Der EuGH musste über drei deutsche Streitigkeiten über Urlaubstage entscheiden. Dabei kam er zum Ergebnis, dass Urlaubstage nicht verfallen, wenn der Arbeitgeber nicht darauf hingewiesen hat und deutlich dazu aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen (EuGH, Urteil vom 22.09.2022, Az. C-120/21). Der Urlaubsanspruch kann dann auch nicht verjähren.
Deutsche Verjährungsvorschriften verstoßen gegen Unionsrecht
Geklagt hatte eine Steuerfachangestellte, die in einer Kanzlei angestellt war, wie unter anderem LTO berichtete. Sie war von 1996 bis Mitte 2017 angestellt und konnte ihren jährlichen Urlaub nicht komplett nehmen, da die Arbeitsbelastung zu hoch war. Der Arbeitgeber ist den Hinweis- und Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und wies nicht darauf hin, dass der Urlaubsanspruch verfallen kann. Als die Angestellte 2018 ihren Urlaub in Anspruch nehmen wollte, berief sich der Arbeitgeber auf die Verjährung der Ansprüche. Während das Arbeitsgericht Solingen der Klägerin die Urlaubsansprüche nicht zusprach, bekam sie vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf recht. Das Bundesarbeitsgericht verwies die Frage dann an den EuGH.
Der EuGH stellte fest, dass der Arbeitgeber die Pflicht hatte, auf den Verfall der Urlaubstage hinzuweisen, damit diese verjähren können. Der Arbeitgeber solle in der Regel zwar nicht damit rechnen müssen, mit Urlaubsanträgen konfrontiert zu werden, die älter als drei Jahre sind, dann müsse er es den Mitarbeitern aber auch ermöglichen, den betreffenden Urlaub zu nehmen, so das Gericht. Damit die Verjährung zu laufen beginnt, muss der Arbeitnehmer klar darauf hingewiesen worden sein.
Das Bundesarbeitsgericht muss im Dezember abermals über den Fall entscheiden, ist aber an die Rechtsauslegung des EuGH gebunden.
Urlaub im Krankheitsfall
In zwei weiteren Fällen musste der EuGH über den Urlaubsanspruch entscheiden, der aufgrund von Krankheit nicht genommen werden konnte. Nach deutschem Recht verfällt der Urlaub, der aufgrund von Krankheit nicht genommen werden kann, 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Hier entschied der EuGH, dass zwar eine nationale Regelung dahingehend grundsätzlich möglich ist, aber auch hier der Arbeitgeber deutlich auf den Verfall hinweisen muss und es dem Arbeitnehmer auch ermöglichen muss, den Urlaub tatsächlich vorher zu nehmen.
Geklagt hatten ein ehemaliger Kraftfahrer und eine ehemalige Mitarbeiterin eines Krankenhauses, wie unter anderem die FAZ berichtete.
Auch hier wird das Bundesarbeitsgericht im Dezember erneut entscheiden müssen.
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