Der Solidaritätszuschlag von 1995 sollte die Mehrkosten abfedern, die durch die Wiedervereinigung entstanden sind. Damals wurde die Abgabe für den sogenannten „Aufbau Ost“ verwendet, inzwischen ist dieser Zweck allerdings weggefallen, der Soli wird allerdings weiterhin für Mehrausgaben verwendet, die durch die Wiedervereinigung entstanden sind und ist nicht zweckgebunden.
Ein Ehepaar aus Aschaffenburg hatte gegen den Solidaritätszuschlag in seiner jetzigen Form geklagt. Es hielt den „Soli“ für verfassungswidrig. Die Klagen wurden abgewiesen, bis der Fall vor dem Bundesfinanzhof landete. Die Kläger waren der Ansicht, dass der Zuschlag in doppelter Hinsicht verfassungswidrig sei. Zum einen, weil der ursprüngliche Zweck des Soli entfallen sei, zum anderen machten sie geltend, dass er gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, da nur Personen mit hohem Einkommen die Abgabe zahlen müssen.
Zweckänderung ist rechtmäßig
Der Bundesfinanzhof sah keine Verfassungswidrigkeit (Urteil vom 17. Januar 2023, IX R 15/20). Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe, deren Einnahmen dem Bund zustehen. Dabei sei auch unerheblich, dass der Soli nicht mehr für den Aufbau Ost verwendet wird, sondern nicht mehr zweckgebunden ist. Die Entscheidung darüber, welche Aufgaben wann in Angriff genommen werden, gehört zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, so der Bundesfinanzhof. Dabei liege auch kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vor.
Grundsätzlich ist es zwar möglich, dass eine Ergänzungsabgabe, die verfassungsgemäß beschlossen wurde, nach einer gewissen Zeit verfassungswidrig wird, wenn sich die Verhältnisse grundlegend ändern und der Zweck erreicht wurde. Im Fall des Solidaritätszuschlages liege so eine Situation allerdings nicht vor. Der Bundesfinanzhof stellte fest, dass der wiedervereinigungsbedingte Finanzbedarf des Bundes weiterhin besteht. So etwa im Bereich Rentenversicherung oder auf dem Arbeitsmarkt.
Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz
Weiter gingen die Kläger auch dagegen vor, dass nur die oberen 10 Prozent der Steuerzahler durch den Soli belastet werden. Allerdings sah auch hier der Bundesfinanzhof kein Problem. Denn der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz sieht vor, dass wesentlich Gleiches gleich behandelt wird und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt wird. So verstößt es nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass die Abgabe mittlerweile nur ab einer gewissen Einkommensgrenze gezahlt wird. „Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig und geboten“ so der Bundesfinanzhof. Die bestehende Staffelung der Solidaritätsabgabe ist daher nicht zu beanstanden, sondern nach dem Sozialstaatsprinzip berechtigt.
Allerdings gibt es noch keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Solidaritätszuschlags, obwohl dort bereits zwei Verfahren anhängig sind. Nach Angaben von LTO, heißt es aus Ministeriumskreisen allerdings, dass die Bundesregierung Interesse an einer verfassungsgerichtlichen Klärung hat.
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