Am 20. Mai hat der Bundestag die größte Urheberrechtsreform der letzten 20 Jahre beschlossen. Dabei wurden die bereits im Jahr 2019 beschlossenen europäische Richtlinien umgesetzt.

Die Urheberrechtsreform wurde notwendig, da der technische Fortschritt die Möglichkeit zur Verbreitung von Werken stark verändert hat. Künstlerische Werke jeglicher Art können heute so einfach und schnell wie nie im Internet verbreitet werden. Im Fokus der Reform stand vor allem der Schutz des Urheberrechtes der Künstlerinnen und Künstler. 

Eine der beiden Richtlinien, die das Europäische Parlament und der Rat 2019 verabschiedet haben, ist die DSM-Richtlinie (Directive on Copyright in the digital Single Market),die Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt. Bei der zweiten Richtlinie handelt es sich um die sogenannte „SatCab”-Richtlinie.

Die DSM-Richtlinie wurde nun in nationales Recht umgewandelt. Am 7. Juni 2021 ist bereits das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes in Kraft getreten. Das Urheberrechtsdienstanbieter-Gesetz (UrhDaG) wird erst ab dem 1. August wirksam. 

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Uploadfilter:

Das UrhDaG beinhaltet die deutsche Umsetzung der viel diskutierten „Uploadfilter”.

Einige erinnern sich vielleicht an die vielen Diskussionen, die es damals zu den Uploadfiltern gegeben hat. Unzählige Menschen gingen auf die Straße, um gegen den früheren Artikel 13, jetzt Artikel 17 der DSM-Richtlinie, zu demonstrieren. Die deutsche Umsetzung über die so genannten Uploadfilter findet sich in § 9 UrhDaG. 

Doch was genau sind Uploadfilter überhaupt und warum sorgten sie damals für so viel Aufsehen?

Uploadfilter bezeichnet ein automatisiertes Verfahren welches Uploads auf einen Urheberrechtsverstoß überprüft. Die Urheberrechte der Künstler sollen dabei geschützt werden. Denn bei den Massen an Dateien, die täglich im Internet hochgeladen werden, ist es nahezu unmöglich, dass jeder Upload von einem echten Menschen überprüft wird. Alleine auf der Videoplattform YouTube werden in einer Minute 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Das entspricht Videomaterial von einer Dauer von mehr als 16 Tagen. Es ist also offensichtlich, dass nicht jedes Video von einem Menschen gesichtet und auf Urheberrechtsverstöße überprüft werden kann. Daher sollen Uploadfilter zum Einsatz kommen, die diese Überprüfung automatisiert vornehmen können.

Die Uploadfilter werden auch deswegen für nötig gehalten, weil durch die Urheberrechtsreform die Plattformen für Urheberrechtsverstöße schneller verantwortlich gemacht werden können. Die Dienstanbieter, also die Plattformbetreiber, können nach § 1 des UrhDaG künftig für einen Urheberrechtsverstoß auf ihrer Plattform schneller haftbar gemacht werden. Damit die Plattformen überhaupt eine Chance haben, ihrer Verantwortung nachzukommen, werden ihnen durch die Uploadfilter mehr Möglichkeiten eingeräumt.

Denn damit eine Haftung der Plattformbetreiber ausgeschlossen ist, müssen diese zuvor die Pflichten aus dem UrhDaG umgesetzt haben, um Urheberrechtsverstöße zu verhindern. Dazu gehört auch die Nutzung der Uploadfilter. 

Viele YouTuber und andere Content Creator hatten jedoch die Sorge, dass es durch Uploadfilter zu einem „Overblocking“ kommt, also dass auch Inhalte, die rechtmäßig hochgeladen werden dürfen, durch die Filter geblockt werden. 

Um ein Overblocking zu verhindern, werden in § 9 UrhDaG Kriterien für eine „mutmaßlich erlaubte Nutzung“ festgesetzt. Eine mutmaßlich erlaubte Nutzung liegt nach § 9 UrhDaG dann vor, wenn weniger als die Hälfte des Werkes benutzt wird, wenn Werkteile mit einem anderem Inhalt kombiniert werden oder wenn Werke nur geringfügig genutzt werden oder als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet sind. Wann eine geringfügige Nutzung vorliegt, wird in § 10 UrhDaG festgelegt. Eine erlaubte Nutzung wegen einer geringfügigen Nutzung liegt nur dann vor, wenn die Nutzung nicht kommerziell ist.

Worauf müssen Content Creator bei Uploads achten?

Was darf ich hochladen?

Nutzer dürfen weiterhin alles hochladen, was entweder ihr eigenes Werk ist, oder wofür sie die Nutzungsrechte haben. Auch erlaubt ist die Verwendung fremder Werke, wenn es rechtlich erlaubt ist. Das ist bei Zitaten, Parodien oder Karikaturen der Fall. Auch eine geringfügige Nutzung zu nicht kommerziellen Zwecken, ist weiterhin erlaubt. 

Wann wird ein Inhalt geblockt?

Bei einer rechtswidrigen Nutzung kann der Rechteinhaber eine Blockierung der hochgeladenen Inhalte verlangen. Der Rechteinhaber muss dann die Informationen darüber zur Verfügung stellen. Der Nutzer kann gegen diese Blockierung mit einer Beschwerde vorgehen. 

Um einen Missbrauch von Personen vorzubeugen, die widerrechtlich Blockierungen vornehmen lassen wollen, hat das UrhDaG in § 18 eine Schadensersatzpflicht festgelegt. Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Blockung verlangt, obwohl er nicht der wirkliche Rechteinhaber an dem Werk ist, ist verpflichtet, dem Nutzer den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. 

Besteht die Gefahr von Overblocking?

Viele Nutzer sind in Sorge, dass durch die Nutzung von Uploadfiltern auch Inhalte gesperrt werden, die zulässig sind. Die mutmaßlich zulässigen Nutzungen nach § 9 UrhDaG sollen von den automatischen Blockierungen durch Uploadfilter ausgenommen werden. So soll die Meinungsfreiheit geschützt werden.

Verfahren bei Beschwerde durch Rechtsinhaber:

Rechteinhaber können die automatische Blockierung ihrer Werke durch Uploadfilter verlangen. Bei einer mutmaßlich erlaubten Nutzung nach den Kriterien von § 9 bis 11 UrhDaG geht der Upload zunächst online. Der Rechteinhaber wird dann darüber benachrichtigt, dass sein Werk nach den Maßgaben der mutmaßlich erlaubten Nutzung hochgeladen wurde. Dagegen kann der Rechteinhaber nun Beschwerde einlegen. Bis über diese Beschwerde entschieden wird, bleibt der Upload jedoch online. 

Was ist die Red-Button-Funktion (§14 Abs. 4 UrhDaG)?

Damit die mutmaßlich erlaubten Nutzungen nicht missbraucht werden, um Urheberrechtsverstöße zu begehen, gibt es die sogenannte „Red-Button“-Option. Hierbei kann ein Upload sofort offline genommen werden, wenn nach menschlicher Prüfung die Nutzung offensichtlich Illegal ist. Das soll verhindern, dass den Rechteinhabern finanzielle Schäden entstehen, wenn ein Abwarten einer Prüfung zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Dieses Verfahren steht jedoch nur vertrauenswürdigen Personen zu. Nach welchen Kriterien darüber entschieden wird, welche Personen diesen Status erlangen, geht aus dem Gesetzesentwurf allerdings nicht hervor.

Weitere Änderungen

Neben den Uploadfiltern gibt es durch die Urheberrechtsreform noch einige weitere Änderungen.

Presseleistungsschutzrecht:

Das neue Presseleistungschutzrecht soll die Leistung von Presseverlegern bei der Erstellung von Presseveröffentlichungen schützen. 

Dabei sollen die Urheber davor geschützt werden, dass Webseiten (Insbesondere Suchmaschinen) die Texte nutzen, ohne dass sie die Rechte daran besitzen. Erlaubt bleiben allerdings weiterhin kurze „Snippets“, die als Vorschau in den Ergebnissen der Suchmaschine angezeigt werden. Dafür sorgt die Ausnahmeregelung in § 87g Abs. 2 Nr. 4 UrhG. Da heißt es, dass sehr kurze Ausschnitte und einzelne Wörter erlaubt bleiben. 

Faire Entlohnung für Kreative: 

Weiter sollen Kreativschaffende durch die Urheberrechtsreform fair entlohnt werden. Dafür wurden einige Anpassungen im Urheberrechtsgesetz vorgenommen, die bereits zum 7. Juni in Kraft getreten sind. Durch einen Zusatz in § 32 UrhG muss auch bei einer pauschalen Vergütung der Urheber eine angemessene Beteiligung am Gesamtbetrag erhalten. 

Durch § 34d UrhG erhalten die Kreativen neuerdings mehr Informationen über die Nutzung ihres Werkes. Mindestens einmal jährlich sind die Vertragspartner dazu verpflichtet, Auskunft darüber zu erteilen. 

Nach § 4 UrhDaG ist ein Diensteanbieter dazu verpflichtet, bestmögliche Anstrengungen zu unternehmen, die vertraglichen Nutzungsrechte urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben. Wenn der Urheber einem Dritten das Recht zur Wiedergabe eingeräumt hat, hat der Urheber gegen den Dienstanbieter einen Anspruch auf eine Vergütung für die öffentliche Wiedergabe des Werkes. Das gilt auch nach § 5 Abs. 2 UrhDaG, wenn das Werk durch einen Dritten auf der Plattform für Parodien, Karikaturen und Pastiches genutzt wird.

Was ist die SatCab-Richtlinie?

Etwas weniger im Fokus der Öffentlichkeit war die „SatCab-Richtlinie”, die auch zusammen mit der Urheberrechtsreform beschlossen wurde. 

Durch diese Richtlinie soll das GeoBlocking innerhalb der EU reduziert werden. Sendeunternehmen, die ihre Angebote online zur Verfügung stellen, müssen nur noch die Rechte für ihr Sitzland erwerben, um das Angebot in der gesamten EU zur Verfügung zu stellen, §20c UrhG. Das gilt allerdings nur für Eigenproduktionen und aktuelle Berichterstattung. 

Umsetzbarkeit bleibt abzuwarten

Insgesamt ist aus der Urheberrechtsreform deutlich erkennbar, dass Kreativschaffende einen besseren Schutz und eine fairere Entlohnung erhalten sollen. Ob das Verfahren mittels Uploadfiltern tatsächlich technisch so umsetzbar ist, wie es sich der Gesetzgeber vorstellt und damit die Rechte von Kreativschaffenden geschützt werden, wird sich wohl erst nach einiger Zeit zeigen. Der Forderung, auf den Einsatz von Uploadfiltern zu verzichten, wurde nicht nachgegangen. Wohl aber lässt sich im Gesetz erkennen, dass die Angst vor Overblocking gesehen wurde. Mit den Regelungen zur mutmaßlich erlaubten Nutzung wurde versucht, eine Kompromisslösung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Schutz des Urheberrecht zu schaffen. Ob diese Kompromisslösung praktikabel und technisch umsetzbar ist, wird sich wohl erst in Zukunft zeigen.