Paket angeblich nicht erhalten – Kunde fordert Geld zurück, ohne eidesstattliche Erklärung

Veröffentlicht: 10.10.2024
imgAktualisierung: 10.10.2024
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 3 Min.
10.10.2024
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ca. 3 Min.
Das Bild zeigt ein Lieferfahrzeug, das auf einer städtischen Straße fährt und Pakete verliert. Die dynamische Darstellung betont die schnelle Bewegung des Fahrzeugs.
Erstellt mit Dall-E
Ein Kunde behauptet, ein Paket nicht erhalten zu haben, verweigert aber die „Nichterhaltserklärung“ und fordert sein Geld zurück.


In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

Diesmal geht es um ein verlorenes Paket: Ein Kunde bestellt bei einem Händler verschiedene Produkte im Wert von insgesamt etwa 110 Euro. Der Händler sendet die Ware ab und laut Sendungsverfolgung wird das Paket auch abgegeben. Der Kunde behauptet allerdings, kein Paket erhalten zu haben. Der Händler meldet dies dem Versandunternehmen, welches sodann eine  „eidesstattliche Erklärung“ über den Nichterhalt des Pakets fordert. Das entsprechende Dokument übersendet der Verkäufer mit Bitte um Unterschrift an den Käufer. Dieser weigert sich aber, zu unterschreiben und fordert den bereits gezahlten Kaufpreis zurück. Dreist oder berechtigt?

Grundsatz: Zur „eidesstattlichen Erklärung“

Kommt ein Paket nicht an, wird oft von der Kundschaft eine sogenannte „eidesstattliche Erklärung“ gefordert. Mit dieser soll bestätigt werden, dass man die Ware wirklich nicht erhalten hat. Diese Schreiben werden oft mit einem Hinweis auf mögliche rechtliche Konsequenzen verbunden, sollte dann doch herauskommen, dass die Ware sehr wohl zugegangen ist.

Der Begriff „eidesstattliche Erklärung“ ist dabei aber eigentlich nicht korrekt: Bei Versicherungen an Eides statt (EDVs) handelt es sich um ein prozessuales Mittel der Glaubhaftmachung. Diese sind rechtlich nur wirksam, wenn sie gegenüber einer zuständigen Behörde abgegeben werden. Nur dann können sie strafrechtliche Konsequenzen für beispielsweise eine „falsche Versicherung an Eides sStatt“ nach sich ziehen.

„EDVs“ zwischen Privatpersonen und Unternehmen lösen diese Konsequenzen nicht aus. Korrekter ist daher die Bezeichnung „Nichterhaltserklärung“. Ganz irrelevant sind diese Erklärungen aber nicht: Lügt die Kundschaft bei so einer Erklärung, kommt beispielsweise eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht.

Ein weiterer Fakt ist, dass Unternehmen von der Kundschaft die Abgabe eines solchen Dokuments nicht einfordern dürfen. Sie dürfen darum bitten, haben aber keinen Anspruch. Das gilt auch dann, wenn der Versanddienstleister die Abgabe einer solchen Erklärung zur Grundvoraussetzung für den Ersatz der verloren gegangenen Sendung macht. Händler:innen dürfen die Abgabe einer „EDV“ auch nicht an die Rückzahlung des Kaufpreises koppeln.

Fazit: Kunde muss nicht unterschreiben, aber …

Was also bedeutet das für unseren Fall? Der Händler kann seinen Kunden grundsätzlich erst mal nicht dazu zwingen, diese Erklärung zu unterschreiben. Gleichzeitig darf er die Rückzahlung des Kaufpreises auch nicht von der Unterschrift abhängig machen. Allerdings ist die Verweigerung schon ein Indiz dafür, dass die Ware womöglich doch angekommen ist. Schließlich drohen bei der Unterschrift keine rechtlichen Konsequenzen, wenn das Paket wirklich nicht angekommen ist.

Allerdings handelt es sich bei diesem Verhalten auch nur um ein Indiz und keinen Beweis. Der Händler kann allerdings weitere Nachforschungen anstellen. Auch hier gibt es aber wieder eine Kehrseite: Die Nachforschungen dürfen nicht zu Lasten des Verbrauchers gehen. Er muss nicht bis zum Abschluss auf sein Geld warten. Der Verkäufer kann sich wiederum dafür entscheiden, keine Verträge mehr mit diesem Kunden zu schließen und ihm ein digitales Hausverbot auszusprechen.

Die Forderung des Kunden ist daher in Bezug auf die Unterschrift berechtigt. 

Veröffentlicht: 10.10.2024
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Lesezeit: ca. 3 Min.
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Sandra May

Sandra May

Expertin für IT- und Strafrecht

KOMMENTARE
7 Kommentare
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Oliver Diller
12.10.2024

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Hier gilt es gnauer auf die Behauptung des Nichterhaltes zu schauen. Da, steht sogar im Gesetz, eine Zustellung immer persönlich (sozusagen Auge in Auge) mit dem Besteller (Kunde, Käufer) vom Lieferdienst (Erfüllungsgehilfe des Verkäufers) stattfinden muss...wäre der Käufer sehr dumm so etwas zu behaupten. Dies wird in diesem Falle auch nicht sein. WAS allerdings leider immer öfter vorkommt, auch besonders gerne beim großem A, ist das geklingelt wird und dann die Ware einfach in den Hausflur eines großen Wohnhauses geschmissen wird>>> Dies ist KEINE Zustellung und der Kunde hat Recht bekommt RECHT besonders mit UNS. Oliver@XPertGroup.de
Bob
12.10.2024

Antworten

Prinzipiell könnte das ja jeder machen zu sagen. Ich habe die Ware nicht erhalten, somit Ware und Geld zu behalten. Wir als Händler haben defacto keine Möglichkeit, das Gegenteil nachzuweisen, auch wie man sieht nicht mit einem Lieferbeleg. Der Kunde kann somit machen, was er will. Der Paketdienst verweist auf eine unterschriebene Empfangsbestätigung und wir gucken dumm aus der Wäsche. alle haben Rechte nur Händler haben Pflichten.
Stefan
11.10.2024

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Warum darf man die Nichterhaltserklärung nicht einfordern? Immerhin geht es um "verschwundene" Ware, die einen Wert hat. Da müssten doch alle Beteiligten ihren Beitrag zu leisten müssen, oder nicht?
Die Redaktion
11.10.2024
Hallo Stefan, es gibt schlicht keine rechtliche Grundlage für eine solche Erklärung, da der Kunde nicht nachweisen muss, die Ware nicht erhalten zu haben. Alles Gute Die Redaktion
Stefan
12.10.2024
Mit gesundem Menschenverstand macht es aber schon einen Unterschied, ob es einen Ablieferbeleg gibt, oder eben nicht, wie im geschilderten Fall.
Jens
11.10.2024

Antworten

(...) und ihm ein digitales Hausverbot auszusprechen(..) das ist in der Praxis doch gar nicht umsetzbar! Man muss als Shopbesitzer "Gastbestellungen" zulassen (somit kann der Kunde ein ggf. gesperrtes Konto umgehen). Geht man dagegen vor, holt man sich noch mehr Ärger ins Haus (Storno der Bestellung mit weiterer Diskussionen, ggf. Anzeige erstatten oder erhalten einer negative Bewertung usw). Alles schon erlebt! Faktisch wird sich kein Händler mit solchem Gesindel weiter rumärgern wollen - Kostet nur Zeit und Geld. Ergo: Händler haben nur auf dem Papier Rechte, welche praktisch nicht umsetzbar sind.
Markus
10.10.2024

Antworten

Eine solche Behauptung des Kunden mag im Einzelfall zutreffen (z.B. der Paketdienst legt die Sendung irgendwo ab und diese wird entwendet - oder der Paketbote selbst bemächtigt sich der Sendung und fälscht den Zustellnachweis) - in der Regel ist aber wohl Betrug seitens des Käufers anzunehmen. In jedem Fall liegt eine strafbare Handlung vor, die zur Anzeige gebracht werden sollte. Ein Mehrwert dieses Formats wäre, statt nur Meldungen abzutippen und zu verteilen, z.B. die AGB der Paketdienstleister auf solche kundenfeindlichen Elemente durchzusehen und dieses Thema zur Diskussion zu stellen. Die Zustellmentalität der Paketdienstleister hat sich in den letzten 4 Jahren dramatisch verschlechtert.