Dass es für den Versand von Werbe-Newslettern grundsätzlich eine Einwilligung des Empfängers braucht, dafür sorgt ausnahmsweise mal nicht unmittelbar die DSGVO. Vielmehr ist es das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das nämlich meint, ohne Einwilligung sei bei Werbung per elektronischer Post eine unzumutbare Belästigung anzunehmen – übrigens ganz gleich, ob es sich da nun um Verbraucher oder andere Marktteilnehmer handelt.
Allerdings gibt es auch eine Ausnahme für die sogenannte Bestandskundenwerbung: Unter dieser Ausnahmeregelung müssen sich Werbetreibende nicht um eine Einwilligung bemühen. Es bestehen aber andere Voraussetzungen: Nicht nur ist das Spektrum dessen eingeschränkt, was beworben werden darf. Es ist unter anderem auch nötig, dass der Werbetreibende die E-Mail-Adresse im Zuge eines Kaufs erhalten hat – und hier kommt es immer wieder zu Unfällen. Das zeigt auch ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth (v. 21.09.2022, Az. 4 HK O 655/21). Das Problem: Der Kauf war vom Verkäufer storniert worden.
Was ist die Bestandskundenregelung für Werbung per E-Mail?
Erstmal ein kleiner Ausflug in das Gesetz zum besseren Verständnis: Geschäftliche Handlungen, durch die ein Marktteilnehmer, beispielsweise ein Verbraucher, in unzumutbarer Weise belästigt wird, sind unzulässig. Soweit der Grundsatz. Das UWG erklärt dann auch, wann eine solche unzumutbare Belästigung (stets) anzunehmen sei. Bei Werbung unter Verwendung elektronischer Post, also etwa E-Mails, sei das der Fall, wenn keine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. So.
Allerdings nennt das UWG auch die Bestandskundenregelung als Ausnahme zu dieser Grundregel. Sind deren Anforderungen erfüllt, sei eine unzumutbare Belästigung dann doch nicht anzunehmen. Abgesehen davon, dass natürlich zum Beispiel datenschutzrechtliche Aspekte berücksichtigt werden sollten, nennt das UWG vier wesentliche Voraussetzungen, die insgesamt erfüllt sein müssen, wenn das ganze ansatzweise funktionieren soll:
- Der Unternehmer muss die elektronische Postadresse vom Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten haben.
- Der Unternehmer verwendet die Adresse zur Direktwerbung für eigene, ähnliche Waren oder Dienstleistungen.
- Der Kunde hat der Verwendung nicht widersprochen.
- Der Kunde wird bei der Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Landgericht: Hinweistext ermöglicht keine ausdrückliche Einwilligung
Zu jedem dieser Punkte gibt es sicherlich viel zu sagen, doch im Urteil des LG Nürnberg-Fürth geht es besonders um den ersten, der den Erhalt der Adresse im Zusammenhang mit einem Kauf betrifft. Damit nämlich hatte der Kläger ein Problem.
Der Fall war etwa wie folgt: Der spätere Newsletter-Empfänger kaufte im Online-Shop der Beklagten ein, vor der Bestellabgabe gab es einen Hinweis auf die Nutzung seiner E-Mail-Adresse für die Übersendung eines Newsletters zu ähnlichen Waren bzw. Dienstleistungen, welcher er jederzeit widersprechen könne. Die Bestellung allerdings wurde dann später vom Verkäufer storniert und die Ware auch nicht ausgeliefert – ganz im Gegenteil zu einem Werbe-Newsletter, der nochmals später im Postfach des Empfängers landete.
Und was sagt das Gericht nun dazu? Das betrachtet die Lage aus zweierlei Blickwinkeln und setzt sich erstmal damit auseinander, ob da eine Einwilligung vorliegen könnte – immerhin gab es ja diesen Hinweistext, und die Bestellung wurde aufgegeben. Nun müsste eine Einwilligung ausdrücklich sein und damit auch aktiv – Stillschweigen, bereits angekreuzte Checkboxen etc. reichen da bekanntlich nicht aus. Und auch in diesem Fall kommt das Gericht zu dem Schluss, dass der Hinweistext die Anforderungen an eine solche Einwilligung nicht erfüllt, zumal ein Vertragsschluss ohne dessen Regelung nicht möglich war.
Erforderlich: Erhalt der E-Mail-Adresse im Zuge eines erfolgreichen Einkaufs
Dann geht es um die Ausnahmeregelung, und die Frage, ob deren Voraussetzungen erfüllt sind. Die Antwort lautet nein. Der Verkauf, durch den der Versender die E-Mail-Adresse des Empfängers erhalten haben müsste, mag vielleicht eingeleitet worden sein, er kam nach der Feststellung des Gerichts angesichts der Stornierung aber nicht zustande. An dieser Stelle scheitert es beispielsweise auch gelegentlich in solchen Fällen, in denen der Käufer schon Waren in den Warenkorb gepackt und seine Daten eingegeben, aber noch nicht bestellt hat und damit auch kein Kauf vorliegt – den sogenannten Warenkorberinnerungen. Nun hätte die E-Mail-Adresse aber eben im Zuge eines Kaufs erhalten werden müssen.
Im vorliegenden Fall hätte die Ausnahmeregelung laut Urteil allerdings auch deswegen nicht gegriffen, weil diese eben nicht die Bewerbung von allem möglichen erlaubt. Es muss sich um ähnliche Waren oder Dienstleistungen handeln. Im Newsletter fand sich allerdings Werbung, die das gesamte Produktsortiment betraf.
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