Ab dem 28. Juni 2025 gilt in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Ziel des Gesetzes ist es, Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Alltag zu ermöglichen – insbesondere bei der Nutzung von Produkten und Dienstleistungen. Das betrifft auch viele Angebote im E-Commerce. Viele Verantwortliche fragen sich zu recht: Muss mein Sortiment wirklich barrierefrei sein? Gehören jetzt auch Kaffeevollautomaten oder Lichterketten zu den Produkten, die unter das neue Gesetz fallen? Die Antwort ist ganz klar: Nein. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz hat einen ganz bestimmten Anwendungsbereich – und der betrifft längst nicht alles, was online verkauft wird.
Welche Produkte sind betroffen?
Das BFSG betrifft alle Unternehmen, die bestimmte Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher anbieten – auch im Online-Handel. Im Gesetz ist hierzu genau geregelt, welche Produktgruppen barrierefrei gestaltet sein müssen. Die wichtigsten Kategorien gehen wir nun durch.
Hardwaresysteme für Universalrechner einschließlich der für diese Hardwaresysteme bestimmte Betriebssysteme
Damit sind digitale Geräte gemeint, die für eine Vielzahl von allgemeinen Rechen- und Kommunikationsaufgaben konzipiert sind und dem Nutzer über eine grafische Benutzeroberfläche ermöglichen, unterschiedliche Anwendungen auszuführen. Dazu gehören sowohl die physische Hardware (z. B. Prozessor, Eingabe-/Ausgabesysteme) als auch das darauf abgestimmte Betriebssystem, das die Steuerung, Verwaltung und Nutzung dieser Funktionen ermöglicht.
Beispiele:
- Desktop-PCs und Laptops (Windows-PCs, MacBooks, etc.)
- Tablets
- Smartphones
- Mini-PCs, Einplatinencomputer (wie z. B. Raspberry Pi)
- Betriebssysteme wie Windows, macOS, Linux, iOS, Android, Betriebssysteme für Tablets oder Hybridgeräte
Nicht betroffen:
- einzeln verkaufte Monitore oder Tastaturen
- in Verbraucherelektronik eingebettete Spezialcomputer (z. B. Smart-Kühlschränke mit Touchscreen)
- einzelne Komponenten mit spezifischen Funktionen wie Hauptplatinen oder Speicherchips
- Zubehör wie Handyhüllen oder Notebook-Taschen
Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die für Telekommunikationsdienste verwendet werden
Gemeint sind Geräte, mit denen Nutzer telefonieren, Nachrichten schreiben oder ins Internet gehen können. Diese Geräte müssen barrierefrei gestaltet sein, wenn sie an Verbraucher verkauft werden.
Beispiele:
- Mobiltelefone und Smartphones
- Router oder Modems
Nicht betroffen:
- reine Smart-TVs (reines TV-Streaming ist kein Telekommunikationsdienst, sie fallen in eine andere Kategorie)
- Babyphones, Funkgeräte oder Gegensprechanlagen, die im privaten WLAN betrieben werden
- Zubehör wie Handyhüllen
Diese Kategorie zeigt, wie schwer die Abgrenzung sein kann. Eine WLAN-Gegensprechanlage mit App kann nicht betroffen sein, wenn sie nur lokal funktioniert – oder sehr wohl betroffen, wenn sie z. B. über das Internet oder SIP-Telefonie mit öffentlichen Telekommunikationsdiensten kommuniziert.
Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden
Das sind Geräte, mit denen man aktiv Inhalte wie Filme, Serien oder Fernsehsendungen auswählt, abspielt und steuert – z. B. über Apps, Touchscreens oder Fernbedienungen. Diese Endgeräte müssen barrierefrei gestaltet sein, wenn sie für Verbraucher bestimmt sind.
Beispiele:
- Smart-TVs (z. B. mit vorinstallierten Apps wie Netflix, ARD Mediathek, YouTube etc.)
- Streaming-Boxen & Streaming-Sticks (z. B. Amazon Fire TV, Apple TV, Google Chromecast)
- Multimedia-Spielkonsolen mit Streaming-Funktion (z. B. PlayStation, Xbox)
- Set-Top-Boxen für Internet-TV (z. B. Telekom MagentaTV, Sky Q Box)
Nicht betroffen:
- Fernsehgeräte ohne interaktive Funktionen (z. B. einfache TVs ohne Internet oder App-Zugriff)
- Blu-ray/DVD-Player, die nur Medien abspielen, aber keinen Zugriff auf Streaming oder Mediatheken bieten
- Computer oder Tablets, die nur indirekt per Browser/Software auf Inhalte zugreifen (sie zählen zu einer anderen Kategorie, s. o.)
E-Book-Lesegeräte
Gemeint sind elektronische Geräte, die speziell dazu bestimmt sind, digitale Bücher (E-Books) darzustellen – und mit denen Verbraucher aktiv interagieren, d. h. blättern, markieren, Schriftgröße ändern oder Inhalte durchsuchen können.
Beispiele:
- Amazon Kindle (alle Varianten)
- Kobo E-Reader (Clara, Libra, Elipsa etc.)
- Tolino-Geräte
- Sonstige dedizierte Lesegeräte, die mit E-Ink-Displays arbeiten
Nicht betroffen:
- Tablets allgemein, bei denen das Lesen von E-Books nur eine Nebenfunktion darstellt (sie fallen unter die Universalrechner, s. o.)
- Reine PDF-Reader oder Notizgeräte, die keine dedizierte E-Book-Nutzung ermöglichen
- E-Book-Verkaufsplattformen und Lese-Software (sie fallen als Dienstleistung unter eine andere Kategorie)
Kommentar schreiben
Antworten
Ihre Antwort schreiben
Antworten
Ihre Antwort schreiben
Antworten
Ihre Antwort schreiben
die Tablets müssen nicht entsorgt werden. Das BFSG gilt für Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden. „Inverkehrbringen“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein Produkt zum ersten Mal auf dem Markt der Europäischen Union zum Verkauf oder zur Nutzung angeboten wird. Die Tablets dürfen daher noch abverkauft werden.
Beste Grüße
die Redaktion