Widerrufsrecht? Kundin gibt angeschnittene Meterware zurück

Veröffentlicht: 07.01.2025
imgAktualisierung: 07.01.2025
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 3 Min.
07.01.2025
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Nähzubehör auf schwarzer Schneidematte: Stoffe, gelbes Maßband, Schere, Garnspulen, Knöpfe, Stecknadeln und Reißverschluss.
SergPoznanskiy / Depositphotos.com
Widerruf bei Meterware: Kann eine Kundin für einen Teilrückversand den vollen Meterpreis verlangen?


In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

In dieser Woche geht es um das Widerrufsrecht: Eine Kundin bestellt in einem Bastelshop zehn Laufmeter Baumwollstoff. Aufgrund der recht großen Bestellung gibt es einen Mengenrabatt auf den Meterpreis, sodass die Kundin lediglich zehn Euro pro Meter zahlen muss. Nach einer Woche will sie von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen; allerdings nur zwei Meter des Stoffes zurückschicken. Begründung: Sie hätte doch nicht die vollen zehn Meter benötigt. Die Händlerin ist gewillt, den Widerruf dennoch zu akzeptieren und bietet ihr eine Rückerstattung in Höhe von 15 Euro an. Dazu erklärt sie, dass sie die restlichen zwei Meter so sehr wahrscheinlich nicht zum üblichen Meterpreis loswerden wird, sondern als rabattiertes Reststück in den Shop einstellen muss. Die Kundin fordert nun aber sogar 22 Euro zurück, was dem gängigen Meterpreis ohne Mengenrabatt entspricht. Zu Recht?

Grundsatz: Teilwiderruf oder benutzte Ware?

Das Widerrufsrecht ist schon ein kleines Minenfeld für sich. Gerade Fälle, in denen es um angeschnittene Meterware geht, sind nicht einfach zu beurteilen. Es gibt keine Rechtsprechung und im Endeffekt zwei mögliche Ansätze.

Ansatz 1: Wie benutzte Ware behandeln

Betrachtet man Meterware in der bestellten Menge als ein Produkt, so ist das Abschneiden von Stoff ein Benutzen, welches über die rechtlich zulässige Prüfung der Beschaffenheit im Rahmen des Widerrufsrechts hinausgeht. In so einem Fall müssen Händler:innen die Ware dennoch annehmen, haben aber einen Anspruch auf Wertersatz, wenn sie die Ware durch die Benutzung nur mit Verlust weiterverkaufen können.

Ansatz 2: Es handelt sich um einen Teilwiderruf

Als zweiten Lösungsansatz kann man das Verhalten als Teilwiderruf behandeln. Wenn man Meterware in einem Shop bestellt, gibt man schließlich eine Stückzahl an. Diese Stückzahl entspricht dann meistens einem Meter; manchmal auch einem halben Laufmeter, seltener einem Quadratmeter. Man könnte so eine Bestellung also auch so behandeln, wie wenn man eben drei Spulen Garn bestellt. Nur dass bei Meterware die einzelnen Teile eben zusammenhängen. 
Bei Teilwiderrufen verhält es sich so, dass diese gesetzlich nicht existieren. Entsprechend ist es Sache der Händler:innen, ob und wie sie diese regeln. Sind Teilwiderrufe in der Widerrufsbelehrung nicht geregelt, sind die Annahme und die damit verbundenen Bedingungen Kulanz.

Fazit: Okay… und was nun?

Was bedeutet das nun für unseren Fall? Der Fall ist tatsächlich diesmal gar nicht so einfach zu lösen, da es eben keine Rechtsprechung gibt und es für beide Ansätze gute Gründe gibt. Allerdings gibt es eine gute Nachricht: In keinem der beiden Fälle hat die Kundschaft Anspruch auf die Rückzahlung des höheren Meterpreises. Diese Forderung ist zumindest dreist. Da die Händlerin hier auch schon den Schritt gegangen ist und signalisiert hat, dass sie den Widerruf akzeptiert, sollte sie jetzt auch nicht direkt die Rolle rückwärts machen und plötzlich sagen, dass sie Teilwiderrufe plötzlich grundsätzlich nicht akzeptiert. Im Ergebnis spielen für diesen Fall die verschiedenen Ansätze keine Rolle. Bei Ansatz 1 hätte die Händlerin Anspruch auf einen Wertersatz, den sie mit der Rückzahlung verrechnen kann; bei Ansatz 2 dürfte sie den Teilwiderruf an ihre Bedingungen, sprich eine reduzierte Rückerstattung, knüpfen. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 07.01.2025
img Letzte Aktualisierung: 07.01.2025
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Sandra May

Sandra May

Expertin für IT- und Strafrecht

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