Das Widerrufsrecht zählt zu den essenziellen Verbraucherrechten, mit denen sich Händler:innen regelmäßig befassen müssen. Man hofft zwar immer, dass die wenigsten Kund:innen unehrlich sind; aktuellere Zahlen lassen aber Raum für Pessimismus: Bei einer Befragung gaben 40 Prozent der Teilnehmer:innen an, im Jahr 2023 Online-Shops betrogen oder zumindest deren Gutmütigkeit ausgenutzt zu haben. 36 Prozent würden es wieder tun und 45 Prozent findet das Ausnutzen von Schlupflöchern vollkommen legitim.
In diesem Artikel beleuchten wir einige der dreistesten Maschen und bieten Unternehmen Strategien, wie sie effektiv damit umgehen können.

Masche 1: Geld über Paypal zurückziehen

Wird der Widerruf erklärt, muss die Ware zurückgesendet werden. Erst dann wird der Kaufpreis erstattet. Kürzlich haben wir von einem Fall berichtet, bei dem der Kunde  schon vorher den Paypal-Käuferschutz mit der Behauptung, die Ware nie erhalten zu haben, aktiviert hat. Dass das nicht nur dreist, sondern auch rechtswidrig ist, stellte auch das Gericht fest. Der Kunde musste im Ergebnis das Geld plus Anwaltskosten zurückzahlen.  

Masche 2: Dann ist die Ware jetzt halt kaputt

Die Kosten für die Rücksendung trägt nicht automatisch der Shop: Im Rahmen der Widerrufsbelehrung dürfen Händler:innen die Kosten auf die Kundschaft umlegen. Dass die Kosten selbst übernommen werden müssen, dämmert der Kundschaft dann manchmal erst, wenn sie den Widerruf erklärt haben. Dann heißt es halt plötzlich, dass das Produkt kaputt ist und bereits so ankam. In so einem Fall müssen Händler:innen nämlich die Versandkosten tragen.

So leicht ist das aber nicht: Grundsätzlich müssten Händler:innen zwar beweisen, dass die Ware heil angekommen ist; allerdings spielen hier die Gesamtumstände eine wichtige Rolle. Ist es üblich, erst den Widerruf zu erklären und erst dann den Transportschaden zu melden? Wohl eher nicht. Üblicherweise wird die Kundschaft zunächst den Transportschaden melden (und dann gleich mit kommunizieren, dass einem das Produkt doch nicht taugt und man daher ohnehin vom Widerrufsrecht Gebrauch machen möchte). So macht sich die Kundschaft aber verdächtig, dass beim Zustand der Ware nachgeholfen wurde. Auf diesen Widerspruch sollten Händler:innen in diesem Fall hinweisen. Besteht die Kundschaft dennoch auf ihr Widerrufsrecht, müssen Händler:innen die Ware zwar zurücknehmen, können aber einen Wertersatz geltend machen. So zumindest die Theorie. In der Praxis muss jedes Unternehmen selbst entscheiden, ob ein Streit mit der Kundschaft lohnenswert ist oder ob es besser ist, den Schaden einfach zu akzeptieren.

Masche 3: Der Online-Shop als kostenloses Leihhaus

Dass man den Kauf der Ware innerhalb von mindestens 14 Tagen widerrufen kann, veranlasst so machen dazu, Shops als Leihhaus zu missbrauchen. So geht das natürlich nicht: Wer ohne Kaufabsicht Ware bestellt, nur um dann vom Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, handelt rechtswidrig.

In der Praxis ist es allerdings schwer für Händler:innen diesen Missbrauch nachzuweisen und den Widerruf abzulehnen. Genau das macht die Masche so dreist. Mit etwas Glück verrät die Kundschaft sich selbst, durch Aussagen, wie: „Brauche ich nicht mehr. Mein Handy kam aus der Werkstatt zurück.“ Manchmal kann es auch sein, dass sich aus den Gesamtumständen ein Ausnutzen ergibt: Wenn beispielsweise in der Adventszeit Weihnachtsdeko bestellt wurde und diese unmittelbar nach den Festivitäten mit deutlichen Gebrauchsspuren zurückgesendet wird.

In den meisten Fällen wird es aber so sein, dass das Ausnutzen nicht bewiesen werden kann. Wurde die Ware aber tatsächlich benutzt, steht Händler:innen immerhin ein Anspruch auf Wertersatz zu.

Masche 4: Ware wird nicht zurückgesendet

Im Falle eines Widerrufs wird das Geld erst erstattet, wenn die Kundschaft zumindest den Versand nachweisen kann. Das Transportrisiko selbst trägt der Shop. Geht das Paket also verloren, muss das Geld dennoch erstattet werden. Während bei Ware, die nur im Paket mit Sendungsverfolgung versendet werden kann, der Nachweis recht eindeutig ist; sieht es bei Rücksendungen ohne Sendungsverfolgung etwas schwer aus. Es gibt dann vielleicht den Nachweis, dass eine Marke gekauft wurde; wohin die Sendung geht, wird auf dem Kassenbon aber nicht vermerkt.

Hier können Shops lediglich vorbeugen, in dem sie von Haus aus ein Retourenetikett mit Sendungsverfolgung zur Verfügung stellen. Allerdings ist die Verwendung dieses Etiketts keine Pflicht. Auch die Verwendung einer Sendungsverfolgung darf nicht vorgeschrieben werden. Verbraucher:innen müssen lediglich eine angemessene Versendungsart wählen.

Masche 5: Goodies abstauben

Viele Online-Shops legen Bestellungen gern Goodies und kostenlose Proben mit bei. Kund:innen, die das wissen, können das auch ausnutzen, indem sie Ware bestellen und die kostenlosen Beilagen nach dem Widerruf einfach behalten.

Dem können Shops entgegenwirken, indem sie die Geschenke nicht stillschweigend der Sendung beilegen, sondern diese bereits im Warenkorb ausweisen. In dem Moment sind die „Geschenke“ Teil des Kaufvertrages und müssen mit zurückgesendet werden.