Den Beginn des Falls macht ein Rechtsstreit zwischen der Erotikhändlerin Eis GmbH und einem Wettbewerber. Die Eis GmbH wurde im Januar 2015 abgemahnt, da das Unternehmen keine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung angegeben hat. Das ganze landete schließlich nach einer Klage beim Bundesgerichtshof, der die Akte zur Klärung europarechtlicher Fragen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) übersandt hat. Dieser hat am vergangenen Donnerstag sein Urteil gesprochen (EuGH, Urteil 14.05.2020, Aktenzeichen: C‑266/19). 

Telefonnummer „soweit verfügbar“

Die Entscheidung offenbart einmal mehr, wie sinnverändernd ein Wörtchen sein kann: Während im deutschen EGBGB steht, dass ein Unternehmer seine Telefonnummer anzugeben hat, setzt die zugrunde liegende EU-Norm vor die Telefonnummer ein „soweit verfügbar“. Genau auf diese EU-Norm stützt sich nun natürlich der EuGH, um die Frage des Bundesgerichtshofs nach einer Pflicht zur Angabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung zu beantworten.

Bereits letzten Sommer hatte der EuGH eine Entscheidung zu dieser Frage gefällt. Damals ging es um einen Rechtsstreit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Online-Riesen Amazon. Der EuGH stellte fest, dass eine Telefonnummer nicht angegeben werden muss, wenn eine andere Möglichkeit zur einfachen, effizienten und schnellen Kontaktaufnahme geschaffen wird. 

Unbedingte Verpflichtung wäre unverhältnismäßig

Der EuGH hat sich nun also mit der Frage beschäftigt, was die Richtlinie meint, wenn sie von „verfügbar“ spricht. Dies sei dann der Fall, wenn dem Verbraucher stets eine Telefonnummer zur Verfügung stünde und zwar so, dass es sich für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher so darstellt, dass der Unternehmer die angegebene Telefonnummer für seine Kontakte mit Verbrauchern nutzt. Davon sei beispielsweise dann auszugehen, wenn die Telefonnummer unter der Rubrik Kontakt zu finden sei. Ist dies der Fall, gehört die Telefonnummer auch in die Widerrufsbelehrung.

Als „unverhältnismäßig“ bezeichnet das europäische Gericht die generelle Verpflichtung zur Angabe einer Telefonnummer, wie es nach deutschem Gesetz der Fall ist. Bei dieser Beurteilung hatte der EuGH wie bereits in seiner Entscheidung letzten Sommer die kleinen Betriebe im Blick. Für diese erscheine das Bereithalten eines Telefonanschlusses im wirtschaftlichen Kontext als unverhältnismäßig. 

Wie geht es weiter?

Damit hat der EuGH lediglich die Fragen des Bundesgerichtshofes beantwortet. Die Akte wandert nun also zurück nach Deutschland. Hier muss dann der Bundesgerichtshof unter Beachtung der aufgestellten Kriterien entscheiden, ob die Eis GmbH zur Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung zur Verfügung stellen muss. 

Update vom 10.12.2020

Das Urteil des BGHs ist nun da: Eine Telefonnummer ist „verfügbar“ und damit in Widerrufsbelehrung auch mit anzugeben, wenn der Händler den Eindruck erweckt, dass er diese Telefonnummer auch für Kontakte mit Verbrauchern nutzen möchte (Urteil vom 24.09.2020, Aktenzeichen I ZR 169/17).