Ein Amazon-Händler schildert folgenden Fall im Verkäuferforum:  Ein Kunde beschwerte sich über den Kauf einer Pokémon „Top Trainer Box“, die originalverpackt und versiegelt war. Nach dem Öffnen stellte er jedoch fest, dass er keine wertvollen Karten (sogenannte „Hits“) gezogen hatte. Daraufhin forderte der Kunde sein Geld zurück, mit der Begründung, die Ware sei „defekt“ oder funktioniere nicht richtig, weil er keine extrem seltene Karte wie die Glurak-XY-Holo-Rainbow-Gold-Mega-Karte gefunden hatte. Der Händler fragt nun im Forum nach Ratschlägen, wie er mit der Situation umgehen soll, insbesondere wie er solche Forderungen nach einer Rückerstattung aufgrund von Pech abweisen kann.

Sind fehlende „Hits“ in Pokémon Boxen ein Fall für das Gewährleistungsrecht?

Nein, zum Glück nicht. Ob in solchen Sammelkarten-Boxen seltene Karten enthalten sind, ist schlicht und einfach Glückssache. Wichtig ist aber, dass Händler:innen auf keinen Fall damit werben sollten, dass in diesen Boxen auf jeden Fall Karten bestimmter Seltenheit enthalten sind. Ist dann keine enthalten, stellt das natürlich einen Mangel dar. Etwas anderes gilt natürlich, wenn man weiß, was drin ist.

Gibt es ein Widerrufsrecht, wenn Pokémon-Sammelpäckchen geöffnet wurden?

Ja, tatsächlich. Das gilt auch dann, wenn die Ware versiegelt ist. Das Gesetz sieht zwar vor, dass das Widerrufsrecht erlischt, wenn ein Siegel gebrochen wurde; das gilt aber nur für Hygieneprodukte.

Man könnte zwar überlegen, ob man den Widerruf wegen Rechtsmissbrauchs nicht doch ablehnen könnte, allerdings sind die Hürden hierfür sehr hoch. Ein Missbrauch liegt beispielsweise dann vor, wenn von vornherein keine Kaufabsicht bestand. Das ist hier aber nicht gegeben. Man will die Pokémon-Boxen schon; ist nur mit dem Inhalt nicht zufrieden.

Haben Händler:innen Anspruch auf Wertersatz, wenn geöffnete Sammelkarten-Päckchen zurückgesendet wurden?

Ja. Ein Anspruch auf Wertersatz besteht immer dann, wenn die Ware nicht nur auf ihre Beschaffenheit geprüft und dabei beschädigt wurde. Das Öffnen von diesen Päckchen geht über die Prüfung der Beschaffenheit heraus.

Zum Hintergrund: Mit der Beschaffenheitsprüfung soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Verbraucher:innen die Ware genauso in Augenschein nehmen können, wie es eben auch im stationären Handel möglich ist, damit sie eine informierte Kaufentscheidung treffen können. Im stationären Handel dürfte man die Päckchen auch nicht einfach öffnen.

Fazit: Kein Anspruch auf Gewährleistung, dafür aber Widerruf möglich

Für den Händler in diesem Fall bedeutet das, dass er keine Gewährleistungsansprüche abwickeln muss. Der Kunde gibt zwar an, dass das Produkt defekt sei; das entspricht aber nicht der rechtlichen Wahrheit. Theoretisch könnte der Kunde - sofern die gesetzliche Frist noch läuft - den Widerruf erklären. Dann müsste der Händler die Box zwar zurücknehmen, hätte aber Anspruch auf Wertersatz. Dieser Wertersatz könnte sogar 100 Prozent betragen. Die konkrete Höhe dürfte davon anhängen, ob und zu welchem Preis er die Karten nun noch verkaufen kann.