Gerade im Online-Handel ist es nichts Außergewöhnliches, dass europaweit gehandelt wird. Vor allem der EU-weite Verkauf wird durch viele einheitliche Regelungen für Unternehmer, sowie für Verbraucher erleichtert. Im hier vorliegen Fall bestellte eine Verbraucherin ein Ledersofa bei einem Online-Shop mit Sitz in der Schweiz. Der Shop erhielt keine Widerrufsbelehrung, sondern sogenannte „Rückgabebedingungen“. Diese beinhalteten, dass erhaltene Ware innerhalb von 14 Tagen, ohne Gründe zurückgegeben werden kann. Für nicht paketversandfähige Ware (also sperrige Güter, zu denen große Möbelstücke gehören), kann die Rücknahme durch ein Rücknahmeverlangen erklärt werden.
Außerdem gab es noch einen Hinweis, dass auf die Produkte zwei Jahre Garantie gewahrt wird. Darüber hinaus erklärt der Online-Shop in seine Bedingungen, dass das Schweizer Recht gelte.
Deutsches Recht anwendbar
Die Kundin rügte am gelieferten Sofa nach rund neuen Monaten verbleibende Sitzmulden und Falten auf dem Sofa und wollte Mängelansprüche geltend machen. Der Händler war allerdings anderer Auffassung und erklärte, er habe ein mangelfreies Möbelstück geliefert.
Daraufhin erklärte die Kunden den Widerruf vom Kaufvertrag und forderte den Händler auf, das Sofa abzuholen und den gezahlten Kaufpreis zurückzuzahlen. Auch das lehnte der Händler ab.
Die 14 Tage, die üblicherweise die Widerrufsfrist darstellen, waren in diesem Fall offensichtlich bereits verstrichen. Allerdings beträgt die Frist nur dann 14 Tage, wenn Verbraucher über die Widerrufsbedingungen ordentlich informiert werden. Auch wenn hier erklärt wurde, dass Schweizer Recht gelten soll, ist hier deutsches Recht anzuwenden. Denn nach der ROM-I-Verordnung gilt bei einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer das Recht des Landes, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Also in den meisten Fällen, das Land in dem der Verbraucher wohnt. Auch eine entsprechende Klausel, die anderes behauptet, ist unwirksam. Die Kundin klagte vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek und bekam Recht (Urteil vom 6. Oktober 2022 714 C 146/21)
Widerrufsbelehrung nicht eindeutig
Das Problem im vorliegenden Fall war, dass die Widerrufsbelehrung nicht eindeutig erfolgte. Denn hier hieß es in der entsprechenden Belehrung nicht „Widerruf", sondern „Rückgabe". Das Amtsgericht stellte fest, dass im allgemeinen Sprachgebrauch eine Rückgabe etwas anderes darstellt, als ein Widerruf. Denn ein Widerruf hat zur Folge, dass der Vertrag insgesamt beendet wird, während eine Rückgabe auch in Folge eines Sachmangels erfolgen kann.
Das Amtsgericht war der Auffassung, dass Verbraucher überwiegend rechtskundig seien und bei den Rückgabebedingungen, nicht unbedingt an die Widerrufsbedingungen denken. Daher ist die Widerrufsbelehrung nicht in klarer und verständlicher Art und Weise erfolgt. Das wäre aber nötig gewesen, damit die Widerrufsfrist von zwei Wochen wirksam zu laufen beginnt. Somit galt hier keine Widerrufsfrist von 14 Tagen ab Lieferung des Sofas, sondern eine Frist von 12 Monaten und 14 Tagen. Der erklärte Widerruf nach über sieben Monaten konnte also noch erklärt werden und die Käuferin ist wirksam vom Vertrag zurückgetreten.
Gerichtsstand in Deutschland
Der Online-Shop hatte in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur fälschlicherweise drin stehen, dass das Schweizer Recht anzuwenden sei, sondern auch, dass der Gerichtsstand in der Schweiz liege. Doch auch das durfte es so nicht festlegen. Hier kam das sogenannte Lugano-Übereinkommen zur Anwendung. Das Lugano-Abkommen klärt die gerichtlichen Zuständigkeiten zwischen Ländern der Europäischen Union, der Schweiz, Norwegen und Island. Dieses Abkommen regelt, dass die Kundin als Verbraucherin die Klage an ihrem Wohnort erheben kann. Das Hamburger Amtsgericht war somit auch zuständig.
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