In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.
In dieser Woche geht es wieder um das Gewährleistungsrecht: Eine Kundin bestellt eine CD. Diese befindet sich in einem Pappschuber und wird eingeschweißt in einer Folie geliefert. Wenige Tage nach der Lieferung meldet sich die Kundin beim Händler. Nach dem Entfernen der Folie ist ihr aufgefallen, dass der Pappschuber mehrere Zentimeter an der Seite eingerissen ist. Die CD an sich funktioniert, dennoch möchte sie eine Neulieferung. Der Händler erklärt ihr, dass ein Umtausch wegen des Öffnens der Originalverpackung ausgeschlossen sei. Dies stünde so in seinen AGB. Außerdem sei der Mangel unerheblich. Immerhin funktioniert die CD noch. Aus Kulanz bietet er ihr fünf Euro Preisnachlass an. Die Kundin besteht weiterhin auf die Neulieferung. Zu Recht?
Grundsatz: Nacherfüllung bei unerheblichen Mängeln
Kund:innen haben einen Anspruch auf die Lieferung des mangelfreien Produkts. Kommt das Produkt beschädigt an, so liegt in der Regel ein Sachmangel vor und die Kundschaft kann sich auf das Gewährleistungsrecht berufen. Dieses sieht in erster Linie vor, dass im Wege der Nacherfüllung durch Reparatur oder Neulieferung der Mangel aus der Welt geschafft wird. All das geht auf Kosten der Verkäufer:innen, und zwar unabhängig davon, ob sie etwas für den Mangel können.
Das wirkt nicht immer fair. Schließlich gibt es auch kleine Mängel, die sich auf die Funktionstüchtigkeit des Produkts nicht auswirken oder im Vergleich zum Gesamtprodukt klein erscheinen. Fehlen bei einem Kleiderschrank die zwei Schrauben zum Anbringen des Schubladengriffs, so darf von einem geringfügigen Mangel ausgegangen werden.
Und tatsächlich: Das Gewährleistungsrecht kennt geringfügige Mängel. Allerdings nur in Bezug auf den Rücktritt. Der Rücktritt wegen eines unerheblichen Mangels ist per Gesetz (§ 323 Absatz 5 Satz 2 BGB) ausgeschlossen. Für die Nacherfüllung gibt es so einen Ausschlussgrund allerdings nicht.
Fazit: Kundin besteht zu Recht auf Neulieferung
Was aber bedeutet das für unseren Fall? Der beschädigte Pappschuber wirkt sich zwar nicht auf die Funktionalität der CD aus, ist aber ein Mangel. Dieser mag unerheblich erscheinen; das ist für den Anspruch auf Neulieferung aber irrelevant. Irrelevant ist auch die AGB-Klausel zur Originalverpackung. Solche Klauseln sind ohnehin im B2C-Handel für gewöhnlich unzulässig. Die Gutschrift muss die Kundin entsprechend auch nicht akzeptieren. Die Forderung ist berechtigt.
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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