Erst nach Erhalt der Retoure muss der Kaufpreis erstattet werden

Veröffentlicht: 02.10.2024
imgAktualisierung: 02.10.2024
Geschrieben von: Julia Petronis
Lesezeit: ca. 2 Min.
02.10.2024
img 02.10.2024
ca. 2 Min.
Fake oder Fakt?
Händlerbund
Die Kundschaft fordert nach dem Widerruf ungeduldig den Kaufpreis zurück. Aber dürfen Händler:innen bis zum Erhalt der Retoure damit warten?


In unserer Reihe „Fake oder Fakt?“ beleuchten wir scheinbar eindeutige Rechtsbehauptungen und untersuchen, ob sie tatsächlich korrekt sind oder nur auf gängigen Missverständnissen beruhen. Auf unserem Instagram-Profil können unsere Follower miträtseln und sich direkt mit uns über das Thema austauschen.

Wenn das bestellte Geschirr nach dem Auspacken doch nicht gefällt oder die Hose nicht richtig passt, haben Kund:innen bei im Internet getätigten Käufen die Möglichkeit, von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Nach der Erklärung des Widerrufs wartet die Kundschaft oftmals schon ungeduldig auf die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises, obwohl sie die Ware noch nicht einmal zurückgeschickt haben. Aber kein Problem, schließlich sind Händler:innen erst dann zur Rückzahlung verpflichtet, wenn die Waren auch tatsächlich wieder im Lager eingetroffen sind. Oder etwa doch nicht? Ist diese Behauptung Fake oder Fakt?

Leistungen sind unverzüglich zurückzugewähren

Bei einigen Online-Händler:innen herrscht noch immer der Irrglaube, sie könnten sich mit der Rückzahlung des Kaufpreises an die Kundschaft Zeit lassen, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie die Ware zurückerhalten haben. Verständlicherweise wollen sie kein unnötiges Risiko eingehen und sichergehen, dass sie die widerrufenen Produkte auch tatsächlich wieder bekommen, bevor sie das Geld erstatten.

Doch das ist so nicht ganz richtig. Nach dem Gesetz (§ 355) sind beide Seiten dazu verpflichtet, die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Das bedeutet, die Kundschaft muss zwar die Artikel zurückschicken, aber der Händler oder die Händlerin eben auch den Kaufpreis erstatten, und zwar unabhängig davon, ob die Ware bereits im Lager angekommen ist.

Händler:innen haben ein Zurückbehaltungsrecht

Händler:innen müssen allerdings nicht auf die Rücksendung durch die Kundschaft vertrauen, sondern können auch von dem ihn zustehenden Zurückbehaltungsrecht (§ 357 Absatz 4 BGB) Gebrauch machen. Demnach steht Händler:innen das Recht zu, die Rückzahlung des Kaufpreises so lange zu verweigern, bis entweder die Ware zurückgekommen ist, oder zumindest ein Nachweis über die Absendung der Retoure durch die Kundschaft erbracht wurde.

Die Rückzahlungspflicht selbst entsteht also bereits dann, wenn die Kundschaft nachweisen kann, das Paket abgesendet zu haben. Mit der Erstattung warten, bis die Waren tatsächlich wieder angekommen sind, sollten Händler:innen daher besser nicht.

Findest ihr es fair, dass die Rückzahlungspflicht schon vor Erhalt der Widerrufsware besteht? Sagt uns eure Meinung und tauscht euch unter unserem Instagram-Post aus!

Veröffentlicht: 02.10.2024
img Letzte Aktualisierung: 02.10.2024
Lesezeit: ca. 2 Min.
Artikel weiterempfehlen
Julia Petronis

Julia Petronis

Expertin für IT- und Medien-Recht

KOMMENTARE
7 Kommentare
Kommentar schreiben

S.E.
05.10.2024

Antworten

Das sehe ich ehrlich gesagt anders. 1. Ja es muss der Zustand vor dem Kauf wiederhergestellt werden; ABER: der Kunde bestätigt mit dem Kauf die WRB. Und hier ist geschrieben, dass die Ware in dem Zustand wieder zurückgegeben werden muss, in welchem er sie erhalten hat und das sogar in den Amazon-Richtlinien. 2. Das heißt der Händler muss die Möglichkeit haben zu prüfen ob dem so ist und muss DANN unverzüglich die Rückerstattung veranlassen. Unverzüglich bedeutet ohne Verzug; sprich im angemessenem Rahmen und innerhalb seiner Möglichkeiten. Aus der Praxis sage ich als Händler, dass über 80% der Kunden ihren Verpflichtungen einer korrekten Retoure nicht nachkommen. Teilweise werden beschädigte Artikel zurückgeschickt, oder unvollständige Artikel und im genialsten Fall Artikel welche wir gar nicht im Sortiment haben. WIR als Händler haben ebenfalls Rechte und diese sollten wir wahrnehmen. Amazon verzieht und bauchpinselt die Kunden und zwar auf Kosten der Seller.
dirk
04.10.2024

Antworten

Das ist so eine typische Spitzfindigkeit des Rechts, die eigentlich mit der Realität nichts zu tun hat - vielleicht abgesehen von ganz besonderen Spezialfällen. Man muss also unverzüglich die Leistungen zurückgewähren, unabhängig vom Erhalt der Ware, hat aber ein Rückbehaltungsrecht bis zum Erhalt der Ware bzw. bis zum Nachweis des Absendens (weil der Händler im Verlustfall ja auch für die Rücksendung haftet). Mir ist der rechtliche Unterschied zwar schon klar - allerdings dürfte er nur in einem Bruchteil der Fälle tatsächlich relevant sein.
Gardner
04.10.2024

Antworten

Warum sollte ich eine Rückerstattung leisten müssen, bevor ich die Ware nach Erhalt auf Vollständigkeit und Unversehrtheit geprüft habe?
Carsten Ranke
04.10.2024

Antworten

Ein schwieriges Thema, da es leider zu viele schwarze Schafe unter den Verbrauchern gibt. Ein eingeliefertes Retouren-Paket ist trotz Sendungsnummer KEIN Nachweis, dass DIE Retouren-Ware auch auf den Weg gebracht wurde. Sondern lediglich ein Nachweis, dass eine Sendung mit IRGENDEINEM Inhalt auf den Weg gebracht wurde. Bei uns kommen häufig Retouren an, die zwar allerlei Schrott oder grbrauchte Dinge enthalten aber eben nicht die ursptünglich gelieferte Ware. Daher schreiben wir erst nach Eintreffen gut, Gesetz hin oder her.
Thorsten
04.10.2024

Antworten

"...Demnach steht Händler:innen das Recht zu, die Rückzahlung des Kaufpreises so lange zu verweigern, bis entweder die Ware zurückgekommen ist, oder zumindest ein Nachweis über die Absendung der Retoure durch die Kundschaft erbracht wurde...." Ist die Nachweiserbringung eine Bringschuld des Endkunden oder muss ich hier selbst aktiv werden? Da die Sendungsnummern von uns vergeben werden, hätte ich ja theoretisch die Möglichkeit die Sendungsverfolgung einzusehen und wüsste ob die Retoure unterwegs ist. Frage ist nur muss ich es, oder kann ich mich auf einen fehlenden Nachweis des Endkunden berufen?
Redaktion
07.10.2024
Hallo Thorsten, die Kundschaft ist in der Nachweispflicht.
K.I
04.10.2024

Antworten

Meinung: Die Rückzahlungspflicht selbst entsteht also bereits dann, wenn die Kundschaft nachweisen kann, das Paket abgesendet zu haben. Unsere Meinung: Tür und Tor zum Betrug ganz weit geöffnet - weshalb auch nicht. Ab wann werden wir Händler eigentlich dazu gezwungen unser gesamtes Geld und Besitz an Amazon und allen Kunden zu übergeben? Weiter so einfach immer weiter......