mail ohne Einwilligung versenden, um dieses Verhalten abzumahnen. Bisher liegen allerdings keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in den Fällen der Abmahnungen so vorgegangen wird. 

Schadensersatzanspruch nicht immer begründet

Allerdings hat der Bundesgerichtshof Anfang des Jahres klargestellt, dass eine unerwünschte Werbe-E-Mail nicht grundsätzlich auch einen Schadensersatzanspruch nach der DSGVO nach sich zieht (28.01.2025, Az.: VI ZR 109/23). Ein immaterieller Schaden, der einen Schadensersatzanspruch geltend macht, muss hier im Einzelfall vom Betroffenen begründet werden.

Ein pauschal geforderter Schadensersatz bei einer versendeten E-Mail muss daher gut begründet sein. 

Das sollten Händler:innen bei Erhalt einer Abmahnung machen

Händler:innen, die eine Abmahnung wegen einer unerwünschten Werbe-E-Mail erhalten haben, sollten diese auf keinen Fall ignorieren. Im ersten Schritt sollte überprüft werden, ob tatsächlich keine Einwilligung vorlag. Daher sollten Shop-Betreiber:innen Einwilligungen immer gut dokumentieren und aufbewahren. Wenn tatsächlich keine Einwilligung vorliegt, könnte noch eine Ausnahme der Bestandskundenwerbung in Betracht kommen.

Händler:innen sollten auf keinen Fall vorschnell eine Unterlassungserklärung unterzeichnen oder einen Geldbetrag zahlen. Im besten Fall sollte die Abmahnung von Jurist:innen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.
 

Veröffentlicht: 22.10.2025
img Letzte Aktualisierung: 22.10.2025
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Hanna Hillnhütter

Hanna Hillnhütter

Hanna hat die juristischen Entwicklungen im Blick – mit Fokus auf Abmahnungen, Wettbewerbsrecht und aktuelle EU-Verordnungen.

KOMMENTARE
1 Kommentare
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Boris Hundsdorf
29.10.2025

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Wieder ein Freibrief aus Brüssel, dass gelangweilte Anwälte für nichts Geld abziehen können. Auch wir sind "Opfer" dieses "Geschäftsmodells" geworden. Unser Anwalt konnten den Schadensanspruch von € 300 ablehnen, da der "Gechädigte" kein wirklichen Schaden erlitten hat. Am Schluss verdient nur der armseelige Abmahnanwalt € 330,00, dessen "Kosten" nicht verhandelbar sind. Wenn ich für jede unaufgeforderte Mail € 300 bekommen würde, wäre das ein schöner Nebenerwerb. Ich wäre erstmal für eine Unterlassungsaufforderung (kostenfrei) - im Wiederholungsfall kostets dann halt Geld.