Alle Verantwortlichen im E-Commerce kennen es: Die Benachrichtigung über eine neue Bewertung ploppt auf, und schon bricht der kalte Schweiß aus. Eine negative Bewertung hat teilweise ernsthafte Konsequenzen für Umsatz und Marktplatzhandel. Auch aufs Gemüt kann ein schlechtes Feedback schlagen, denn viele nehmen die Kritik persönlich. Doch wann lohnen sich die Mühe und der Stress, sich dagegen zu wehren – und wann kann man sich den Ärger sparen?
Tatsachen oder Meinung – die wichtigste Unterscheidung
Bevor (rechtliche) Schritte gegen eine negative Bewertung eingeleitet werden, sollte zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen unterschieden werden. Tatsachenbehauptungen sind überprüfbare Aussagen wie „Die Lieferung war unvollständig“ oder „Das Produkt entspricht nicht der Beschreibung“. Wenn diese Aussagen nachweislich falsch sind, besteht eine Chance auf Löschung. Meinungsäußerungen wie „Unfreundlicher Kundenservice“ hingegen fallen unter die Meinungsfreiheit. Hier besteht in der Regel kein Anspruch auf Entfernung, selbst wenn die Äußerungen negativ sind, da das Recht auf freie Meinungsäußerung grundrechtlich garantiert ist.
Und nun schauen wir uns das Ganze noch einmal im Detail an, denn die Krux: Bei der Beurteilung einer subjektiv als unfair empfundenen Bewertung gibt es selten nur Schwarz oder Weiß.
Falsche Tatsachenbehauptungen
Nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen sind angreifbar und können zur Löschung gebracht werden. Dabei sind Dokumente wie Liefernachweise oder Rechnungen hilfreich, um die Bewertungsplattform von der Richtigkeit der eigenen Darstellung zu überzeugen. Wichtig zu wissen: Die Person, die die Bewertung abgegeben hat, ist für ihre Äußerung beweispflichtig und nicht andersherum.
Schmähkritik und Beleidigungen
Kritik gehört zum Geschäft, aber Schmähkritik und Beleidigungen überschreiten unter Umständen eine Grenze. Wenn Personen den Shop als „Abzockerbude“ oder ein Unternehmen als „Betrüger“ bezeichnet, handelt es sich um Schmähkritik, wenn es hierfür keine Grundlage gibt. In solchen Fällen kann die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten werden und rechtliche Schritte gegen die Bewertung sind möglich. Bewertungen, die diffamierend sind, müssen nicht hingenommen werden, wenn sie unwahr sind und strafrechtliche Normen verletzen (z. B. Schimpfwörter).
Warnungen
Manche Bewertungen enthalten sogenannte Warnungen wie „Vorsicht! Abzocke!“. Diese können potenzielle Kundinnen und Kunden abschrecken und ernsthaften Schaden anrichten. Solche Bewertungen können entfernt werden, wenn die Warnungen ungerechtfertigt sind und ein verzerrtes Bild des Unternehmens vermitteln.
Bewertungen von Nicht-Kundinnen und -Kunden
Es kommt vor, dass Bewertungen von Personen abgegeben werden, die tatsächlich nie etwas bestellt haben. Besteht der Verdacht, dass ein solcher Fall vorliegt, ist es sinnvoll, dies bei der Plattform zu melden. Plattformen können oft prüfen, ob die Bewertung von einer tatsächlichen Transaktion stammt und gegebenenfalls eine Entfernung veranlassen.
Fazit
Bei negativen Bewertungen gibt es keine „Einheitslösung“. Jede Bewertung sollte sorgfältig geprüft werden, da jeder Fall anders ist und nicht alle negativen Aussagen gleichermaßen angreifbar oder unzulässig sind. Ob eine Bewertung entfernt werden kann, hängt von mehreren Faktoren ab: Handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, ein Werturteil oder sogar um Schmähkritik? Oft braucht es eine umfassende Betrachtung, um festzustellen, ob die Kritik fair oder rechtlich anfechtbar ist. Betroffene sollten daher nicht vorschnell handeln, sondern gezielt abwägen, ob eine rechtliche oder anderweitige Intervention wirklich sinnvoll ist und die Mühe lohnt.
Negative Bewertungen können ärgerlich sein, aber oft zeigen sie auch wertvolle Ansätze zur Verbesserung. Der beste Weg ist daher ein differenziertes Vorgehen, das die Details jeder einzelnen Bewertung einbezieht. So lässt sich das Beste aus der Situation machen, ohne übermäßigen Aufwand zu betreiben.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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