Ein Kunde bestellt eine Tintenpatrone – geliefert wird ein Dreier-Blister. Eine Kundin wartet auf ein USB-Kabel – und bekommt stattdessen eine Tastatur. Ein anderer bestellt ein Handy und bekommt – Steine. So kurios das klingt, in der Welt von Amazon und Fulfillment by Amazon (FBA) sind solche Pannen nicht auszuschließen. Die Ursachen reichen von fehlerhaften Einbuchungen im Lager über menschliches Versagen beim Verpacken bis hin zu Zugriffen in der Lieferkette. Doch während sich Kunden vielleicht über das Extra freuen, beginnt für den Händler oft ein wirtschaftlicher Drahtseilakt.
FBA: Komfort mit Risiken
Für viele Online-Händler ist Amazon FBA eine wertvolle Unterstützung: Die Plattform übernimmt Lagerung, Versand und sogar Teile des Kundenservice. Doch sobald es zu Fehllieferungen kommt, müssen Händler wachsam sein. Denn auch wenn Amazon viele Prozesse automatisiert und erleichtert, liegt die Verantwortung für korrekte Liefermengen letztlich beim Anbieter.
Ein klassischer Fall: Ein Händler liefert eine Palette mit 1.000 Druckerpatronen ins Amazon-Lager. Dort wird die Ware eingebucht – doch durch einen menschlichen oder systembedingten Fehler landet ein ganzer Karton im falschen Fach. Plötzlich erhält ein Kunde nicht eine Patrone, sondern 50. Die Chancen, dass sich dieser meldet, sind gering. Viel wahrscheinlicher findet man den Überschuss dann in den einschlägigen Kleinanzeigen-Portalen.
Zu viel geliefert, behalten oder melden?
Daher schauen wir uns zunächst einmal die andere Seite an – die Seite derjenigen, die von solchen Pannen profitieren (könnten). Man bestellt eine Druckerpatrone und bekommt gleich drei. Oder es liegt plötzlich ein zweites Handy im Karton. Was nun? Viele Kundinnen und Kunden stehen dann vor der Frage: Soll ich mich kaputt freuen, dass ich den großen Hit gelandet habe? Darf ich das einfach behalten? Muss ich den Händler informieren? Oder mache ich mich sogar strafbar, wenn ich schweige?
Schauen wir ins Gesetz: Wer unbestellte Ware erhält, darf sie behalten. So regelt es das Bürgerliche Gesetzbuch in § 241a. Dieser Paragraf ist jedoch für unlautere Verkaufstricks gedacht, wie sie in der Vergangenheit passierten. Manche werden sich noch an unerbetene Warenproben oder Abo-Fallen erinnern können, die besonders in den 90ern ein großes Thema waren. Die Regel greift also nur dann, wenn die Lieferung tatsächlich unbestellt ist. Wer etwas zu viel geliefert bekommt, hat aber zumindest zuvor eine Bestellung getätigt. Wenn jemand ein Set Bettwäsche bestellt, aber zwei bekommt, handelt es sich nicht um eine klassische unbestellte Lieferung, sondern um eine sogenannte Zuviellieferung.
Kunden dürfen Zuviellieferung nicht behalten
Wer erkennt, dass er zu viel bekommen hat, sollte dem Verkäufer die Möglichkeit geben, den Fehler zu korrigieren. Ignoriert man die zu viel gelieferte Ware und nutzt sie in Kenntnis des Fehlers, kann das als ungerechtfertigte Bereicherung gewertet werden. Wird die Fehllieferung später – etwa bei einer Inventur – entdeckt, kann der Händler grundsätzlich eine Rückgabe oder Wertersatz verlangen. Auch ein Betrugsverdacht kann entstehen, wenn man aktiv versucht, den Fehler zu verschleiern und auf Nachfrage lügt. Fakt ist: In der Praxis wird selten jemand belangt, aber rein rechtlich darf man die Zuviellieferung nicht behalten.
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