Seien es Desinfektionsmittel, Poolreiniger oder Mückensprays. Ein oder mehrere dieser Artikel sind wohl in jedem deutschen Haushalt vorhanden. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften sind diese Produkte als Biozide klassifiziert und dürfen nur mit Bedacht verwendet werden.
Produkte, die dazu bestimmt sind, Schadorganismen (beispielsweise Bakterien, Milben oder Viren) weder mechanisch noch physikalisch zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen, gelten als Biozide. Weil sie nicht ganz ungefährlich sind, ist auf ihre Wirkung und die Folgen besonders hinzuweisen.
Warnhinweis ja, aber wo?
Jeder Werbung für Biozidprodukte ist zwingend der Hinweis hinzuzufügen, dass die Biozidprodukte vorsichtig zu verwenden sind und vor einem Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen gelesen werden müssen. Wie so oft regeln die Gesetze jedoch eher den klassischen Fall des stationären Verkaufs und sind daher für den Online-Handel lückenhaft. Etwaige Zweifelsfragen müssen die Gerichte klären, wie es bei der Frage geschah, wo der Biozid-Hinweis im Online-Handel spätestens auftauchen muss.
Für den Fall, dass ein Online-Shop einen Warenkorb-Button bereits auf der Produktübersichtsseite nutzte, trafen die Richter folgende Feststellung: Die Präsentation der Biozidprodukte auf der Produktübersichtsseite ist bereits als Werbung einzustufen und löst die Hinweispflicht aus.
Die Gefahrenkennzeichnung von Biozid-Produkten im Internet muss also nach dem Urteil auf der Produktübersichtsseite erfolgen, wenn aus dieser heraus für den Kunden bereits ein „in den Warenkorb legen“ möglich ist (OLG Zweibrücken, Urteil vom 31.03.2022, Aktenzeichen: 4 U 201/21). Andernfalls könnte der Kunde das Produkt in den Warenkorb legen und den Kaufprozess einleiten, ohne den Hinweis vor dem finalen Kauf je zu Gesicht zu bekommen.
Praxistipps
Über die genauen Umsetzungsmodalitäten verloren die Richter kein Wort, denn der Hinweis fehlte gänzlich. Daher musste nur über das Ob und nicht über das Wie entschieden werden. Gemäß der Verordnung über Biozide soll sich der Hinweis aber deutlich abheben und gut lesbar sein. Es reicht also nicht aus, den Gefahrenhinweis einzubinden, er muss auch den formellen Anforderungen an Inhalt und grafischer Umsetzung genügen.
Übrigens: In der Werbung für Biozidprodukte darf das Produkt nicht in einer Art und Weise dargestellt werden, die hinsichtlich der Risiken des Produkts irreführend ist. Aufgrund des Nachhaltigkeits- und Natürlichkeitstrends lassen sich Händler möglicherweise auch zu verharmlosenden Werbeaussagen verleiten. Slogans wie „natürlich", „ungiftig" oder „umweltfreundlich" sind jedoch im Zusammenhang mit der Werbung für Biozide nicht erlaubt.
Viele Händler fühlen sich von den strengen Vorschriften nicht angesprochen, weil sie vermeintlich keine Biozide im Angebot haben. Tatsächlich gelten jedoch auch behandelte Waren, die eine primäre Biozidfunktion (also das Abtöten von Schadorganismen) als Biozidprodukte, beispielsweise ein Reinigungstuch mit antibakterieller Vorbehandlung.
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