Die Produktsicherheitsverordnung (GPSR) bringt neue Anforderungen an den Online-Handel mit sich. Dabei kommen immer wieder Fragen auf, wann welche Ausnahme greift. Hier haben wir uns alle Ausnahmen angeschaut.

Laut Artikel 2 Absatz 2 gilt die GPSR ausdrücklich nicht für folgende Produkte:

  • Human- und Tierarzneimittel
  • Lebensmittel
  • Futtermittel
  • lebende Pflanzen und Tiere, genetisch veränderte Organismen und genetisch veränderte Mikroorganismen in geschlossenen Systemen sowie Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen,
  • tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte
  • Pflanzenschutzmittel
  • Beförderungsmittel, mittels derer Verbraucher sich fortbewegen oder reisen und die von Dienstleistungserbringern im Rahmen einer Transportdienstleistung, die Verbrauchern erbracht wird, direkt bedient werden und nicht von den Verbrauchern selbst bedient werden
  • Luftfahrzeuge (Flugzeuge, etc.)
  • Antiquitäten

Unsere ausführlichen FAQ zur GPSR findet ihr hier:

Human- und Tierarzneimittel

Unter Human- und Tierarzneimittel fällt all das, was man klassisch als „Medizin“ bezeichnet, also beispielsweise: Antibiotika, Schmerzmittel, Impfstoffe und Antiparasitika.

Produkte, die nicht unter diese Ausnahme fallen, sind:

  • Persönliche Schutzausrüstung (PSA) – wie Masken, Schutzbrillen und Handschuhe, die keinen medizinischen Wirkstoff enthalten.
  • Medizinische Geräte – wie Blutdruckmessgeräte oder Stethoskope, die für Diagnosezwecke und nicht für Behandlungen genutzt werden.
  • Nahrungsergänzungsmittel – wie Vitamine und Mineralstoffe, die allgemein zur Unterstützung der Ernährung eingesetzt werden, aber nicht als Arzneimittel zugelassen sind.
  • Kosmetikprodukte – wie Hautcremes und Shampoos, die vorrangig zur Pflege und nicht zur Behandlung medizinischer Bedingungen gedacht sind.

Lebensmittel

Mit Lebensmitteln sind alle Produkte gemeint, die unter das Lebensmittelrecht fallen, also beispielsweise:

  • Nahrungsergänzungsmittel
  • Lebensmittelzusatzstoffe: Stoffe, die Lebensmitteln aus technologischen Gründen zugesetzt werden, wie Farbstoffe, Konservierungsmittel oder Emulgatoren

Futtermittel

Rechtlich gesehen sind Futtermittel alle verarbeiteten, teilweise verarbeiteten oder unverarbeiteten Stoffe oder Erzeugnisse, einschließlich Zusatzstoffen, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind. Diese Definition umfasst sowohl Einzelfuttermittel, wie pflanzliche oder tierische Rohstoffe (z. B. Soja, Mais, Milchprodukte) als auch Mischfuttermittel, die aus verschiedenen Einzelfuttermitteln zusammengesetzt sind. Auch Leckerlies und Nahrungsergänzungsmittel für Tiere zählen zu Futtermitteln.

Lebende Pflanzen und Tiere

Außerdem sind lebende Pflanzen und Tiere, genetisch veränderte Organismen und genetisch veränderte Mikroorganismen in geschlossenen Systemen sowie Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen, von der Verordnung ausgenommen. Was mit lebenden Pflanzen und Tieren gemeint ist, dürfte selbsterklärend sein.

Genetisch veränderte Organismen (GVO):

  • Pflanzen: Mais, der so verändert wurde, dass er widerstandsfähiger gegen Schädlinge ist.
  • Tiere: Lachse, die durch genetische Veränderungen schneller wachsen.

Genetisch veränderte Mikroorganismen in geschlossenen Systemen: Bakterien, die in Laboren so verändert wurden, dass sie Insulin produzieren. Diese werden in speziellen Behältern gehalten, um die Umgebung zu kontrollieren.

Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen:

  • Pflanzen: Samen von Tomatenpflanzen, die zur Aussaat für neue Pflanzen verwendet werden.
  • Tiere: Befruchtete Hühnereier, aus denen Küken schlüpfen sollen.

Tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte

Tierische Nebenprodukte sind Materialien tierischen Ursprungs, die Menschen nicht als Nahrungsmittel konsumieren. Diese können aus verschiedenen Gründen nicht für den menschlichen Verzehr geeignet oder bestimmt sein, wie etwa wegen ihrer Beschaffenheit, der Herkunft der Tiere oder der Art der Verarbeitung. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Schlachtabfälle wie Knochen, Blut, Hörner und Hufe
  • Teile von Tieren, die aus gesundheitlichen oder ethischen Gründen nicht gegessen werden
  • Gefallenes Vieh, also Tiere, die auf dem Bauernhof gestorben sind

Folgeprodukte sind jene Produkte, die durch Verarbeitung oder Weiterverarbeitung der tierischen Nebenprodukte entstehen. Diese Verarbeitungsprozesse können beispielsweise das Trocknen, Zerkleinern, Erhitzen oder chemische Behandeln umfassen, um Materialien für verschiedene Verwendungszwecke nutzbar zu machen. Einige Beispiele für Folgeprodukte sind:

  • Tiermehl und Knochenmehl, das als Düngemittel oder in Tierfutter verwendet wird
  • Gereinigtes Fett aus tierischen Nebenprodukten, das in der Kosmetik- und Pharmaindustrie genutzt wird
  • Gelatine, die aus Knochen und Haut hergestellt wird und in Lebensmitteln, Medikamenten oder fotografischen Filmen Anwendung findet
  • Nicht gemeint sind Leder und Pelze.

Pflanzenschutzmittel

Rechtlich betrachtet sind Pflanzenschutzmittel Substanzen oder Produkte, die dazu bestimmt sind, Pflanzen oder pflanzliche Erzeugnisse vor Schädlingen oder Krankheiten zu schützen oder diese zu bekämpfen. Sie können auch verwendet werden, um das Wachstum von Pflanzen zu beeinflussen, unerwünschte Pflanzen zu zerstören oder Pflanzenerzeugnisse vor nicht parasitären Beeinträchtigungen zu schützen, also beispielsweise: Herbizide, Insektizide, Fungizide und Rodentizide.

Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge

Auch diese sollten selbsterklärend sein. Wichtig ist, dass beispielsweise Drohnen nicht unter die Ausnahmen für Luftfahrzeuge fallen. Bei Beförderungsmitteln sind nur die von der Ausnahme betroffen, die von Dienstleistungserbringern im Rahmen einer Transportdienstleistung, die Verbraucher:innen erbracht wird, direkt bedient werden und nicht von den Verbraucher:innen selbst bedient werden.

Antiquitäten

In der Verordnung heißt es: „Antiquitäten, wie etwa Kunstgegenstände oder Sammlerstücke, sind besondere Produktkategorien, von denen nicht erwartet werden kann, dass sie die in dieser Verordnung festgelegten Sicherheitsanforderungen erfüllen, und sollten daher vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden.“

Sammlerstücke: Briefmarken, Stempelmarken, Steuerzeichen, Ersttagsbriefe, Ganzsachen und dergleichen, entwertet oder nicht entwertet, jedoch weder gültig noch zum Umlauf vorgesehen, sowie zoologische, botanische, mineralogische oder anatomische Sammlungsstücke und Sammlungen; Sammlungsstücke von geschichtlichem, archäologischem, paläontologischem, völkerkundlichem oder münzkundlichem Wert.

Kunstgegenstände: Werke, die allein zu künstlerischen Zwecken geschaffen wurden, also beispielsweise Gemälde, Originalstiche, Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst, handgearbeitete Tapeten. Originale aus Keramik vollständig vom Kunstschaffenden hergestellt und signiert usw.

Antiquitäten: Andere Gegenstände als Kunstgegenstände und Sammlungsstücke, die mehr als hundert Jahre alt sind. Ob hier wirklich die Grenze von hundert Jahren immer angewendet werden muss, ist allerdings fraglich. Es kann gut sein, dass in den Einzelfällen ein horrendes Alter der Produkte gemeint ist. Da es um die Produktsicherheit geht, kann es ausreichend sein, wenn das Produkt alt genug ist, um nicht mehr für die Verwendung oder den Gebrauch vorgesehen zu sein, sondern lediglich als Ansichts- oder Dekorationsobjekt dienen soll.

… und gebrauchte Produkte?

Gebrauchte Produkte sind nicht ausdrücklich von der Verordnung ausgenommen. Allerdings können diese dennoch aus dem Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Produkte, bei denen Verbraucher:innen vernünftigerweise nicht erwarten können, dass sie die aktuellen Sicherheitsnormen erfüllen, sind allerdings ausgenommen. Das betrifft beispielsweise Produkte, bei denen klar darüber informiert wurde, dass sie zunächst instand gesetzt werden müssen, um überhaupt verwendet werden zu können.

Außerdem dürfte die GPSR für die meisten gebrauchten Produkte aktuell nicht gelten, da diese bereits vor dem 13. Dezember 2024 in Verkehr gebracht wurden. Allerdings gibt es einen Haken.

Zum Beispiel: Am 13. Dezember wird ein Haus geräumt und die noch brauchbaren Haushaltsgegenstände sollen verkauft werden. Sie dürfen aber nur dann verkauft werden, wenn sie das vor der GPSR geltende Produktsicherheitsgesetz erfüllen. Dieses sieht vor, dass Produkte mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers gekennzeichnet sind. Das ist aber oft nicht mehr der Fall.

Im Ergebnis bedeutet das, dass die GPSR zwar für diese Produkte nicht gilt; sie aber trotzdem nicht gewerblich weiter verkauft werden dürfen, weil die jetzt noch geltenden Anforderungen an die Produktsicherheit nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt natürlich, wenn die Produkte unter die Ausnahme für Antiquitäten, Sammlerstücke und Co. fallen.