DHL will mit dem seinem GoGreen Plus-Programm die eigene Logistik nachhaltiger gestalten und ab dem 1. Juli 2025 standardmäßig alle Geschäftskundenverträge integrieren. Die Idee: Durch Investitionen in klimafreundliche Transportmittel – wie Elektrofahrzeuge oder nachhaltigen Flugkraftstoff – sollen CO₂-Emissionen vermieden werden. Der Haken: Die Umstellung erfolgt automatisch. Geschäftskunden müssen aktiv widersprechen, um den Zuschlag nicht zahlen zu müssen. Für viele Online-Händler ist das eine fragwürdige Praxis, die im Verbraucherbereich sofort als Abofalle abgeschmettert worden wäre. Das schreit nach einer juristischen Einordnung.
Versteckte Mehrkosten durch „Opt-out“-Prinzip
Der zusätzliche Betrag – häufig zwischen sieben und 15 Cent pro Sendung oder als monatliche Pauschale – erscheint zwar gering, kann sich bei großen Versandvolumen jedoch schnell summieren. Mit der voreingestellten Option „ermöglichen wir unseren Kunden, die in vielfältiger Weise ebenfalls bestrebt sind, nachhaltigere Lösungen auch bei sich zu verankern, unseren Service zu nutzen und ihre CO2e-Emissionen im nationalen Warenversand mit DHL zu reduzieren. Gleichzeitig respektieren wir die Entscheidungen einzelner Kunden, die diesen Weg nicht einschlagen möchten“, teilte ein Unternehmenssprecher der Redaktion auf Nachfrage mit.
Die Kritik an dem Vorgehen von DHL kommt daher nicht von ungefähr. Zwar informiert der Logistiker über die Einführung und bietet Möglichkeiten zur Deaktivierung im Geschäftskundenportal – doch die Voreinstellung bedeutet auch: Wer nichts tut, zahlt.
Diese Form des sogenannten Opt-outs erinnert viele an klassische Abo-Fallen, etwa bei Gebührenerhöhungen von Banken oder durch Streamingdienste. Dass der Zuschlag ohne explizite Zustimmung aktiviert wird, stößt dabei jedoch auch in B2B-Bereich rechtlich an seine Grenzen.
Trotz gewerblicher Geschäftsbeziehung vertragsrechtlich bedenklich
Auch wenn im Geschäftsverkehr zwischen zwei Unternehmen nicht dieselben strengen Schutzvorschriften gelten wie im Verbraucherrecht, bedeutet das nicht, dass Anbieter Vertragsbedingungen nach Belieben ändern dürfen. Grundsätzlich bedarf eine Änderung eines bestehenden Vertrages eines Einverständnisses.
Eine einseitige Einführung eines kostenpflichtigen Zusatzprodukts ohne ausdrückliche Zustimmung ist im B2B-Bereich außerdem dann zulässig, wenn dies durch eine klare und vorher vereinbarte Vertragsklausel (ein sogenannter „Änderungsvorbehalt“) gedeckt ist. DHL teilt auf Nachfrage mit, dass man sich auf § 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen des Geschäftskundenvertrages berufe, in welchem geregelt sei, dass DHL seinen Kunden Leistungsänderungen oder auch -erweiterungen entsprechend anzeige. Dies sei im Rahmen des Kundenanschreibens erfolgt. Eine rechtliche Prüfung dieser Klausel ist damit nichtsdestotrotz nötig.
Wenn ein Vertrag ausdrücklich eine Klausel enthält, die dem Anbieter erlaubt, Leistungen oder Preise unter bestimmten Bedingungen einseitig zu ändern, kann eine stillschweigende Zustimmung im Einzelfall zulässig sein – wenn:
- die Klausel klar und transparent formuliert ist (keine versteckten Preisanpassungen),
- dem Kunden ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird, und
- er rechtzeitig und eindeutig über die Änderung und die Folgen des Schweigens informiert wird.
Aber auch mit einer entsprechenden Vertragsklausel durch die DHL-Verträge gibt es also keinen unmittelbaren Freifahrtschein. Das AGB-Recht fordert auch im unternehmerischen Verkehr Transparenz und Zumutbarkeit. Eine Klausel, die nicht klar erkennen lässt, wann und wie neue Kosten entstehen, kann unwirksam sein. Zudem kann beispielsweise die Widerspruchsmöglichkeit als nicht wirklich händlerfreundlich und praxistauglich bewertet werden. Einige Händler haben die Nachricht erst so spät erhalten, dass eine Kündigung zu Ende Juni eine ganz knappe Kiste war.
Gerade in Vertragsverhältnissen auf Augenhöhe sollten neue Kosten ohnehin niemals automatisch entstehen, sondern nur auf Basis klarer und freiwilliger Zustimmung. Aber das steht auf einem anderen Blatt.
Was betroffene Händler tun können
Für Geschäftskunden, die sich gegen die automatische Aktivierung von GoGreen Plus wehren möchten, ist schnelles Handeln gefragt. Die Deaktivierung ist unter anderem über das Geschäftskundenportal möglich. Wer die rechtzeitige Umstellung verpasst, dies aber als unzulässige Vertragsänderung ansieht, sollte trotzdem noch einmal schriftlich widersprechen und eine rechtliche Prüfung veranlassen.
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vielen Dank für deine Nachricht. Das OHN-Team hatte rund um die Deaktivierung bereits einen eigenen Artikel geschrieben. Diesen findest du hier: DHL GoGreen Plus: Wie können Geschäftskunden die automatische Buchung deaktivieren?
Wir haben den Beitrag außerdem zusätzlich nochmals im letzten Abschnitt verlinkt – vielen Dank für den Hinweis. Viele Grüße die Redaktion
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