In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

Eine Ebay-Händlerin berichtet, dass ein Kunde, der sich erst kürzlich registriert hatte, innerhalb kurzer Zeit drei separate Bestellungen mit sehr geringen Beträgen tätigte. Neun Tage später erhielt sie drei E-Mails außerhalb von Ebay, die alle denselben Text enthielten und behaupteten, die Ware sei nicht angekommen. Der Kunde forderte Sendungsnummern an, obwohl diese bereits über Ebay mitgeteilt wurden, und erklärt schließlich den Widerruf ohne die Ware zurückzusenden. Es erscheint ihr unwahrscheinlich, dass alle Sendungen verloren gegangen sein könnten, da keine als unzustellbar zurückkam. Laut Sendungsverfolgung wurden auch alle drei Bestellungen zugestellt. Nach 14 Tagen folgte eine Mahnung inklusive 40 Euro Mahngebühr per E-Mail. Die angegebene Adresse liegt in einem Studentenviertel, was Zweifel an der Echtheit von Name und Adresse aufkommen lässt. Bei den Transaktionen wurden zudem zwei unterschiedliche Mobilnummern angegeben. Sie fragt sich nun, ob die Mahnung dreist ist und sie sogar Anzeige erstatten soll.

Grundsatz 1: Für Transportschäden haften Händler:innen

Im B2C-Handel gelten besondere Vorschriften: So müssen Händler:innen beispielsweise für den Versand haften. Geht die Ware verloren, muss der Kaufpreis ersetzt werden.

Immer wieder kommt es zum Streit darüber, ob die Ware tatsächlich nicht angekommen ist. Schließlich ist es für Kund:innen faktisch nicht möglich, den Nicht-Erhalt zu beweisen. Ein Foto von leeren Händen ist da eher wenig hilfreich. Besser ist es daher, wenn es eine Sendungsverfolgung gibt. Kommt die Ware trotz Sendungsverfolgung angeblich nicht an, muss man sich die näheren Umstände ansehen.

Grundsatz 2: Ware darf ungesehen widerrufen werden

Der zweite wichtige Grundsatz für diesen Fall besagt, dass die Ware auch ungesehen widerrufen werden darf. Gleichzeitig ist ein Widerruf aber auch immer daran gekoppelt, dass die Ware zurückgesendet wird.

Geht die Ware verloren, kann natürlich nichts zurückgesendet werden. In diesen Fällen kann das Geld aber auch ohne Widerruf ohnehin zurückerstattet werden.

Fazit: Schwierige Beweislage – oder doch nicht?

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Der Kunde behauptet entgegen der Sendungsverfolgung, dass die Ware nicht angekommen sei. Das wirkt hier nicht besonders glaubwürdig. Dass ein Paket mal verloren geht, mag durchaus im Rahmen sein. Aber gleich drei und dann auch noch mit Sendungsverfolgung? Das wäre durchaus möglich, wenn der Kunde beispielsweise bei der Angabe der Adresse einen Fehler gemacht hat. Für solche Fehler muss die Händlerin aber nicht einstehen. Insgesamt wirkt die Behauptung von den verschwundenen Paketen an den Haaren herbeigezogen und die Mahnung damit dreist.

Möglichkeiten für die Händlerin

Welche Möglichkeiten hat nun aber die Händlerin? Auch wenn die Mahnung auf den ersten Blick dreist wirkt, sollte sie nicht ignoriert werden, um unnötige Kosten zu vermeiden. Die Händlerin könnte dem Kunden erklären, dass sie jetzt erst einmal Nachforschungsaufträge erstellt, da die Pakete laut Sendungsverfolgung zugestellt wurden. Zwar müssen Kund:innen nicht das Ergebnis eines solchen Auftrags abwarten; aber vielleicht zeigt der Kunde doch Verständnis. Manchmal taucht die Ware ob so einer Information dann doch ganz plötzlich wundersamerweise auf. Die Händlerin könnte auch eine „Gegenmahnung“ aussprechen und den Kunden – wieder unter Verweis auf die Sendungsverfolgung – zur Rücksendung auffordern. Außerdem sollte die Händlerin Widerspruch gegen die Mahnung einlegen. Die Mahngebühren in Höhe von 40 Euro sind einfach überzogen und nicht gerechtfertigt. Auch Anzeige bei der Polizei kann erstattet werden. 

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