Bestellt, aber nicht auf Lager: Muss der Händler trotzdem liefern?

Veröffentlicht: 31.01.2025
imgAktualisierung: 31.01.2025
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 3 Min.
31.01.2025
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Frau sitzt frustriert vor leerem Bildschirm, hält sich den Kopf. Comic-Stil mit dynamischem Hintergrund.
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Eine Kundin bestellt ein Messerset, doch kurz danach wird die Bestellung storniert. Ist das rechtens?


In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

In dieser Woche geht es um Ware, die nicht auf Lager ist: Eine Käuferin bestellt ein Messerset. Sie kann den Bestellvorgang wie üblich durchlaufen. Kurz danach erhält sie eine E-Mail mit der Nachricht, dass die Bestellung storniert werde, da die Ware auf absehbare Zeit nicht auf Lager sei. Dies stünde auch so in der Produktbeschreibung. Die Kundin schaut noch mal nach und tatsächlich steht ein entsprechender Hinweis in der Beschreibung. Gleichzeitig ist aber auch die übliche Lieferzeit von drei bis fünf Tagen angegeben. Außerdem kommt laut AGB der Vertrag direkt zustande. Die Kundin will die Stornierung also nicht akzeptieren und setzt dem Händler eine Frist zur Lieferung. Im Zweifel muss der Händler die Ware eben woanders bestellen. Hat sie recht?

Grundsatz: Kaufbare Waren sind verfügbar

Es ist üblich, dass Waren gelegentlich nicht sofort lieferbar sind. Viele Händler:innen ziehen es vor, solche Produkte dennoch zu listen, um das Sortiment zu präsentieren. Dies birgt jedoch das Risiko verbindlicher Bestellungen ohne gesicherte Verfügbarkeit. Insbesondere problematisch wird dies, wenn Lieferzeiten unklar sind, wie etwa „bald verfügbar“. Rechtlich sind solche Angaben unzulässig (OLG München, Aktenzeichen: 29 W 35/14). Händler:innen sollten daher die Bestellfunktion deaktivieren, bis die Ware verfügbar ist oder die Lieferzeit genau angeben können.

Ist schon klar, wann das Produkt wieder lieferbar ist, kann einfach die Lieferzeit angepasst werden. Doch Vorsicht: Eine zu lange Lieferzeit für alltägliche Produkte kann wiederum zu Abmahnungen führen.

Fazit: Kundin darf auf Kaufvertrag pochen

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Die Kundin konnte den Bestellprozess durchlaufen, wodurch der Kaufvertrag geschlossen wurde. Dass in der Produktbeschreibung stand, dass die Ware nicht verfügbar ist, ist irrelevant: Ausschlaggebend ist hier die Angabe der Lieferzeit und der Umstand, dass die Ware überhaupt bestellbar war. Der Händler hat sich nun also zur Lieferung verpflichtet und muss im Zweifel die Ware woanders beschaffen. Kann er die Frist, die durch die Kundin gesetzt wurde, nicht einhalten, so kann die Kundin vom Vertrag zurücktreten, was aber wiederum zu Ersatzansprüchen aufseiten der Kundin führen kann. In jedem Fall ist sie hier im Recht.

Praxistipp: Klarheit schaffen

Um solchen Ärger vorzubeugen, sollten Händler:innen in Fällen nicht-verfügbarer Ware ein paar Punkte beachten:

  • Lieferzeit klar angeben: Es ist gesetzlich vorgeschrieben, Lieferzeiten präzise anzugeben, besonders wenn Produkte nur vorübergehend nicht verfügbar sind. Unklare Angaben wie „bald verfügbar“ sollten vermieden werden.
  • Transparente Kommunikation: Wenn ein Produkt nicht verfügbar ist, sollte dies deutlich auf der Produktseite gekennzeichnet werden. Es ist auch ratsam, eine Option zur Benachrichtigung bei Verfügbarkeit anzubieten.
  • Technische Vorkehrungen treffen: Produkte, die dauerhaft nicht verfügbar sind, sollten auf der Website nicht auswählbar sein, um Verwirrung und potenzielle Irreführung der Kunden zu vermeiden.

Mehr zur Umsetzung gibt es in unserem Beitrag „Dürfen nicht verfügbare Waren im Shop angeboten werden?“

Veröffentlicht: 31.01.2025
img Letzte Aktualisierung: 31.01.2025
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Sandra May

Sandra May

Expertin für IT- und Strafrecht

KOMMENTARE
14 Kommentare
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Alpoalp
10.02.2025

Antworten

Ist hier nicht das eigentliche Problem: "Außerdem kommt laut AGB der Vertrag direkt zustande." Warum kommt der Vertrag direkt zustande? Wenn er nicht direkt zustande kommen würde, wäre es ja nur ein Angebot und es obliegt dann mir als Shop ob ich diesen annehme oder nicht. Dann würde der Vertrag nur zustande kommen, wenn ich die Ware versende, Rechnung erstelle oder explizit zur Zahlung auffordere. Heißt, man hätte auch keine Kunden die einen Verklagen können, weil aus Grund XY die Ware nicht mehr auf Lager ist.
Matthias
10.02.2025

Antworten

Schlimm ist auch, daß Verbraucherschutzverbände immer mehr wollen und immer mit ihren Vorhaben durchkommen, ohne jeglichen Gegenwind von IHK und Handwerkskammern, die eigentlich die Interessen der Gewerbetreibenden vertreten sollten. Man zahlt schließlich die Beiträge dafür. Ich selber hatte zwar noch nie so einen Fall, wie oben genannt, nach 20 Jahren online Business, aber trotzdem ist es beängstigend, welche Macht die Verbraucherschutzverbände gegenüber den Kammern doch haben.
Karl Ranseier
09.02.2025

Antworten

Solche Eskapaden im Zeitalter des Internets und des Dropshipping sind einfach ein Witz. Lieber Kunde, bitte sei mal ein wenig erwachsen und lebe einfach damit, dass manchmal Dinge schieflaufen. Wenn man mal ehrlich ist, ist dem Kunden keinerlei Schaden entstanden. Er kauft einfach eines von Millionen anderen Messersets und lebt in Frieden und Liebe sein Leben. Wer für so einen Bockmist tatsächlich einen Streit anfängt, gehört doch entmündigt! Sie, Sir, verlieren wegen Dämlichkeit für sechs Monate die Erlaubnis, irgendetwas irgendwo im Internet zu bestellen. Bei Wiederholung droht lebenslanges Verbot. Dann sie zu, wo du dein blödes Messerset herbekommst! Als Anwalt wären mir solche Klienten doch auch peinlich. Andererseits kommen sie mit diesem Mist ja durch. Ich habe zum Beispiel einen Rechtsstreit tatsächlich verloren, weil weder dem Kunden noch der Richterin zu erklären war, dass er das Produkt auch benutzen muss und es im Kofferraum seines Autos liegend keinerlei Funktion hat. Das ist die Welt, in der man als Onlinehändler lebt!
Mick
09.02.2025

Antworten

Und wie sieht es bei seltenen Überverkäufen aus die entstehen können, z.B. dadurch das zur selben Zeit das letzte vorrätige Produkt einmal im Online Shop und einmal bei eBay bestellt wird ? Oder wenn es einen Fehler im Bestand gab, weil mal etwas falsch gebucht wurde und der Artikel nicht wieder nachbestellt wird und es diesen nicht mehr gibt? Das kann doch nicht sein, dass dann immer noch ein Kunde da drauf pochen kann!?
Redaktion
10.02.2025
Hallo Mick, in solchen Fällen trägt der Händler das Risiko und es muss auch hier geschaut werden: Ist der Vertrag zustande gekommen oder noch nicht? Als Händler sind Sie u.U. dann zur Lieferung verpflichtet und müssen die Ware gegebenenfalls bei anderen Anbietern beschaffen, um den Vertrag zu erfüllen. Sollte die Lieferung unmöglich sein, beispielsweise weil das Produkt nicht mehr verfügbar ist, kann der Kunde Schadensersatz verlangen, sofern Sie die Nichtlieferung zu vertreten haben. Um solche Situationen zu vermeiden, ist es ratsam, ein zuverlässiges Warenwirtschaftssystem zu verwenden und die Bestände regelmäßig zu aktualisieren. Viele Grüße Die Redaktion
Knut
05.02.2025

Antworten

Sind Verträge nicht grundsätzlich kündbar, warum nicht auch in diesem Fall? Andersherum stornieren Kunden oft ihre Bestellungen. Ist da kein verpflichtender Vertrag zustande gekommen?
Redaktion
06.02.2025
Hallo Knut, guter Einwand, aber hier kommt die Erklärung. Ein Kaufvertrag kann nicht einfach „gekündigt“ werden – dieser Begriff gilt nur für Laufzeitverträge wie Abos oder Mietverträge. Bei einem Kaufvertrag ist der Händler grundsätzlich zur Lieferung verpflichtet, sobald er die Bestellung bestätigt hat. Falls die Ware nicht auf Lager ist, kann er nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn er sich dieses Recht in seinen AGB vorbehalten hat oder die Ware dauerhaft nicht mehr beschaffbar ist (§ 275 BGB). Anders als Händler können Verbraucher ihre Bestellung oft widerrufen – das liegt am gesetzlichen Widerrufsrecht im Online-Handel, das für Unternehmen nicht gilt. Viele Grüße Die Redaktion
Andre
03.02.2025

Antworten

Ich bin nicht dieser Meinung. Der Grund der Stornierung durch den Händler ist essenziell. Bsp bei Irrtümlichen Lagerbestand. Wenn der Höndler glaubt noch einen Bestand zu haben und einen Artikel verkauft aber das Lager ist Leer wie sich dannach herausstellt, kann der Händler wegen Irrtum den Kaufvertag anfechten und stornieren.
DA
03.02.2025
Es gibt die Unmöglichkeit. Wenn es dem Händler unmöglich ist, was soll er machen? Die Ersatzbeschaffung, selbst zu einem höheren Preis ist unmöglich, die Ware ist nicht oder nicht mehr am Markt?? Selbst wenn eine Gattungsschuld vorliegt, ist es heutzutage nicht unüblich, das der Markt "leergefegt" ist. Was soll der Verkäufer dann machen? Und wie will der Käufer einen Schaden nachweisen, wenn er genau den bestellten Artikel nicht erhält?
Redaktion
04.02.2025
Hallo Andre, in diesem Fall hier ging es aber nicht um einen Irrtum. Grundsätzlich hast du aber recht: Wenn aufgrund eines Irrtums der Warenbestand falsch hinterlegt ist, besteht die Möglichkeit der Anfechtung. Durch die Anfechtung kann sich der Händler aber auch schadensersatzpflichtig machen. Mit den besten Grüßen die Redaktion
Sabine
31.01.2025

Antworten

Wie verhält es sich, wenn der Artikel zwar vorhanden ist, er aber beim Verpackungsvorgang beschädigt wird, sodass dies zwangsläufig auch zu einer Stornierung führt. Muss der Händler dafür auch haften und sogar Schadenersatz leisten?
Redaktion
03.02.2025
Hallo Sabine, ja, in dem Fall gilt das gleiche: Wenn der Vertrag einmal geschlossen ist, kommt man da nicht mehr so einfach heraus. Eine Ausnahme gilt aber, wenn die Ware auf dem Weg zum Kunden verloren (nicht beschädigt, verloren!) geht. In dem Fall kann der Händler einfach das Geld zurückerstatten. Mit den besten Grüßen die Redaktion
Robert
31.01.2025

Antworten

Solange Gesetze existieren, die Kunden nahezu alle Rechte einräumen, wird es immer auch dreiste Käufer geben. An meiner Stelle hätte ich die Ware einfach woanders bestellt, anstatt direkt einen Rechtsstreit anzuzetteln – besonders wenn schon in der Beschreibung ersichtlich ist, dass der Artikel nicht verfügbar ist. Selbst auf Plattformen wie eBay oder Amazon sind Stornierungen möglich. Zwar kann das intern zu einem schlechteren Rating führen, aber eine Verpflichtung zur Lieferung besteht dennoch nicht. Ehrlich gesagt, finde ich es abstoßend, wenn Menschen regelrecht nach Lücken suchen, nur um daraus irgendeinen Vorteil zu ziehen, der eigentlich keiner ist.
Lux
09.02.2025
Es geht in diesem Artikel ja nicht darum wie es normaler Weise läuft, sondern nur darum wie die genaue Rechtslage ist. Das ist wichtig zu wissen, wenn man seine Prozesse (nicht die vor Gericht ;) plant. Sollte es mal hart auf hart kommen, weiß man dann wie man sinnvoller Weise handeln sollte, wo man ggf. hart bleiben kann, und wo man vielleicht rücksichtsvoll agieren sollte. Ein Kaufvertrag kommt durch das Vorliegen 2 übereinstimmender Willenserklärungen (von Verkäufer und Käufer) zustande. Viele Händler regeln in den AGBs daher auch, dass die auf der Seite gezeigte Ware im Shop ansich erst mal gar keine Angebote darstellt (die man durch Bestellung nur noch annehmen bräuchte). Sondern sie regeln, dass es sich beim gezeigten lediglich um eine Aufforderung zum Angebot durch den Kunden handelt. Bestellt der Kunde, gibt er damit seine Willenserklärung ab, die der Händler dann erst durch seine Willenserklärung (z.B. gemeinsam mit dem Versand der Ware) bestätigt. So kommt der Vertrag erst zustande, wenn sicher ist, dass die Ware auch da ist. Fallstricke gibt es bei dieser Konstruktion aber sicher auch. Aber das sind dann wieder andere.