In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

Diesmal geht es um das Widerrufsrecht: In einem Bastel-Shop bestellt eine Kundin ein Überraschungspaket. In diesen Paketen werden bunt verschiedene Bastelmaterialien zusammengestellt. Nachdem die Kundin das Paket erhalten hat, erklärt sie den Widerruf und schickt die Ware zurück. Die Händlerin erkennt bei der Bearbeitung der Retoure, dass das Überraschungspaket geöffnet und durchsucht wurde. Offenbar hat der Kundin der Inhalt nicht gefallen. Noch am selben Tag bestellt die Kundin noch einmal ein Überraschungspaket. Die Händlerin versendet und schwupps, wird nach dem gleichen Muster der Widerruf erklärt. Die Händlerin arbeitet auch diesen ab, teilt der Kundin jedoch mit, dass das so nicht geht und sie künftig nicht mehr mit Überraschungspaketen beliefern wird. Schwupps trudelt Bestellung Nummer drei ein. Diese storniert die Händlerin. Die Kundin besteht allerdings auf der Lieferung. Zu Recht?

Grundsatz: Über die Grenzen des Widerrufsrechts

Das Widerrufsrecht ist ein sehr starkes Recht im Versandhandel und kann als solches kaum eingeschränkt werden. Für Händler:innen mag es zwar sinnvoll erscheinen, dieses Recht beispielsweise für Restpostenkisten einzuschränken; gesetzlich zulässig ist das aber nicht. Selbst wenn die Ware zerstört zurückkommt, muss der Widerruf akzeptiert werden, solange er fristgerecht erfolgt. Es gibt dann zwar einen Anspruch auf Wertersatz; grundsätzlich müssen Händler:innen den Kauf aber rückabwickeln.

Das heißt aber nicht, dass Betreiber:innen von Online-Shops ganz verloren dastehen: Zum einen kann ein Widerruf wegen Missbrauchs abgelehnt werden. Hier sind die Hürden aber sehr, sehr hoch. Zum Beispiel dürfen Verbraucher:innen mit dem Widerrufsrecht „drohen“, um einen günstigeren Preis „zu verhandeln“. Zum anderen dürfen Kund:innen wegen einer zu hohen Retourenquote aber auch aus dem  Shop „geworfen“ werden.

Fazit: Kundin darf nicht auf Versand bestehen

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Kurz könnte man hier darüber nachdenken, ob der Widerruf nicht missbräuchlich erfolgt. Immerhin scheint die Kundin so oft widerrufen zu wollen, bis das Überraschungspaket einen überzeugenden Inhalt hat. Von einem Missbrauch kann hier aber eher nicht ausgegangen werden. Das Widerrufsrecht ist gerade dafür da, um die Ware auf die Beschaffenheit zu prüfen. Bei solchen Überraschungskisten gehen Verkäufer:innen immer das Risiko ein, dass das Schnäppchen bei der Kundschaft nicht auf Gegenliebe stößt.

Hingegen ist es valide, die Kundschaft partiell von Geschäften auszuschließen. Es handelt sich gewissermaßen um ein beschränktes, digitales Hausverbot. Die Händlerin muss die Bestellung also nicht abwickeln. Besonders leicht hat sie es natürlich, wenn der Vertrag ohnehin erst durch eine gesonderte Bestätigung zustande kommt. Die Forderung der Kundin ist dreist.