Man kennt’s: Der Kunde bekommt die frohe Botschaft – „Dein Paket ist auf dem Weg zu dir!“ – und klickt erwartungsvoll den Tracking-Link. Und dann: Ernüchterung. DHL sagt nur: „Die Sendung wurde elektronisch angekündigt.“ Hermes murmelt etwas von „Daten erhalten, warten auf Paket.“ Und der Kunde? Fühlt sich an der Nase herumgeführt. Vor allem, wenn sich an diesem Status auch nach Tagen nichts ändert.
Fest steht: In vielen Fällen wurde hier schlicht nur das Versandetikett erstellt, das Paket selbst ist noch im Lager, auf der Rampe oder wartet in der Ecke, bis der Dienstleister es wirklich scannt und auf den Weg bringt. Das mag technisch korrekt sein – servicetechnisch ist es eher ein Eigentor. Wir haben uns daher gefragt: Ist das einfach nur uncool oder rechtlich sogar bedenklich.
Problemstellung: Label ist nicht gleich Versand
Viele Händler (oder deren Fulfillment-Dienstleister) generieren das Versandetikett vorab – oft automatisiert, um den Prozess zu beschleunigen. Und daran ist auch nichts falsch. Ein Artikel, der mit „Versandfertig in 1 Tag“ ausgezeichnet ist, gilt als versendet, sobald das Label existiert. So zumindest das Eigenverständnis mancher Shops.
Aber in der Realität zählt für den Kunden nicht das Label – sondern der Zeitpunkt, an dem das Paket wirklich unterwegs beziehungsweise eingetroffen ist. Alles davor ist nur ein (gutgemeintes) Versprechen. Und jetzt wird’s spannend.
Ist das auch rechtlich bedenklich?
Das Verbraucherrecht sagt: Wer bestimmte Lieferzeiten bewirbt, muss sie auch einhalten können – nicht nur auf dem Papier. Ein erstelltes Etikett ist erwartungsgemäß kein Versand. Wenn also in den AGB oder auf der Produktseite steht „Lieferung in 2–3 Tagen“, stoppt die Uhr nicht mit der Etikettenerstellung, sondern mit der tatsächlichen Übergabe an den Kunden.
Auch ein Wettbewerbsverstoß kann diskutiert werden – unabhängig von einer konkret versprochenen Lieferzeit. Denn in dem Moment, wo dem Kunden mitgeteilt wird, dass die Ware versendet wurde (ob per Mail oder Tracking-Link), wird ein geschäftlicher Eindruck erweckt. Wenn diese Mitteilung objektiv falsch oder irreführend ist, kann das gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Nach § 5 UWG handelt unlauter, wer über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung einschließlich ihrer Verfügbarkeit oder die Lieferung objektiv falsche Angaben macht. Wenn so etwas regelmäßig vorkommt, systematisch ist oder das Kundenverhalten beeinflusst, ist das zumindest bedenklich.
Plattformen und Marktplätze sind sensibel
Amazon, Ebay und Co. legen besonders Wert auf schnelle, belegbare Versandprozesse. Sie messen Versandzeiten nicht nur an Etiketten, sondern an tatsächlichen Tracking-Events. Händler, die hier tricksen – etwa um ihre „Versand pünktlich“-Quote hochzuhalten – riskieren Sperrungen, schlechte Bewertungen oder Rankingverluste. Bei Amazon bedeutet „Versendet“ in deren System: Übergabe an den Carrier – nicht Etikett erstellt. Wer hier die Regeln dehnt, muss sich ggf. unangenehme Nachfragen gefallen lassen.
Was wäre die bessere Lösung?
Hier ein paar Ideen, wie man es besser – und kundenfreundlicher – machen kann:
- Immer transparent bleiben und automatisierte Mails anpassen: Erst über die Vorbereitung des Versands informieren („Deine Bestellung wird nun bearbeitet“), dann ggf. den Versand ankündigen („Versandlabel erstellt – Übergabe in Kürze“ statt „Versendet“).
- Außerdem: Realistische Lieferzeitangaben im Shop machen und Puffer einbauen, die reale Abläufe abbilden (z. B. in Peak-Zeiten, bei Streiks).
Artikelbild: http://www.depositphotos.com
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