Der Wertersatz ist eine Dauerbaustelle im Online-Handel. Seit Jahren kämpfen Händler darum, bei Widerruf zumindest für die Nutzung benutzter Ware entschädigt zu werden. Doch die Gerichte zeigen sich zurückhaltend – und nun verschärft ein Urteil des OLG Stuttgart die Lage erneut. Trotz monatelanger Nutzung eines teuren Pkws: kein Cent Wertersatz. Die Entscheidung sorgt für Empörung – und bringt erneut Unsicherheit in eine ohnehin schon heikle Rechtslage. Was dahintersteckt und worauf sich Händler jetzt einstellen müssen, liest du hier.
Rückgabe nach Nutzung – und der Händler zahlt die Zeche
Mit einem Urteil vom 8. April 2025 (Az. 6 U 126/24) hat das OLG Stuttgart entschieden, dass ein Verbraucher trotz monatelanger Nutzung eines Fahrzeugs keinen Wertersatz leisten muss – nur weil die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß war. Was war passiert?
Ein Kunde hatte über den Online-Shop eines Autoherstellers ein Elektrofahrzeug für knapp 65.000 Euro gekauft – und nach Auslieferung den Kaufvertrag widerrufen. Der Hersteller verweigerte die Rückzahlung unter Verweis auf den erheblichen Nutzungsvorteil. Doch das Gericht stellte klar: Ohne fehlerfreie Widerrufsbelehrung gibt’s keinen Cent Wertersatz.
Der Teufel steckt im Kleingedruckten
Das OLG betonte: Nur eine korrekte, transparente und vollständige Widerrufsbelehrung schafft überhaupt die Grundlage für Wertersatzansprüche. In einem ähnlichen Fall hatte das Gericht schon klargestellt, dass Online-Händler ihrer Informationspflicht über das Widerrufsrecht nur dann nachkommen, wenn sie Verbraucher eindeutig und verständlich darüber belehren.
Und genau da hapert es in der Praxis bei vielen Online-Händlern – oft unbewusst. Schon kleine Formfehler reichen aus, um den gesamten Anspruch platzen zu lassen. In diesem Fall musste der Händler das komplette Geld erstatten, obwohl der Wagen bereits genutzt wurde – inklusive Zinsen, trotz verweigerter Rücknahme.
Nach dem Widerruf ist vor dem Schaden?
Ein kleiner juristischer Nebensatz im Urteil lässt dennoch hoffen: Für die Zeit nach dem Widerruf bleibt dem Händler unter Umständen ein Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Verbraucher die Ware weiter nutzt und dadurch ein zusätzlicher Schaden entsteht.
Im konkreten Fall hatte der Käufer den Widerruf bereits erklärt – das Fahrzeug aber nicht zurückgegeben, sondern über mehrere Monate hinweg weitergenutzt. Der Händler befand sich im Annahmeverzug, weil er die Rücknahme des Fahrzeugs verweigert hatte. Trotzdem betonte das Gericht: Diese fortgesetzte Nutzung nach dem erklärten Widerruf könne grundsätzlich zu einem eigenständigen Schadensersatzanspruch führen – allerdings nur, wenn ein messbarer Schaden entstanden ist und dieser vom Händler konkret dargelegt und bewiesen werden kann.
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