Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können unter bestimmten Bedingungen steuerlich abgesetzt werden. Beim Finanzamt können sich dabei aber durchaus einmal Zweifel an den entsprechenden Angaben in der Steuererklärung geben. So auch im Falle der Unternehmerin, deren Fall gerade vom Bundesfinanzhof (BFH) entschieden wurde: Die vorgelegte Wohnungsskizze überzeugte den Finanzbeamten nicht, woraufhin dieser einen Kollegen aus der Steuerfahndung, einen sogenannten Flankenschutzprüfer, um die Überprüfung der Wohnung bat. Dieser führte dann auch eine unangemeldete Wohnungsbesichtigung bei der Unternehmerin durch – rechtswidrig, wie der BFH jetzt entschied (Urteil v. 12.07.2022, Az. VIII R 8/19). Einfach mal kurz vorbeifahren und gucken, das ist nicht in jedem Fall erlaubt.
Finanzamt sieht Klärungsbedarf: Wo schläft die Steuerpflichtige?
Der Fall dreht sich um das häusliche Arbeitszimmer einer selbstständigen Unternehmensberaterin: Diese hatte in ihrer Einkommenssteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gelten gemacht, in Höhe von rund 560 Euro. Auf Nachfrage des Finanzamtes legt die Unternehmerin eine Skizze der Wohnung vor, die beim Sachbearbeiter für Klärungsbedarf sorgte: Wie es im Urteil heißt, war der Skizze ein Zimmer zu entnehmen, das maschinenschriftlich mit „SCHLAFEN“ bezeichnet war.
Diese Bezeichnung war jedoch durchgestrichen und handschriftlich durch „ARBEIT“ ersetzt worden. Keiner der übrigen Räume sei als Schlafzimmer bezeichnet gewesen. Der Klärungsbedarf bestand hinsichtlich der Frage, wo die Unternehmerin schlafe. Unter dem Aspekt, dass sie erstmals Aufwendungen für ein Arbeitszimmer geltend machte, bat der Sachbearbeiter um die Besichtigung der Wohnung durch einen Beamten der Steuerfahndung. Dieser erschien dann unangekündigt bei der Unternehmerin, welche der Besichtigung nach dem Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren nicht widersprach. Im Nachgang legte sie dann Einspruch gegen die Besichtigung ein.
Unternehmerin war mitwirkungsbereit: Unangekündigte Besichtigung nicht verhältnismäßig
Damit hatte sie Erfolg: Der Bundesfinanzhof urteilte, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Hierfür führt der BFH zwei unterschiedliche Gründe an: Einerseits sei die Besichtigung nicht verhältnismäßig gewesen, da es an der Erforderlichkeit fehlte. Hier spielt der im Grundgesetz verbürgte Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung eine Rolle. Vor diesem Hintergrund sei eine Besichtigung zur Überprüfung der Angaben zum häuslichen Arbeitszimmer in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerpflichtigen erst dann erforderlich, wenn die bestehenden Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel, wie etwa Fotografien, nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden könne. Das gelte auch dann, wenn der betreffende Steuerpflichtige der Besichtigung zugestimmt habe und deshalb ein schwerer Grundrechtseingriff nicht vorliege.
Hierbei geht es also darum, dass dem Finanzamt auch gleich geeignete, aber mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, beispielsweise ein weiteres schriftliches Auskunftsersuchen oder eine Ortsbesichtigung nach vorheriger Benachrichtigung.
Ermittlung durch Steuerfahnder könnte Nachbarn (zu Unrecht) munkeln lassen
Nun hat die Betroffene doch eingewilligt, mag man einwenden. Doch wie es im Urteil heißt, werde die Finanzbehörde dadurch eben nicht vom allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Auswahl ihrer Ermittlungsmethode entbunden. Das gelte zumindest dann, wenn die betreffende Person bereit ist, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und kein konkreter Verdacht einer Steuerhinterziehung bestehe. Zudem könne solch eine Maßnahme unverhältnismäßig sein, wenn dem Betroffenen zuvor kein rechtliches Gehör gewährt wurde und dieser so keine weniger belastenden Möglichkeiten vorschlagen konnte. Grundsätzlich muss eine Wohnungsbesichtigung insofern vorher angekündigt werden.
Schwierigkeiten sah der Bundesfinanzhof andererseits zudem in der Tatsache, dass hier direkt ein Beamter der Steuerfahndung geschickt worden war, und die Besichtigung nicht durch einen Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Die Besichtigung durch einen Mitarbeiter der Steuerfahndung sei nämlich belastender. So sei etwa nicht auszuschließen, dass bei einer Ermittlung durch einen Steuerfahnder zufällig anwesenden Dritten, beispielsweise Nachbarn, der Eindruck vermittelt werden könnte, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt werde. Dadurch könne das persönliche Ansehen des Betroffenen gefährdet werden.
Über ein Schlafzimmer verfügte die Unternehmerin nach der Feststellung des Beamten vor Ort übrigens.
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