Benutzte Ware muss nach einem Widerruf nicht zurückgenommen werden

Veröffentlicht: 18.09.2024
imgAktualisierung: 18.09.2024
Geschrieben von: Julia Petronis
Lesezeit: ca. 2 Min.
18.09.2024
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Fake oder Fakt?
Händlerbund
Die Kundschaft schickt Waren verdreckt oder beschädigt zurück. Müssen Händler:innen den Widerruf dennoch akzeptieren?


In unserer Reihe „Fake oder Fakt?“ beleuchten wir scheinbar eindeutige Rechtsbehauptungen und untersuchen, ob sie tatsächlich korrekt sind oder nur auf gängigen Missverständnissen beruhen. Auf unserem Instagram-Profil können unsere Follower miträtseln und sich direkt mit uns über das Thema austauschen.

Das bestellte Kleid passt leider nicht ganz oder die gelieferte Kaffeemaschine entspricht nicht den Erwartungen? Kein Problem! Denn schließlich steht der Kundschaft im Online-Handel ein Widerrufsrecht zu. Die Produkte werden also wieder verpackt und zurück zum Online-Händler oder der Online-Händlerin geschickt. Nach Öffnung des Pakets kommt für diese oft der große Schreck: Die Waren sind offensichtlich bereits benutzt oder gar beschädigt worden. Zum Glück müssen Händler:innen in diesen Fällen den Widerruf nicht akzeptieren. Aber stimmt das auch? Ist diese Aussage Fake oder Fakt?

Benutzung schließt Widerruf nicht aus

Auch wenn die Antwort Händler:innen schmerzen mag, aber die Behauptung stimmt nicht und ist fake. Zurückgeschickte Ware, die gebraucht, beschmutzt oder beschädigt wieder eintrifft, muss zurückgenommen und der Widerruf grundsätzlich akzeptiert werden. Denn das Gesetz kennt zwar einige in engen Grenzen auszulegende Ausschlussgründe des Widerrufsrechts (§ 312 g Absatz 2 BGB), dazu gehören die genannten Fälle jedoch nicht. Verbraucher:innen sind durchaus dazu berechtigt, die Waren zu prüfen. Selbst wenn die Produkte in Einzelfällen nicht mehr weiter verkäuflich sind, muss der Widerruf akzeptiert werden.

So ärgerlich diese Beeinträchtigungen der Waren auch sein mögen, berechtigt das Händler:innen nicht dazu, der Kundschaft den Widerruf zu versagen und die Produkte nicht zurückzunehmen. Entsprechende pauschale Klauseln in der Widerrufsbelehrung, dass der Widerruf bei Benutzung der Ware grundsätzlich ausgeschlossen ist, sollten daher unbedingt vermieden werden. 

Wertersatz unter bestimmten Voraussetzungen

Also darf die Kundschaft mit den bestellten Produkten tun und lassen, was sie will? Nicht ganz, denn Händler:innen müssen nicht jegliche Beeinträchtigung der Waren hinnehmen und können unter bestimmten Voraussetzungen Wertersatz verlangen. Denn auch das Prüfungsrecht der Verbraucher:innen ist begrenzt. Jedoch schließt auch dessen Überschreitung nicht das Widerrufsrecht aus. Es kommt aber wie so oft auf den jeweiligen Einzelfall an.

Allzu leichtfertig darf nämlich auch der Wertersatz nicht von der Kundschaft gefordert werden. Vielmehr muss die Ware an Wert verloren haben und der Grund dafür darin liegen, dass die Kundschaft in einer Art und Weise mit dem Produkt umgegangen ist, die zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften oder der Funktionsweise nicht erforderlich war. Die Beurteilung kann sich allerdings als komplex erweisen.

Findet ihr es gerecht, dass der Kundschaft in diesem Falle grundsätzlich ein Widerrufsrecht zusteht? Sagt uns eure Meinung und tauscht euch unter unserem Instagram-Post aus!

Veröffentlicht: 18.09.2024
img Letzte Aktualisierung: 18.09.2024
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Julia Petronis

Julia Petronis

Expertin für IT- und Medien-Recht

KOMMENTARE
7 Kommentare
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Tom
19.09.2024

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Ich würde einen Widerruf für Ware ausschließen, der über die Prüfung wie im Ladengeschäft hinausgeht, aber nach mir geht es ja leider nicht. Genauso würde ich die Zeit der Rückführung der Ware zum Händler (zumindest die Zeit bis Übergabe an den Versanddienstleister) nach einem Widerruf begrenzen. Laut gesetzlicher Vorgabe heißt es im Widerruf ja Prüfung wie im Ladengeschäft. Alles was darüber hinausgeht muss gegebenenfalls Wertersatz geleistet werden. Laut unserem Anwalt dürfen wir Wertersatz in der Höhe gegenrechnen, was die Differenz zwischen dem vom Kunden bezahlten Preis ist und dem Preis, den wir für die überanspruchte Ware noch als geprüften Retourer bzw. gebrauchten Artikel erzielen könnten. Wir haben schon Gravelbikes zurückbekommen, da klebte noch von der Ausfahrt der Sand in den Reifen und der Dreck am Rahmen bis unter den Sattel inkl. Kratzer am Rahmen. Am tollsten ist Bekleidung, die bereits privat gewaschen ist. Die ist dann so gut wie unverkäuflich. Solche Kunden schreiben wir dann, dass wir mindern würden, teilweise bis 100 %, da wir dazu berechtigt sind, andererseits kann der Kunde gern seine Ware wieder zurückbekommen. Einige Kunden entscheiden sich für eine Minderung, andere holen sich ihre Ware wieder zurück. Wenn man das ordentlich und fair kommuniziert, sind die meisten einsichtig. Es gibt natürlich immer Querschläger, die das nicht einsehen.
Sandra
19.09.2024

Antworten

Der Kunde ist grundsätzlich König? Nein, er ist der Kaiser, der tun und lassen kann, was ihm gefällt und der liebe Staat verfügt hier quasi über das Eigentum der Händler, indem er jedem Kunden JEDES Recht gewährt. Man ist als Händler grundsätzlich !! der "Gelackmeierte". Ein Kunde KANN unmöglich ein Kleid, zum Beispiel, im Laden eine Woche tragen und auch noch Brandlöcher von Clubs da reinbekommen. Also müsste in dem Falle es ganz klar ausgeschlossen werden (können) Den Wertersatz prüfen? Ich kann mir nicht nicht vorstellen, dass ein Händler noch Zeit und Muße hat, das Kleid nähen und reinigen zu lassen um sich dann 10 EUR vom Kunden mühsamst zurückholen zu können. Wenn diejenigen, die diese Gesetze für Kunden machen, auch nur einen Hauch von Realität kennen würden, würden sie ganz klar anders entscheiden. Hoffentlich haben diese auch einen Versandhandel. Und Amazon? Da braucht man, glaube ich, gar nicht drüber reden. Bezos wird reich auf Kosten aller dort vertretenen Händler, die geschröpft werden, wo es nur geht. und hat den Staat auch noch auf seiner Seite, der noch nicht mal davon profitiert. Schlaues Kerlchen ;O)
dirk
19.09.2024

Antworten

Nun ja - ich bin auch seit 20 Jahren Onlinehändler und verfluche das Widerrufsrecht, seit es das in dieser Form gibt. Allerdings kann ich mich auch noch gut an die Hochzeiten des Katalogversandhandels von Otto, Neckermann, Quelle und Co. erinnern. Schon damals - also in den 70ern und 80ern - war es völlig normal, dass Kunden Ware, die nicht passte oder gefiel, zurückschicken konnten. In der Regel war an Rechnung oder Lieferschein ein perforierter Abriss, der oft sogar auch das neue Paketetikett enthielt. Das Ganze ist also nicht etwa eine Erfindung des Internetzeitalters. Und natürlich macht es aus Kundensicht auch Sinn - und jeder Händler ist ja privat auch Kunde und hat vermutlich das Widerrufsrecht schon einmal genutzt. Allerdings muss man schon feststellen, dass die Hemmschwelle von "dies ist OK" zu "aber das macht man nicht" mit den letzten Generationen schon deutlich abgenommen hat. Früher hatten die Menschen eher das Gefühl einer Bringschuld für das Leben allgemein aber auch für sein ganz persönliches Wohlempfinden. Die heutigen Generationen haben vor allem eine große Erwartungshaltung: Alles muss sofort, für mich persönlich perfekt und dabei nach Möglichkeit noch (fast) umsonst sein. Über den eigenen Bedürfnishorizont hinaus blickt heute kaum noch jemand...
OldSchool
19.09.2024

Antworten

Das wissen wir doch schon seit Langem, dass Kunden immer ganz lieb und verständig sind und der Händler grundsätzlich ganz böse ist. Da liefert der Artikel doch nichts Neues. Hilfreich wäre es gewesen, einige konkrete Beispiele oder Rechtssprechungen von denen es doch sicher etliche gibt, zu lesen.
Bert Schanner
19.09.2024

Antworten

Stand da nicht mal sinngemäß im Gesetzestext, das eine Prüfung der Sache in dem Rahmen erfolgen kann wie es in einem Ladengeschäft üblich und möglich wäre? Das würde Kaffeekochen auf der Kaffeemaschine schon einmal ausschließen. Dann fällt Wertersatz an. Das Widerrufsrecht ist eine gute Sache , auch für den Händler. Mißbrauch muß man jedoch konsequent begegnen, wir erziehen uns ja die Kunden selber... Amazon mal ausgenommen, was die auf Kosten der Hersteller und Händler veranstalten ist ja geisteskrank!
Schmidt
19.09.2024

Antworten

Das kann nicht sein das Kundschaft die Ware 14 Tage benutzt und diese nicht mehr zu verkaufen ist. Auch noch sein Geld erhält.Ich kann auch nicht in ein Geschäft gehen einen Artikel kaufen ,nach dem ich ihn benutzt habe wieder zurück bringen.Der Inhaber nimmt den Artikel auch nicht zurück.
Gabi
18.09.2024

Antworten

Langsam aber sicher sollte man mal was für die Händler tun und nicht für die Kunden. Oder aber es wird Zeit das Geschäft abzumelden, ich bin kurz davor.