Viele Menschen möchten ihre handwerklichen Fähigkeiten nutzen, um ein eigenes kleines Business aufzubauen. Dabei wird oft unterschätzt, dass der Verkauf selbstgefertigter Produkte ohne angemeldetes Gewerbe rechtliche Konsequenzen haben kann. Neben steuerlichen Pflichten gibt es eine Vielzahl an Vorschriften, die beachtet werden müssen – von der Herstellerkennzeichnung über die Textilkennzeichnung bis hin zur korrekten Grundpreisangabe. Auch der Umgang mit Widerrufsrechten, CE-Kennzeichnungen und die Nutzung von Lizenzstoffen bergen Fallstricke. Wer Abmahnungen und rechtliche Probleme vermeiden möchte, sollte sich frühzeitig mit den geltenden Regelungen vertraut machen.
Hier haben wir die zehn häufigsten Stolperfallen für euch zusammengetragen.
Verkauf ohne angemeldetes Gewerbe
Das Hobby zum Beruf machen. – Davon träumen viele, wenn sie darüber nachdenken, sich mit ihrer Leidenschaft fürs Nähen, Plotten oder allgemein Handarbeiten ein Business aufzubauen. Bei der Recherche zu solchen Themen stolpern wir immer wieder über Personen, die „nebenbei“ Sachen für wenig Geld verkaufen. Weil „sie nicht darauf angewiesen sind“ und das Geld gern so „mitnehmen“.
Doch Vorsicht: Wer ohne angemeldetes Gewerbe Produkte zum Weiterverkauf herstellt, handelt gleich auf mehreren Ebenen rechtswidrig (sogenannte scheinprivate Verkäufer:innen). Zum einen ist dieses Vorgehen wettbewerbswidrig. Indem man die Kosten für Verbraucherschutz, Rechtstexte und den ganzen Rattenschwanz spart, kann man die Produkte günstiger anbieten, als jene, die eben die Nebenkosten tragen und von ihrem erwirtschafteten Umsatz noch irgendwie leben müssen. Hinzu kommt natürlich noch der steuerrechtliche Aspekt. Wer ohne Anmeldung planmäßig Produkte anbietet, hinterzieht möglicherweise Steuern.
Ausschluss des Widerrufsrechts
Für individualisierte Ware gibt es kein Widerrufsrecht? Das ist nur die halbe Wahrheit: Es kommt immer auf den Grad der Individualisierung an. Als Faustregel gilt: Kann ich es niemand anderem weiterverkaufen, ist der Widerruf ausgeschlossen. Zum Ausschluss des Widerrufs kommt es beispielsweise, wenn:
- Familienfotos auf T-Shirts gedruckt werden.
- Name und Geburtsdaten auf ein Kissen gestickt werden.
- Kleidung auf Maß gefertigt wird.
Keinen Grund zum Ausschluss gibt es, wenn:
- aus einem festen Pool an Farben und Motiven – wie etwa bei Spreadshirt – ein Produkt „individuell“ zusammengestellt wird.
- einzelne Teile im Baukastensystem zu einem Möbelstück zusammengestellt werden.
Doch Achtung: Wenn Produkte verkauft werden, für die es kein Widerrufsrecht gibt, sollte von pauschalen Formulierungen, wie etwa „das Widerrufsrecht ist ausgeschlossen“, abgesehen werden. Die Ausschlussgründe werden im Rahmen der Widerrufsbelehrung wiedergegeben. Dabei werden die gesetzlichen Formulierungen verwendet. Pauschale Formulierungen in Produktangebot und Co. bergen rechtliche Risiken.
Fehlende Produktbilder
Die Produktsicherheitsverordnung (GPSR) schreibt seit dem 13. Dezember 2024 vor, dass es zu jedem Angebot eine Produktabbildung geben muss. Das muss nicht zwangsläufig ein Foto sein; eine Abbildung genügt. Besonders bei Handmade-Händler:innen, die auf Kundenauftrag arbeiten, ist das mit der Abbildung natürlich schwer. Hier kann man sich durch transparent gekennzeichnete Beispielbilder behelfen.
Mehr zum Thema GPSR und Handmade findest du in unserer FAQ.
Fehlendes CE-Zeichen
Wer beispielsweise Spielzeug oder Produkte herstellt, die wie Spielzeug (zum Beispiel Plüsch-Dino als Türstopper) aussehen, muss prüfen, ob die Produkte die Anforderungen der EU-Spielzeugrichtlinie erfüllen und entsprechend das CE-Zeichen am Produkt selbst anbringen.
Ohne dieses Zeichen dürfen Produkte, die durch die EU entsprechend reguliert sind, nicht verkauft werden.
Mehr zu rechtlichen Anforderungen bei der Herstellung von Spielzeug findest du hier.
Keine Textilkennzeichnung
Laut der Europäischen Textilkennzeichnungsverordnung müssen die meisten Textilprodukte eine Kennzeichnung enthalten, die angibt, aus welchen Fasern sie bestehen. Diese Kennzeichnungspflicht gilt für alle Textilerzeugnisse, die auf dem EU-Markt angeboten werden und mindestens 80 Prozent Textilfasern enthalten. Dazu zählen Bekleidung mit nichttextilen Bestandteilen wie Metallknöpfe, Bezugsstoffe für Möbel und Schirme sowie textile Oberflächen von Bodenbelägen, Matratzen- und Campingartikelbezügen. Falls Produkte mit einem geringeren Textilanteil freiwillig gekennzeichnet werden, muss dies ebenfalls den Vorgaben der Verordnung entsprechen.
Bestimmte Textilien sind von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen, darunter Produkte zur Weiterverarbeitung, maßgeschneiderte Kleidung von unabhängigen Schneidern sowie Artikel, die in Anhang V der Verordnung aufgeführt sind, wie textile Bestandteile von Schuhen und Lederwaren. Die Kennzeichnung muss direkt am Produkt angebracht sein.
Zudem dürfen zur Bezeichnung der Fasern nur die in der Verordnung festgelegten Begriffe verwendet werden. Die Kennzeichnung an sich muss auf einem fest angebrachten Etikett erfolgen. Im Shop selbst muss die Faserzusammensetzung auch wiedergegeben werden.
Häufige Fehler, die zu Abmahnungen führen, sind:
- Merinowolle: Die Verordnung erlaubt nur die Bezeichnung „Wolle“.
- Acryl: Obwohl das OLG Frankfurt den Begriff akzeptiert hat, sollte zur Vermeidung von Streitigkeiten „Polyacryl“ verwendet werden.
- Lycra, Spandex: Diese sind Markennamen – die korrekte Bezeichnung lautet „Elasthan“.
Nicht gesetzlich vorgeschrieben sind hingegen Wasch- und Pflegehinweise. Allerdings ist es dennoch sinnvoll, Verbraucher:innen zu informieren. Ansonsten kann es zu Streitigkeiten über das Gewährleistungsrecht kommen, wenn beispielsweise ein Kleidungsstück nach dem ersten Waschgang einläuft.
Fehlender Hinweis auf die Mehrwertsteuer
Viele Handmade-Händler:innen betreiben ein Kleingewerbe und profitieren daher von der Kleinunternehmerregelung. Dennoch müssen die Preise mit dem Zusatz „inklusive Mehrwertsteuer“ ausgewiesen werden.
Hintergrund ist der folgende: Die Kleinunternehmerregelung hat lediglich Auswirkungen auf die Besteuerung. Dem gegenüber steht die Preisangabenverordnung, die vorschreibt, dass Preise gegenüber Verbraucher:innen mit dem Hinweis auf die bereits enthaltene Mehrwertsteuer dargestellt werden müssen. Es geht dabei darum, dass Verbraucher:innen auf einen Blick erkennen sollen, ob noch weitere Kosten auf sie zukommen.
Grundpreisangabe bei Sets
Bei Produkten, die nach Fläche, Gewicht, Volumen oder Füllmenge verkauft werden, ist grundsätzlich eine Grundpreisangabe erforderlich. Dies betrifft insbesondere Meterware wie Stoffe, Wolle sowie Bänder und Garne. Die Preisangabenverordnung sieht jedoch eine Ausnahme vor, wenn Sets „verschiedenartige Erzeugnisse enthalten, die nicht miteinander vermischt oder vermengt sind“.
Bei DIY-Sets, die neben Grundmaterialien auch Zubehör wie Karabiner, Druckknöpfe oder Nähnadeln enthalten, handelt es sich um verschiedenartige Produkte, sodass eine Grundpreisangabe in der Regel nicht notwendig ist. Anders verhält es sich bei Stoffpaketen: Enthalten diese unterschiedliche Stoffarten, beispielsweise ein günstiger Jersey neben hochwertiger Seide, kann auf die Grundpreisangabe verzichtet werden. Bei Paketen mit gleichen Stoffen in verschiedenen Farben oder Mustern, wie bei Patchwork-Sets, ist jedoch eine Grundpreisangabe erforderlich, da die Anwendung und Funktion der Stoffe identisch sind.
Keine Herstellerkennzeichnung
Wer Produkte herstellt, ist verpflichtet, eine Herstellerkennzeichnung anzubringen. Diese muss direkt auf dem Produkt den Namen, die Anschrift sowie eine elektronische Kontaktmöglichkeit enthalten. Ist dies nicht umsetzbar, können die Angaben alternativ in Begleitdokumenten wie der Gebrauchsanweisung oder einem Beipackzettel erfolgen.
Wichtig: Die Herstellerdaten müssen auch im Online-Angebot hinterlegt werden – selbst dann, wenn ausschließlich eigene Produkte verkauft werden. Jede einzelne Produktseite muss diese Informationen enthalten.
Widerrufsfrist bei Etsy korrekt hinterlegen
Das Widerrufsrecht ist essenzieller Bestandteil des Online-Handels. Allerdings gibt es insbesondere auf Etsy Umsetzungsschwierigkeiten bei der Angabe der Widerrufs- und Rücksendefrist. Das Gesetz sieht vor, dass Verbraucher:innen mindestens 14 Tage Zeit haben, den Widerruf zu erklären. Dann haben sie noch einmal 14 Tage Zeit für die Rücksendung. Bei Etsy kann man aber nur eine gemeinsame Frist für die Kontaktaufnahme und Rücksendung angeben. Um das gesetzliche Minimum von insgesamt 28 Tagen nicht zu unterschreiten, sollten Händler:innen hier die 30 Tage als Frist wählen.
Verwendung von Marken- und Lizenzware
Die gewerbliche Verarbeitung von Lizenzstoffen mit geschützten Motiven (z. B. Disney, Marvel) erfordert stets die Zustimmung des Rechteinhabers. Ohne entsprechende Lizenz drohen Abmahnungen, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können.
Private Nutzung: Für den privaten Gebrauch dürfen Lizenzstoffe ohne zusätzliche Genehmigung verarbeitet werden. Allerdings kann die öffentliche Präsentation solcher Werke auf Blogs problematisch sein, insbesondere wenn diese geschäftsmäßig betrieben werden.
Gewerbliche Nutzung: Wer Produkte aus Lizenzstoffen herstellt und verkauft, benötigt zwingend eine Nutzungslizenz. Einige Stoffhändler gewähren im Rahmen der sogenannten kleingewerblichen Nutzung begrenzte Verkaufsrechte, z. B. für bis zu zehn Produkte. Diese Regelungen sind jedoch nicht allgemein gültig und müssen individuell geprüft werden.
Konsequenzen bei Verstößen: Die unerlaubte gewerbliche Nutzung von Lizenzstoffen kann sowohl urheber- als auch markenrechtliche Abmahnungen nach sich ziehen, die mit hohen Kosten verbunden sind.
Es ist daher unerlässlich, vor der gewerblichen Verarbeitung von Lizenzstoffen die erforderlichen Lizenzen einzuholen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
Kommentar schreiben
Antworten
Ihre Antwort schreiben