PayPal Käuferschutz: So einfach geht die Abzocke – und wie Händler sich schützen

Veröffentlicht: 18.03.2025
imgAktualisierung: 18.03.2025
Geschrieben von: Yvonne Bachmann
Lesezeit: ca. 5 Min.
18.03.2025
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ca. 5 Min.
Von einem virtuellen Paypal-Konto auf einem Laptop wandern Münzen in eine Geldbörse
cihangirstock / Depositphotos.com
Streitfälle werden häufig zugunsten der Kundschaft entschieden. Welche Tricks werden genutzt und wie können sich Unternehmen davor schützen?


PayPal gilt als sichere Zahlungsmethode – doch vor allem für Käufer:innen. Die Unternehmen hingegen erleben immer wieder, dass sie trotz einwandfreier Lieferung Geld verlieren, weil PayPal Streitfälle aus Sicht der Händlerschaft automatisch zugunsten der Kundschaft entscheidet. Ob „Ware nicht angekommen“, „Artikel entspricht nicht der Beschreibung“ oder „nicht autorisierte Zahlung“ – viele Online-Händler:innen kennen diese Probleme. Was bedeutet das in der Praxis für Unternehmen? Und wie kann man sich vor unberechtigten Rückbuchungen schützen?

Wie funktioniert der PayPal Käuferschutz?

PayPal bietet Käufer:innen ein einfaches System, um sich ihr Geld zurückzuholen. Hat man etwas bestellt, kann man eine Rückbuchung beantragen. Gründe sind unter anderem folgende:

  • Die Ware ist nicht angekommen.
    Beispiel: Ein Kunde bestellt ein Smartphone, bezahlt per PayPal und erhält die Ware laut Sendungsverfolgung zugestellt. Wenige Tage später behauptet er, das Paket sei nie angekommen, denn eine Unterschrift gibt es nicht. Er eröffnet einen Käuferschutz-Fall und bekommt sein Geld zurück – obwohl der Händler den Versand nachweisen kann.
  • Der Artikel weicht erheblich von der Beschreibung ab.
    Beispiel: Eine Kundin behauptet, dass die gelieferte Ware von der Beschreibung abweiche, obwohl sie genau dem entspricht, was bestellt wurde. PayPal entscheidet zugunsten der Käuferin, besonders wenn diese angibt, dass das Produkt „unbrauchbar“ oder „gefälscht“ sei, was sie durch schlechte Handyfotos nachzuweisen versucht.
  • Die Zahlung war angeblich nicht autorisiert.
    Beispiel: Ein Käufer bestellt Ware, bezahlt per PayPal und erhält die Lieferung. Kurz danach behauptet er gegenüber PayPal, dass die Zahlung nicht von ihm getätigt wurde. PayPal bucht den Betrag zurück und der Händler steht ohne Geld und ohne Ware da.

Viele Unternehmen erleben, dass PayPal Streitfälle häufig und aus Betroffenensicht unberechtigt zugunsten der Käufer:innen entscheidet – oft ohne gründliche Prüfung.

Aber auch abseits der üblichen Käuferschutzoptionen gibt es Potenzial: Das Bestellen und Rückbuchen der Kreditkarte wäre hier als eine von unzähligen Methoden zu nennen. Ein Kunde bezahlt beispielsweise per PayPal, mit hinterlegter Kreditkarte. Nach Erhalt der Ware reicht er bei seiner Bank eine Kreditkartenrückbuchung („Chargeback“) ein. Die Bank zieht das Geld von PayPal zurück und PayPal wiederum bucht es vom Händlerkonto ab – unabhängig davon, ob die Lieferung nachweisbar war oder nicht.

PayPal-Verkäuferschutz – eine echte Hilfe?

Nun mögen sich einige daran erinnern, dass PayPal neben dem Käuferschutz auch einen sogenannten Verkäuferschutz bietet. Doch dieser ist an strenge Bedingungen geknüpft. So muss ein betroffenes Unternehmen nachweisen, dass die Ware an die beim Kauf hinterlegte Adresse verschickt wurde – und idealerweise auch dort bei der richtigen Person angekommen ist. Eine Sendungsverfolgung mit Tracking-Nummer ist dabei zwar das Minimum. Doch selbst wenn all diese Bedingungen erfüllt sind, berichten zahlreiche Unternehmen, dass PayPal den Käuferschutz trotzdem gewährt und die Zahlung rückabwickelt. So ist beispielsweise eine Zustellung beim Nachbarn kein Beweis dafür, dass die Ware wirklich in den richtigen Händen gelandet ist und das Dilemma ist nicht aufzuhalten. Auch eine Unterschrift ist längst kein Standard mehr und Missbrauchsoptionen wird Tür und Tor geöffnet.

Ein weiteres, ernst zunehmendes Problem stellt der Missbrauch mit unberechtigten Rückbuchungen dar. Kund:innen geben an, eine Transaktion nicht autorisiert zu haben, obwohl sie die Ware bereits erhalten haben. PayPal, als kundenfreundliches Unternehmen positioniert, will Käufer:innen einen möglichst unkomplizierten Schutz bieten. Das führt oft dazu, dass die Entscheidungsfindung stark auf die Kundenseite ausgerichtet ist. In diesen Fällen bleibt der Handel vielfach auf dem finanziellen Schaden sitzen – selbst wenn Gegenbeweise erbracht wurden.

Rückendeckung für Online-Shops?

Doch Unternehmen haben zumindest eine offizielle rechtliche Handhabe: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Rückbuchung durch PayPal nicht automatisch bedeutet, dass ein Kunde oder eine Kundin das Geld behalten darf. Im Urteil stellte der BGH klar, dass PayPal-Entscheidungen keinen rechtskräftigen Anspruch begründen. Das bedeutet: Selbst wenn PayPal eine Rückzahlung vornimmt, kann der Shop den Betrag zivilrechtlich einklagen. Das Urteil bekräftigt also, dass Unternehmen nicht völlig schutzlos sind.

  • Unternehmen müssen nicht automatisch akzeptieren, wenn PayPal zugunsten der anderen Seite entscheidet.
  • Unternehmen können den Betrag auf dem normalen Rechtsweg einfordern und sich auf das BGH-Urteil berufen.

Aber: Der bürokratische Aufwand macht es in vielen Fällen schwer, sich erfolgreich zu wehren. Ein Gerichtsverfahren ist teuer und langwierig, besonders für kleine Beträge. Internationale Käufer:innen sind zudem schwer greifbar. Die meisten Betroffenen verzichten schließlich auf eine Klage, weil sich der Aufwand nicht lohnt. Und das spielt Kriminellen in die Karten. Allerdings gibt es auch positive Beispiele. In einer Gerichtsentscheidung wurde ein Kunde, der den PayPal-Käuferschutz missbraucht hatte, zur Zahlung von Kaufpreis und Anwaltskosten verurteilt.

Wie kann man zur Gegenwehr ansetzen?

Obwohl es schwierig ist, gibt es einige Maßnahmen, mit denen Unternehmen vorbeugen und PayPal-Fälle für sich gewinnen können:

  1. Detaillierte Dokumentation führen
    - Produktbilder und Beschreibungen so genau wie möglich gestalten, um Angriffsfläche zu minimieren.
    - Kundenkommunikation (E-Mails, Chats, Bestellbestätigungen) speichern. Soweit das Shopsystem einen Login speichert, kann das belegen, dass die Bestellung von der betreffenden Person aufgegeben wurde. Falls einer Bestellbestätigung oder Versandbenachrichtigung nicht widersprochen wurde, ist das ein Indiz für eine autorisierte Transaktion.
    - Eine wiederholte Nutzung mit demselben PayPal-Konto kann ein Hinweis darauf sein, dass die Zahlung bewusst erfolgt ist.
  2. Absicherung beim Versand
    - Falls möglich, Videoaufnahmen von Verpackung und Versand anfertigen, insbesondere bei teuren Artikeln.
    - Pakete mit hohem Wert nur mit Unterschrift/persönlicher Zustellung ausliefern lassen.
    - Bei besonders sensiblen Lieferungen (z. B. Elektronik, Luxusartikeln) auch Identitätsprüfung beim Empfang in Betracht ziehen.
  3. Kundenrisiko analysieren
    - Bestellungen von verdächtigen IP-Adressen oder VPN-Nutzern im datenschutzrechtlich möglichen Bereich genauer prüfen.
    - Auffällige Kund:innen auf eine schwarze Liste setzen.
    - Adressen mit hohem Betrugsrisiko (z. B. Paketweiterleitungen) vermeiden oder eine Adress- und/oder Identitätsprüfung durchführen (z. B. AdressCheck der Deutschen Post).
  4. Alternative Zahlungsmethoden anbieten
    - Aktiv auf alternative Zahlungsmethoden hinweisen, z. B. Direktzahlungen via Banküberweisung, ggf. verbunden mit einem Rabatt.
  5. Auf das Vertragsrecht berufen
    - Unternehmen können und sollten den Betrag, insbesondere im höheren Bereich, zivilrechtlich zurückfordern, wenn dieser zu Unrecht zurückgebucht wurde.
    - Alternativ: Mahnung schreiben oder ein Inkassobüro beziehungsweise eine Kanzlei einschalten.
  6. Straverfolgungsbehörden einschalten
    - Besteht ein ernsthafter Verdacht, dass der Käuferschutz missbraucht wurde und eine mögliche Straftat mit der bewussten Inanspruchnahme begangen wurde, sollten Unternehmen überlegen, die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten. Vielfach lässt sich eine Anzeige schon online bei den jeweiligen Polizeiwachen stellen.

Fazit

Der Missbrauch des PayPal-Käuferschutzes ist in der Praxis ein ernstzunehmendes Problem und viele nutzen die laschen Prüfmechanismen gezielt aus. Da PayPal eher kundenfreundlich als händlerfreundlich agiert, sollten sich Unternehmen nicht ausschließlich auf diesen Zahlungsanbieter verlassen. Stattdessen sollten sie vorbeugende Maßnahmen ergreifen – von einer guten Dokumentation über versicherte Versandmethoden bis hin zur Nutzung alternativer Zahlungsmethoden.

Letztlich zeigt das BGH-Urteil zwar, dass Unternehmen sich rechtlich wehren können – auch wenn der Weg über eine Klage nicht immer einfach ist. Wer sich gegen Betrugsversuche absichert und PayPal-Entscheidungen nicht einfach hinnimmt, kann das Risiko zumindest ein Stück weit reduzieren.

Veröffentlicht: 18.03.2025
img Letzte Aktualisierung: 18.03.2025
Lesezeit: ca. 5 Min.
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Yvonne Bachmann

Yvonne Bachmann

Expertin für IT-Recht

KOMMENTARE
13 Kommentare
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Marie
20.03.2025

Antworten

Nimmt PayPal nicht an Schlichtungsverfahren vor Schlichtungsstellen teil? Das wäre doch eine niedrigschwelligere und schnellere Möglichkeit als Gerichtsverfahren.
Ingo
19.03.2025

Antworten

Am besten ist man gibt den Kunden einen zusätzlichen Vorkassenrabatt wenn der Kunde per Banküberweisung bezahlt, somit haben wir es erreicht das mittlerweile 60% unserer Kunden per Vorkasse bezahlen ob wir nun eine Gebühr an einen Amikonzern bezahlen oder es unseren Kunden geben was vernünftiger ist.
Peter
19.03.2025

Antworten

Hallo, eine Frage zu dem Thema: Ich versende nur versichert. Wenn der Kunde nun behauptet keine Ware erhalten zu haben ist dann nicht das Versandunternehmen (z.B. DHL) in der Haftung?
Redaktion
19.03.2025
Hallo, grundsätzlich ja, aber du musst in so einem Fall trotzdem erst mal das Geld an den Kunden erstatten, wenn dieser ein Verbraucher ist, da du das Transportrisiko trägst. Mit den besten Grüßen die Redaktion
Andree
19.03.2025

Antworten

Alles schon erlebt und auch bei einem kleinen Betrag den Anwalt eingeschaltet und gewonnen. Ja ist ein Aufwand, aber manchmal muss das sein, damit solche Leute merken was Sache ist.
Uwe
19.03.2025

Antworten

Bei mir hat ein Kunde eine Bewertung für den erworbenen Artikel abgegeben und 2 Tage später behauptet er ihn nicht erhalten zu haben. PayPal hat dem Kunden des Betrag wieder gutgeschrieben. Offensichtlicher geht's doch gar nicht.
Susanne
19.03.2025

Antworten

Wir hatten neulich einen (ersten verlorenen) Fall, in dem wir mehrfach nachweisen konnten, dass die Kundin unsere Ware selbst kaputt gemacht hat. Ein ewiges Hin und Her mit ellenlangen Beweisschreiben, Fotos und Fristen mit dem Resultat, dass wir den Fall verloren haben und sogar noch 16 Euro Strafgebühren zahlen mussten. Das Interessante daran ist, dass man bei vielen verlorenen Fällen mit den Gebühren wohl hochgeschraubt werden kann (Telefonat mit einem PP-Mitarbeiter), was den Schaden dann natürlich noch vervielfacht. Der nächste Schaden ist dann, dass diese Kunden sich bestätigt in sämtlichen Bewertungsportalen austoben und dem Händler nochmal extra schaden wollen...
Ben
19.03.2025

Antworten

Hallo, an welche rechtliche Instanz kann man sich in erster Instanz wenden, wenn ein entsprechender Fall eintritt? Anzeige bei der Polizei erstatten? PayPal hat in unserem Fall auf rechtliche Instanzen verweisen. Ich wüsste nur gerne, welche hier Initial greift. Danke Ben
Redaktion
19.03.2025
Hallo Ben, tatsächlich gibt es zwei Wege. Geht es um die Zahlung an sich, muss man auf dem Zivilrechtsweg vorgehen, also Mahnung/Inkasso oder notfalls die Zahlung vor einem Gericht einklagen. Nichtsdestotrotz ist das bewusste Ausnutzen möglicherweise eine Straftat, die z. B. von Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgt wird und schlimmstenfalls zu einer Verurteilung führt. Hierüber würde man faktisch aber keine Zahlung erhalten, weshalb beide Wege paralell zu bestreiten sind. Viele Grüße, die Redaktion
Mathias Wegener
18.03.2025

Antworten

Wichtige und richtige Tipps! Nur an einer Stelle muss ich mal ein großes Fragezeichen dahinter setzen. Bestellungen, die von bekannten VPN Adressen ausgehen, sollten genau analysiert werden, so der Artikel. Aus Kundensicht ist dieses genauere Analysen meist eine Blockierung. Unabhängig davon, ob dies nun rechtlich zulässig ist oder nicht, kann ich nur dringend davon abraten. VPN haben sich in den letzten Jahren stark durchgesetzt. Viele, sehr viele Kunden gehen nur oder sehr häufig über ein VPN ins Internet und bestellen dort dann halt auch Waren und Dienstleistungen Die Verwendung eines VPN hat hier absolut rein gar nichts mit irgendwelchen Betrugsabsichten oder ähnlichem zu tun, sondern soll den Schutz der Internetverbindung und Kundendaten aus Sicht der Kunden erhöhen. Wenn hier ein Händler vorschnell VPN Verbindungen blockiert, entgeht ihm Umsatz. Im schlimmsten Fall wird sogar seine Reputation gemindert. Die Nutzung eines VPN ist also in keiner Weise ein Indikator für irgendwelche betrügerische Absichten. Oder um es mal ganz salopp auszudrücken: so dumm ist niemand, der wirklich einen Schaden verursachen will.
Rolando Baer
18.03.2025

Antworten

Wenn das verboten ist, warum dürfen dann Konzerne den Namen von eingekauften Firmen übernehmen. Marken wie Gigaset, Grundig, Blaupunkt oder AEG dürften dann von einem in der BRD vollkommen Besitzer genutzt werden - oder? Wir haben ein 2 Klassenrecht!
Diana
18.03.2025

Antworten

Ist man tatsächlich nicht abmahngefährdet, wenn eine angebotene Zahlungsmethode mittels Rabatt bevorzugt wird? Ich meine, dagegen ist vor Jahren mal PayPal vorgegangen, wenn Händler PayPal als Zahlungsmöglichkeit anboten und gleichzeitig eine andere angebotene Zahlungsmethode mittels Rabatt bevorzugt wurde. Vielen Dank für eine Antwort!
Redaktion
19.03.2025
Hallo Diana, da hast du auf jeden Fall gut aufgepasst. Wir erklären dir kurz, wie die Rechtslage ist: Verbraucher müssen die Auswahl haben, mindestens mit einer kostenfreien, gängigen und zumutbaren Zahlungsart in einem Online-Shop bezahlen zu können. Soweit das gewährleistet ist, gibt es nichts zu befürchten. Viele Grüße, die Redaktion