Fast jeder Händler, der länger im Online-Geschäft unterwegs ist, kennt sie: die Abmahnung. Manchmal berechtigt, oft kleinlich, immer ärgerlich. Und im schlimmsten Fall folgen gleich mehrere auf einmal – wegen kleiner Verstöße in AGB, Produktbeschreibungen oder fehlender Hinweise. Viele geben sich Mühe, alles rechtssicher zu gestalten – und trotzdem flattert wieder ein Schreiben ins Postfach.

Die Sorgen, die das auslöst, sind verständlich. Und nicht wenige fragen sich: Kann mir das irgendwie zum Verhängnis werden? Diese Frage wirkt auf den ersten Blick übertrieben – doch sie hat einen realen rechtlichen Hintergrund.

Was sagt die Gewerbeordnung?

Die Grundlage für eine mögliche Untersagung eines Gewerbes findet sich in § 35 der Gewerbeordnung (GewO). Dort heißt es: „Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist […].“

Konkret bedeutet das: Wenn jemand sich dauerhaft nicht an geltendes Recht hält, kann die zuständige Behörde die weitere Gewerbeausübung untersagen. In der Praxis betrifft das aber vor allem schwere Verstöße – etwa im Bereich der Schwarzarbeit, bei Steuerhinterziehung, in Fällen von systematischen Produktfälschungen oder bei Betrug.

Aber auch wiederholte und hartnäckige Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht können – zumindest theoretisch – als Indiz für „Unzuverlässigkeit“ gewertet werden. Aber keine Sorge: Die rechtliche Schwelle für eine Gewerbeuntersagung ist hoch. § 35 GewO verlangt nicht nur festgestellte Verstöße, sondern auch, dass sie ein Maß an Unzuverlässigkeit erkennen lassen, das einen behördlichen Eingriff zum Schutz der Allgemeinheit oder der Beschäftigten zwingend notwendig macht. Es geht also um schwerwiegendes und systematisches Fehlverhalten – nicht um gelegentliche Abmahnungen oder formale Fehler.

Wie erfährt die Behörde überhaupt davon?

In der Praxis fragt sich der eine oder andere nun natürlich zu Recht: Wie kommt die Behörde an solche Informationen, denn wer weiß schon, wie viele Abmahnungen ein Unternehmen bekommen hat? Schließlich sind diese eine reine Privatangelegenheit zwischen zwei Parteien. Tatsächlich gibt es mehrere Wege, wie Verstöße bekannt werden können.

Hinweise könnten beispielsweise durch Wettbewerber oder Verbände erfolgen, wenn sie gezielt Anzeigen bei der Gewerbebehörde stellen. Das wäre beispielsweise bei gravierenden Verstößen denkbar, wie dem Betreiben eines Fake-Shops. Zudem sind Beschwerden durch Markeninhaber und deren Kanzleien möglich, wenn diese wiederholte, schwerwiegende Verstöße abmahnen, insbesondere beim gewerblichen Verkauf von Fälschungen.

Eigene Nachforschung durch die Behörde sind ebenfalls denkbar. Bei begründetem Verdacht recherchieren Gewerbeämter selbst – etwa durch Prüfung von Online-Shops. Einzelfälle führen allerdings nur selten zu tiefergehenden Ermittlungen – entscheidend ist die Systematik und Hartnäckigkeit der Verstöße.

Zu viele Abmahnungen = Gewerbeuntersagung? In der Regel nicht.

Die nüchterne Antwort lautet: Eine Gewerbeuntersagung wegen zu vieler Abmahnungen ist in der Praxis äußerst selten. Die Schwelle für eine solche Maßnahme ist hoch – zu Recht. Denn sie greift massiv in die Berufsfreiheit ein und ist nur bei wiederholtem, massiven und vorsätzlichem Fehlverhalten denkbar.

Wer seine rechtlichen Pflichten ernst nimmt, sich bei Verstößen rechtzeitig kümmert und offen mit der Situation umgeht, hat jedoch nichts zu befürchten. Uns sind aus der Praxis keine Fälle bekannt.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com