Ware nicht auf Lager? Kundin akzeptiert Stornierung nicht

Veröffentlicht: 18.12.2024
imgAktualisierung: 18.12.2024
Geschrieben von: Sandra May
Lesezeit: ca. 2 Min.
18.12.2024
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ca. 2 Min.
Junge Frau mit wütendem Gesichtsausdruck sitzt vor einem Laptop, Comic-Ausrufezeichen über ihr.
Erstellt mit Dall-E
Ein Online-Händler storniert eine Bestellung wegen des Lagerbestands. Welche Rechte hat die Kundin?


In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

In dieser Woche geht es um einen leeren Lagerbestand: Kurz vor Weihnachten bestellt eine Kundin eine Holzeisenbahn für ihre Tochter bei einem Händler. Im Online-Shop war das Produkt als verfügbar gekennzeichnet und laut AGB handelt es sich bei den Angeboten im Shop um Verbindlichkeiten. Etwa eine halbe Woche vor dem Fest storniert der Händler die Bestellung. Das Produkt sei nicht mehr auf Lager und die Abwicklung der Bestellung für ihn unmöglich. Die Kundin meint, dass das so nicht hinkommt. Immerhin ist die Bahn noch in anderen Shops verfügbar. Sie besteht auf der Lieferung. Zu Recht?

Grundsatz: Vertrag ist Vertrag

Im Online-Handel bestehen zwei Hauptformen der Vertragsgestaltung. Zunächst kann es sein, dass die Angebote im Shop unverbindlich sind. In diesem Fall gibt die Kundschaft mit dem Abschluss der Bestellung rechtlich gesehen ein Angebot zum Vertragsschluss an den/die Händler:in ab. Der Vertrag kommt erst durch die Annahme dieses Angebots zustande, die oft mit der Lieferung des Produktes erfolgt. In dieser Konstellation können Händler:innen die Bestellung noch stornieren.

Alternativ können die Angebote im Shop als verbindlich gelten. Hierbei wird der Kaufvertrag direkt mit der Abgabe der Bestellung geschlossen. In diesem Szenario sind die Möglichkeiten, den Vertrag zu stornieren, stark eingeschränkt, da grundsätzlich der Vertrag einzuhalten ist. Trotzdem existieren unter bestimmten Umständen Wege, sich von einem bereits geschlossenen Vertrag zu lösen. Dies kann durch Anfechtung, das Berufen auf Unmöglichkeit der Leistung oder spezielle Regelungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) erfolgen. Beachtet werden muss allerdings, dass das Vorliegen von Unmöglichkeit nicht allein dadurch begründet sein kann, dass die Lieferung der Ware erschwert wird.

Fazit: Händler muss Ware woanders bestellen

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Der Vertrag wurde bereits geschlossen, entsprechend ist eine Stornierung ohne Weiteres nicht möglich. Das weiß anscheinend auch unser Händler, der die Stornierung mit Unmöglichkeit begründet. Allerdings reicht es für die Unmöglichkeit gerade nicht aus, dass er selbst das Produkt einfach nicht auf Lager hat. Offenbar gibt es das Produkt in anderen Shops. Entsprechend muss er die Ware für die Kundin beschaffen und die Mehrkosten in Kauf nehmen. Die Forderung der Kundin ist berechtigt. 

Veröffentlicht: 18.12.2024
img Letzte Aktualisierung: 18.12.2024
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Sandra May

Sandra May

Expertin für IT- und Strafrecht

KOMMENTARE
5 Kommentare
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Hagy
19.12.2024

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Hallo Marc, ob ein Kunde ehrlich oder unehrlich ist spielt meiner Meinung nach keine Rolle. gerade im Onlinehandel erlebt man es immer wieder, dass ein Kunde, um Rücksendekosten zu sparen, einen Artikel als beschädigt reklamiert, obwohl sich nach Erhalt herausstellt, dass der Artikel nicht einmal geöffnet wurde, von solchen "unehrlichen" Kunden oder Trixerein kann jeder Onlinehändler ein kleines Büchlein schreiben. Es geht vielmehr darum, dass es eine 100%ige Datengenauigkeit über den Warenbestand, nonstop synchronisiert mit mehreren Shops und Plattformen, gerade wenn man viele Artikel verkauft, nicht gibt. Vielleicht in der Galaxie "Utopia" auf dem Planeten "Perfect", aber nicht auf der "Erde". Natürlich kann die Redaktion nur berichten und empfehlen, was Recht, Gesetz und Ordnung entspricht. aber im konkreten Fall muss die Kundin ihr Recht einklagen. und ob sie das für einen kleinen Betrag tut, ist fraglich. Die Kundin behauptet, der Artikel sei woanders erhältlich, sie solle ihn dort kaufen, und besteht nur darauf, das Geld für den nicht gelieferten Artikel zurückzubekommen. Das ist menschlich, logisch, praktisch und normal und löst das Problem, anstatt stur, rechthaberisch und lästig zu sein. Das ist keine Empfehlung von mir, sondern nur eine andere Sicht der Dinge.
Lars
19.12.2024
Na ja, es liest sich aber nicht so heraus, dass die Kundin einfach nur Ihr Geld zurückhaben möchte. Hier scheint es eher so, dass die bestellte Eisenbahn genau bei diesem Händler wohl am günstigsten war und sie daher nicht woanders mehr ausgeben möchte. Hier stellt sich mir nur die Frage nach der Zeitdauer der Erfüllungspflicht durch den Händler, denn als Unternehmer ist er vom Gesetz her dem wirtschaftlichen Handeln seiner Unternehmung verpflichtet. Das bedeutet für mich, dass wenn ich als Beispiel etwas für 99 Euro anbiete, das in anderen Shops z.B. 110 Euro kostet, mich kein Kunde oder Gesetz zwingen kann, dieses bei einem Wettbewerber teuer einzukaufen und dann unter meinem eigenen Einkaufspreis zu verkaufen, weil damit würde ich gegen diese gesetzliche Richtlinie verstoßen. Ich habe also zur Vertragserfüllung das Recht, die Ware wiederzubeschaffen, selbst wenn das 6 Monate dauert. Wenn der Kunde diesen Zeitraum nicht warten möchte, dass darf er selbstverständlich vom Vertrag zurücktreten und bekommt das Geld zurück.
dirk
19.12.2024

Antworten

Das Problem ist der heutige Egoismus und null Verständnis für ganz allgemeine Probleme, die immer auftreten können. Die Menschen wollen heutzutage rundum gegen alle Widrigkeiten geschützt sein und vor allen Unannehmlichkeiten beahrt werden. Nicht alle - aber viele Kunden sehen nur noch ihre ganz persönliche Situation: ICH WILL DAS JETZT! Wie ein Kleinkind im Supermarkt, das sich schreiend vor die Kasse auf den Boden wirft und seine Süßigkeit haben will. Dass Ware - trotz positivem Bestand im System und sorgfältiger Lagerhaltung und Datenpflege - mal nicht mehr vorrätig sein kann, kennt wohl jeder Händler, der mehr als zwei Produkte im Angebot hat. Ware kann beschädigt werden, verloren gehen, geklaut werden oder jemand hat sich schlicht bei der Inventur verzählt. Shit happens. Kommt vor. Fehler passieren. Wenn Kunden, die dafür kein Verständnis aufbringen, mal die gleichen Maßstäbe auf sich selbst anwenden würden... oder einfach akzeptieren, dass im Leben halt nicht immer alles nach Plan verläuft. So what. Such dir was anderes. Das echte Leben ist kein Instagram.
Robert
18.12.2024

Antworten

Solche Situationen können jedem Händler passieren, besonders wenn mehrere Shops oder Plattformen gleichzeitig betrieben werden. Oft handelt es sich dabei um sogenannte Überkäufe, die durch technische Synchronisierungsfehler oder verzögerte Systemabgleiche verursacht werden. Um sich vor unehrlichen Käufern zu schützen, ist es sinnvoll, einen Sicherheitspuffer einzuplanen: Anstatt beispielsweise 100 verfügbare Artikel anzubieten, listet man nur 90 zum Verkauf. Problematisch wird es jedoch, wenn man den gesamten Bestand abverkaufen möchte. Dies sollte man besser in ruhigeren Zeiten planen und nicht ausgerechnet zu Weihnachten oder an anderen stark frequentierten Shopping-Tagen – schließlich gilt: Der Kunde ist König.
Marc
19.12.2024
Warum ist ein Käufer unehrlich, wenn er auf Erfüllung des Vertrags besteht? Ich verlasse mich doch darauf, dass die Ware, die als verfügbar angezeigt wird und die ich daraufhin bestelle, auch geliefert wird. Eher ist doch der Händler unehrlich, der eine Leistung zusagt, und diese dann nicht erbringen kann.