Im hektischen Alltag des Online-Handels sind Situationen wie diese keine Seltenheit: Ein Kunde bestellt Ware, der Shop versendet das Paket ordnungsgemäß und stellt ihm meist auch die Sendungsverfolgungsnummer zur Verfügung. Irgendwann meldet sich der Kunde und behauptet, die Lieferung sei nie angekommen. Oder ein anderes Szenario: Das Paket wird bei einem Nachbarn abgegeben, der Kunde holt es nicht ab, weil er ohne Tracking den Nachbarn nicht findet.

In solchen Fällen fragen sich viele Händler: Muss der Kunde nicht selbst die Sendungsverfolgung prüfen und rechtzeitig reagieren? Oder trägt der Händler weiterhin die volle Verantwortung für eine ordnungsgemäße Lieferung?

Rechtliche Grundlagen: Was schuldet der Händler eigentlich?

Vertraglich schuldet der Händler dem Kunden die vollständige Lieferung der bestellten Ware – und zwar bis zur Haustür. Erst dann gilt die Lieferung als erbracht. Allein der Versand der Ware oder die Mitteilung einer Trackingnummer reichen dafür nicht aus. Das deutsche Vertragsrecht (§§ 433, 474 BGB) ist hier eindeutig: Bis das Paket den Kunden tatsächlich erreicht hat, trägt der Händler das volle Risiko, etwa für Verlust oder Beschädigung.

Das bedeutet auch: Der Kunde muss grundsätzlich nichts weiter unternehmen, um seinen Anspruch auf Zustellung aufrechtzuerhalten. Er muss nicht täglich die Sendungsverfolgung prüfen, sich nicht selbstständig bei Paketdiensten erkundigen und auch keine Nachforschungen anstellen. Aus Sicht des Gesetzes liegt die Last der ordnungsgemäßen Lieferung eindeutig beim Händler.

Hat der Kunde eine Mitwirkungspflicht?

Ganz ohne Mitwirkungspflichten kommt der Kunde aber auch nicht davon. In besonderen Situationen kann das Prinzip von „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) greifen. Das heißt: Wenn dem Kunden offensichtlich Hinweise auf Zustellprobleme zugehen – etwa eine Benachrichtigungskarte im Briefkasten oder eine E-Mail vom Paketdienst über eine Paketabholung – kann von ihm erwartet werden, zumutbare Schritte zu unternehmen. Beispielsweise das Paket beim Nachbarn abzuholen oder eine Lagerfrist bei der Post zu beachten.

Bleibt der Kunde in solchen Fällen völlig untätig, obwohl ihm bekannt ist, dass eine Lieferung auf ihn wartet, kann ihm ein Mitverschulden vorgeworfen werden, wenn beispielsweise die Lagerfrist überschritten wurde und die Bestellung erneut versendet werden muss. Das kann dazu führen, dass er zumindest teilweise selbst für den entstandenen Schaden haftet. Allerdings liegt die Messlatte hierfür hoch: Ohne klare, für ihn erkennbare Hinweise darf man nicht verlangen, dass er regelmäßig die Sendungsverfolgung prüft oder sich aktiv auf die Suche nach seinem Paket macht. Weil es vergleichsweise um geringe Summen geht, gibt es hierzu auch keine Rechtsprechung.

Sendungsverfolgung – ein wichtiges Instrument für Händler

Auch wenn Kunden nicht verpflichtet sind, die Trackingnummer von Paketen aktiv zu nutzen, ist die Sendungsverfolgung für Händler alles andere als überflüssig. Im Gegenteil: Sie kann im Streitfall ein entscheidendes Beweismittel sein. Zeigt die Sendungsverfolgung eine erfolgreiche Zustellung an, insbesondere mit Abliefernachweis (zum Beispiel Foto der Übergabe oder Unterschrift), stärkt das die Position des Händlers. Ein einfacher „Zugestellt“-Status reicht oft als erster Anhaltspunkt, ersetzt aber keine vollständige Beweissicherung.

Mindestens genauso wichtig ist die Kommunikation mit dem Kunden: Wer klar und frühzeitig darauf hinweist, dass eine Sendungsverfolgung verfügbar ist und dass bei Problemen zeitnah gehandelt werden sollte, stärkt indirekt die Mitwirkung des Kunden – auch wenn dieser formal nicht dazu verpflichtet ist.

Fazit

So ärgerlich es auch ist: Kunden sind nicht verpflichtet, regelmäßig die Sendungsverfolgung zu prüfen oder sich selbstständig um die Zustellung zu kümmern. Der Händler bleibt bis zur Haustür in der Verantwortung. Dennoch gibt es Spielräume, um sich abzusichern: Durch eine kluge Versandstrategie, saubere Dokumentation und klare Hinweise an den Kunden können Online-Händler das Risiko von Streitigkeiten erheblich verringern – und im Ernstfall besser ihre Rechte durchsetzen.

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